Alle Jahre wieder beglückt uns der OSR-Shootingstar „Dungeon Crawl Classics“ mit einem eigenen Jubeltag (Link). Diesmal wurde am 16. Juli gefeiert. Neben den üblichen Aktionen, Neuigkeiten & Neupublikationen gibt es da auch immer als besonderes Highlight ein eigenes Promo-Abenteuer. Die Ausgaben der letzten beiden Jahre haben mir ausnehmend gut gefallen (meine Spielgruppe schwärmt auch nach zwei Jahren noch vom „Schatten der Schnabelmenschen“ (Link)), weshalb meine Erwartungen an das dritte „DCC Tag“-Promo-Abenteuer entsprechend hoch waren.
Erinnert sich vielleicht noch jemand an den DCC-Klassiker „#67 Segler auf sternloser See“ (Link), in welchem der stufenlosen Dorfpöbel durch einen DCC-typischen Trichter hindurch mussten, um letztlich als HeldInnen der Stufe 1 in ein richtiges Abenteuer starten zu dürfen? Im Prinzip ist „Schreckenslieder in der Finsternis“ genau der passende Anschluss an diese Geschehnisse: Tief unter der Erde, wo frische Luft und vor allem Licht die größte Mangelware überhaupt sind, schippern die Überlebenden über einen reißenden Fluss. Aber weil es so dunkel ist, kracht ihr Boot gegen ein paar Felsen, sodass sie sich gerade so mit Mühe und Not an einen von angriffslustigen Krabben bewohnten Stand retten können. Gut, selbst im Dunkeln kann man sich halbwegs gegen diese erwehren, aber danach wird es nur noch schlimmer: Die HeldInnen entdecken die unterirdische Stadt Quetat, welche von unter Drogen stehenden Tiermenschen bewohnt wird, welche sich untereinander auch nicht grün sind – Denn in einem unheilvollen Zyklus werden regelmäßig ihre nachwachsenden Augen entfernt, um die Macht der untoten Zauberpriester zu stärken und um gleichzeitig die noch tiefer in der Erde versteckte „Große Verderbnis“ zu befriedigen. Also wirklich kein schöner Ort zum Leben, aber wie kommt man denn da jetzt wieder raus?
Gedacht ist „Schreckenslieder in der Finsternis“ für 4 – 8 HeldInnen der Stufe 1. Als Promo-Abenteuer ist es natürlich besonders dafür entwickelt, dass sowohl totale Rollenspiel-Neulinge als auch interessierte System-Wechsler mit den verschiedenen Besonderheiten von „Dungeon Crawl Classics“ vertraut gemacht werden. In Hinblick darauf funktioniert das Abenteuer ziemlich gut, sind doch alle relevanten DCC-Merkmale enthalten: Umfangreiche Dungeons als Schauplatz, gefüllt mit seltsamen & gruseligen Monstern. Dazu ein wenig Sozialspiel, richtig tödliche Kämpfe sowie genug Gelegenheiten, um die verschiedenen Charakterklassen-Fähigkeiten anzuwenden. Und natürlich gibt es allerlei Probleme, die man kreativ lösen muss. Nichtsdestotrotz ist der Schauplatz aber begrenzt genug und das Abenteuer linear genug, dass auch Spielleitungsneulinge ihre SpielerInnen (auch dank einiger Tipps) recht stringent hindurch leiten können :-) Für den maximalen Erfolg sollte man aber darauf achten, dass die HeldInnen möglichst gemischt sind. Bereits im Einleitungstext wird auf die Wichtigkeit der Diebes-Klasse hingewiesen, was für mich persönlich die einzige große Designschwäche darstellt: Tödlichkeit ist, gerade bei OSR-Systemen, ja prinzipiell kein Problem. Aber wenn aus meiner 8er Gruppe ausgerechnet der Dieb durch einen dummen Zufall wegstirbt und meine Gruppe deswegen signifikant schlechtere Chancen hat, dann finde ich das (gerade für ein Promo-Abenteuer, welches ja die Neulinge mit Spielspaß zum Rollenspiel locken soll) etwas ungünstig. Wobei man es sich dann natürlich auch einfach in der vergessenen Stadt Quetat gemütlich machen kann, aber regelmäßig die Augen rausgerissen zu bekommen ist jetzt auch nicht die ideale HeldInnen-Vorstellung des Rentnerlebens ;-)
Richtig cool gelungen ist dagegen der Endkampf, bei dem die HeldInnen in die Freiheit klettern müssen, während hinter ihnen die Verderbnis emporsteigt. Kämpfen oder Klettern? Lieber mal einen anderen Charakter opfern, um sich selbst zu retten? Dieses epische Finale ist wirklich spannend und ich glaube daher, dass dieses einen ganzen Spieleabend füllende Promo-Abenteuer sowohl Rollenspiel-Neulingen als auch DCC-Fans sehr positiv im Gedächtnis bleiben wird. Die 10 €, welche „System Matters“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) für das 22 Seiten dünne Heftchen haben will, gehen da völlig in Ordnung.
Fazit: Langsam kristallisiert sich hier die Tendenz heraus, dass das „DCC Tag“-Label ein Qualitätsindikator ist, denn bisher hat mich noch keines dieser Promo-Abenteuer enttäuscht! Also schnappt euch ein paar Rollenspiel-Neulinge und spielt mit ihnen „Schreckenslieder in der Finsternis“ (Link)!