Unsterblichkeit, also das zeitlich unbegrenzte Leben in physischer oder spiritueller Form, ist schon irgendwie verführerisch. Vermutlich haben wir alle schon mal darüber nachgedacht, wie das so wäre, wenn wir einfach für immer lebendig sein könnten – Vor allem dann, wenn es nur uns selbst beträfe, unsere Lieben aber irgendwann wegsterben. Tatsächlich gibt es einige wenige Lebewesen, die potentiell unsterblich sind, zumindest wenn der Mensch sie nicht irgendwann durch den Klimawandel ausrottet ;-) Aber um den Gedanken mal fortzuführen: Wie viel würde man persönlich riskieren, um die Unsterblichkeit zu erlangen? Oder um ihr Geheimnis zu bewahren? Genau diese Frage stellte der französische Autor Laurent Genefort in seinem SciFi-Roman „Le Sang des Immortels“, welcher von Françoise Ruscak als Szenarist und Francesco Trifogli als Zeichner als Graphic Novel adaptiert wurde. Der als Experte für franko-belgische SciFi-Comickost bekannte „Splitter Verlag“, der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, lokalisierte diese nun als 120 Seiten starkes Hardcover. Na mal schauen, ob ich da jetzt meine Freude dran haben werde, denn die Kritiken des recht übersichtlichen Originalromans waren ja eher durchwachsen, zumindest wenn mich mein bescheidenes Schulfranzösisch und die Übersetzungssoftware nicht im Stich gelassen haben... 2347: In der fernen Zukunft werden Menschen zwar 140 Jahre alt, aber unsterblich sind sie noch nicht. Doch dann kehrt ein schwer verletzter Überlebender einer Forschungsexpedition zurück, welcher davon spricht, dass auf dem erdähnlichen Dschungelplaneten Verfebro das Trinken von Drac-Blut zur Unsterblichkeit führt. Zwar will er anschließend mit einem Suizid und dem Löschen aller Logbuch-Daten das Bekanntwerden dieses Geheimnisses verhindern, doch zwei Jahre später gibt es trotzdem eine weitere Raumexpedition. Ein kleines Forschungsteam aus einer Ärztin, einer Jägerin, einem Söldner und einem Priester soll, gemeinsam mit einer Militäreskorte, einen Drac fangen. Doch die Mission steht unter keinem guten Stern, denn erst stürzt die Raumfähre ab, dann löscht die feindliche Tierwelt in Rekordzeit die gesamte Eskorte aus. Auf sich allein gestellt muss das Forschungsquartett nun nicht mehr einfach nur ein ihm unbekanntes Tier fangen, sondern zuvorderst erst einmal gegen die feindliche Flora & Fauna bestehen... Man gestatte mir hier einen kleinen Einschub, der schon das große Problem dieser Geschichte aufzeigt: Die Handlung ist oberflächlich und so zurecht gebogen, dass es halt irgendwie vorwärts geht. Die Figuren treffen Entscheidungen oder tun Dinge, die nicht immer logisch oder wenigstens nachvollziehbar sind – oder die vielleicht im Roman nachvollziehbar waren, die es aber hier in der Comic-Adaption aufgrund einer sprunghaften Erzählweise nicht sind – und schwanken in ihrem Kompetenzlevel und ihrer Ausrüstung stark, je nachdem wie es gerade für die Story passt. Ja, das ist jetzt mein berufliches Wissen, aber wer bei einem Herzstillstand versucht zu defibrillieren (anstatt zu reanimieren, wie sogar eine andere Figur vorschlägt), sollte weder Ärztin noch Expeditionsleiterin sein. Und diesen Hinweis geben übrigens heute schon die 08/15-Do-it-Yourself-Defibrillatoren, die manchmal an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen etc. rumhängen, also sollten die Geräte der fernen Zukunft dies doch auch können... Aber das passt halt gerade nicht in die Story, da überlebt nur die Kerntruppe dank ihrer Plot-Armor. Genauso, wie halt immer mal wieder Gegenstände hervorgezaubert werden, weil es gerade gut in den Handlungsverlauf reinpasst. Okay, also zurück zum Thema: Die Kerngruppe trifft letztlich auf einen weiteren Überlebenden der Ursprungsexpedition, welcher aber bei wirklich jeder Gelegenheit die Unwahrheit sagt. Das scheint aber nie irgendwie jemanden zu stören (spätestens bei „Nee, hier gibt es keine Aliens!“ „Aber was ist das da hinten dann für eine Alien-Stadt?“ hätte ja mal irgendwer überlegen können, ob der Typ wirklich so glaubwürdig ist :-P), stattdessen gibt es gleich noch eine Liebelei. Und die ist dann auch noch für den Handlungsverlauf elementar, sodass es umso ärgerlicher ist, dass sie so oberflächlich und unglaubwürdig wirkt: „Du wirst jetzt gefoltert!“ „Okay, ich geb zu, dass ich erneut gelogen hab!“ „Danke dafür, dann können wir ja wieder rumbumsen!“ – auch wenn das jetzt plakativ verkürzt war, läuft die Handlung ungefähr auf diesem Niveau ab :-( Und das ist ärgerlich, denn die Unsterblichkeitsthematik hätte so viel mehr hergegeben an philosophischen Gedanken und selbst eine spannende Alienplanet-Survivalstory hätte mich gut unterhalten. Stattdessen gibt es aber nur durchweg unsympathische Figuren mit Plot-Armor, deren gegenseitiges Betrügen & Belügen durch die simple Geschichte und noch simplere Figurenzeichnung immer wieder so offensichtlich ist, dass hier jegliche Spannung abhanden kommt. Da können selbst die sehr gefälligen, in warmen Farben kolorierten Zeichnungen nichts retten. Schade! Fazit: „Das Blut der Unsterblichen“ (Link) ist ein absolutes Ärgernis, denn aus dieser spannenden Grundidee hätten begabtere Schreiberlinge so viel mehr machen können. So ist es nur ein sehr oberflächliches, aber wenigstens hübsch gezeichnetes SciFi-Groschenheftchen.
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