In der letzten Podcastfolge (ca. ab Minute 11, Link) hatte ich ja das große Privileg, den deutschen CoSim-Papst Udo Grebe über die Entwicklungen in der Wargaming-Szene befragen zu dürfen. Dabei kamen wir natürlich auch auf die aktuellen Ereignisse zu sprechen und ob man so etwas so tagesaktuelles eigentlich spielerisch umsetzen sollte. Passend dazu berichtete Udo von „AFU: Armed Forces of Ukraine“, welches sogleich mein Interesse weckte. Denn als #OwnVoices-Kartenspiel ist die Moralfrage „Ist das nicht pietätlos?“ natürlich bereits beantwortet, man könnte höchstens fragen „Ist das nicht Propaganda?“ und natürlich „Macht das überhaupt Spaß?“ In „AFU: Armed Forces of Ukraine“, welches hierzulande vermutlich auch irgendwann als „SDU: Streitkräfte der Ukraine“ erscheinen wird (zumindest so der Titel laut dem bereits verfügbaren, ganz okay übersetzten Regelwerk (Link)), versucht man auf Seiten der ukrainischen Armee die Invasion durch die russischen Streitkräfte abzuwehren. Hierzu muss man die Angreifer in einem zweiphasigen Krieg zurückschlagen und dabei möglichst viele Punkte machen (z.B. durch die Befreiung von Städten oder der Versenkung des russischen Flagschiffs „Moskwa“). Das Spiel ist dabei komplett kartenbasiert und daher auch eher abstrakt, als Vertreter des CoSim-Genres werden hier aber historisch korrekte Einheiten in Feld geführt. Das verursachte bei mir ein wenig Bauchschmerzen; denn es gibt einige Einheitenkarten, welche Kampfverbände darstellen, die als menschenrechtsverletztend oder rechtsextrem in Erscheinung getreten sind. Nur das wir uns nicht falsch verstehen, volle Unterstützung für die Ukraine, aber dabei sollte man nicht vergessen, dass das Land jetzt kein progressives Bullerbü war... Kommen wir zu eigentlichen Spielmechanik, die für eine CoSim recht einfach ist: Nachdem man die 236 Karten in verschiedenste Stapel (z.B. Spielerstapel, Gegnerstapel, Panikstapel & Reservistenstapel) aufgeteilt hat, beginnt die russische Invasion. In dieser ersten Phase kommt es bereits zu Kämpfen, vor allem bereitet man sich aber auf den „Krieg in voller Stärke“ vor, die zweite und entscheidende Phase. Eine Runde besteht dabei aus den Spielzügen beider Spielenden (welche beide auf der ukrainischen Seite kämpfen), die sich in Vorbereitung, Kampf & Kompensation/Rekrutierung aufteilen:
- Bei der Vorbereitung zieht man bis zu fünf Einheitenkarten auf die Hand, außerdem legt man die aus drei Karten bestehende gegnerische Angriffslinie aus. - Dann legt man seine eigene Verteidigungslinie aus, mit genug Einheiten auch eine Unterstützungslinie, und dann kommt es zum Kampf. - Zum Schluss folgt die Rekrutierung, hier wählt man aus wen man das nächste Mal in die Schlacht führen will.
Beim Kampf werden einfach die Einheitenwerte miteinander verglichen, wobei Unterstützungseinheiten einen Bonus geben. Außerdem verfügen bestimmte Einheiten über besondere Vorteile, beispielsweise können Flieger nur mit Luftabwehreinheiten angegriffen werden, verstärkte Einheiten lassen sich nicht so leicht zerstören und Raketenangriffe vernichten die komplette Reserve. Zerstörte Einheiten werden dann entfernt, siegreiche Einheiten kommen dagegen auf den wiederverwendbaren Ablagestapel – Im Prinzip wird hier also ein Abnutzungskrieg darstellt, bei dem eine Seite am Ende noch Einheiten übrig hat. Wenn man mal keine Einheit in den Kampf schickt, sorgt das für Panik, andererseits kann man für den „eingesparten“ Wert der Karte bessere Einheiten rekrutieren. Und so geht das dann hin und her, bis der russische Kartenstapel irgendwann erschöpft ist und der „Krieg mit voller Stärke“ (also Phase 2) beginnt. Hier kommen dann auch noch Objekte (z.B. zu befreiende Städte) und besondere Ereignisse sowie stärkere Gegner ins Spiel. Am Ende, sollten sich die ukrainischen Streitkräfte denn wacker geschlagen haben, wird die finale Punktanzahl miteinander (oder im Solo-Spiel mit der Bewertungstabelle) verglichen. Fazit: „AFU: Armed Forces of Ukraine“ (Link) ist ein recht leichtgewichtiges CoSim-Kartenspiel, welches Aufgrund der Thematik bzw. der Nationalität des Entwicklers Volodymyr Semeniv natürlich pure Propaganda ist, wenn auch für die gute Sache. Nichtsdestotrotz ist es ein nettes kleines Spielchen, welches auch im Solo-Modus wunderbar funktioniert, wenn man sich einmal in die zwar mit vielen Beispielen versehenen, aber doch etwas ungalant geschriebenen Regeln hineingefummelt hat. Wer keine Probleme damit hat, dass hier ein aktuell noch stattfindender, äußerst brutaler Krieg thematisiert wird, kann sowohl allein oder als auch zu zweit ein paar spannende Spielabende haben. Da bleibt mir abschließend nur noch zu sagen: #SlawaUkraini