Ich führe jetzt keine Strichliste, aber in meiner ersten Nerd-Dekade war das actionreiche Universalsystem „Savage Worlds“ das Rollenspiel, welches ich am häufigsten gespielt habe. Mittlerweile ist die Lizenz zu „Ulisses Spiele“ gewandert, die mit „Worlds of Ulisses“ nun ein Szenario-Sammelsurium anbieten, bei welchem man mit dem Regelwerk in verschiedene Lizenzen (z.B. „Das Schwarze Auge“ und „HeXXen 1733“) hineinschnuppern kann.
Zugegebenermaßen, als ich das Paket heute aus der Post fischte, war ich doch etwas irritiert. Denn ich hatte mir bei dem Wort "Spielleiterset" irgendwie mehr vorgestellt als ein dünnes Szenarioheftchen von 20 Seiten, ebenfalls 20 Seiten mit Papieraufstellern und fünf Seiten mit jeweils vier Charakterbögen. Aber es kommt ja nicht immer auf die Quantität an, sondern auf die Qualität – und hier erwarte ich viel, zeigen sich doch meine Lieblingspodcaster Thomas Michalski & Michael Mingers für den Band verantwortlich – also schauen wir einfach mal rein:
- Nach Michaels Vorwort gibt es auf den Seiten 3 – 7 eine Kurzzusammenfassung der „Savage Worlds“-Grundregeln. Liest sich gut weg, als System-Vielspieler hab ich auch nach 2 Jahren „Savage Worlds“-Abstinenz direkt wieder reingefunden. Hiernach folgen die fünf Kurzabenteuer, welche jeweils zwei Seiten umfassen: - Ein Kleid aus Netzen für „Myth“ ist das wohl simpelste Abenteuer: Rein in die Höhle, das Böse rauslocken, dann eine Massenschlacht zur Verteidigung des Heimatdorfs. - Etwas komplexer ist da schon Bär und Böcke für „HeXXen 1733“, bei dem man eine Rebellengruppe infiltrieren soll. - Bei Perlen vor die Säue für „Torg Eternity“ musste ich unweigerlich an das Fantasy-Footballspiel „Warhammer Bloow Bowl“ denken, denn hier gibt es Fantasy-Ballsport gegen übernatürliche Wesen mit allerlei Fiesheiten drumherum. - Nun ist „Das Schwarze Auge“ ja nicht unbedingt für actionreiche Gefechte bekannt, sondern eher für Sozialspiel, daher geht es in Der Götze des Affenkönigs um das Wiederherstellen kaputter diplomatischer Beziehungen. - Nach vier Fantasy-Settings geht es mit dem „Fading Suns“-Abenteuer Dunkle Kreuzfahrt in den Weltraum, denn ein schwer beschädigtes Pilgerschiff beherbergt ein heiliges Buch und allerlei Dämonen, die es haben wollen. - Zuletzt gibt es noch drei Seiten über die gemeinsame Erstellung eines Settings.Neben dem Szenarioheft gibt es noch die fünf Seiten mit jeweils vier Mini-Charakterbögen, sodass man direkt losspielen kann, sowie das Heft mit den Papieraufstellern. Letzteres fand ich etwas unpraktikabel, da das Papier sehr dünn ist und ich erst einmal kurz überlegen musste, wie genau ich die Dinge denn nun zusammenfalten soll. Da hätten eine kurze Anleitung und ein paar Gramm mehr Papier sicher Wunder gewirkt ;-) Dazu gibt es noch einen Umschlag, in den man den ganzen Kram hineinpacken kann, und das war es dann auch schon. Ob man dafür wirklich 19,95 € zahlen will? Zur Beantwortung dieser Frage muss man vielleicht vorher überlegen, wer genau die Zielgruppe ist. Und da bin ich mir gar nicht mal so sicher: So, wie ich den Werbetext auf der Verlagswebseite interpretiert habe, ist das schon so eine Art Einstiegsprodukt. Nicht zwangsläufig für Hobbyneulinge, aber schon für System-Umsteigende (z.B. wenn man für die DSA-Kämpfe eine flotte Alternative sucht). Auch die Regelzusammenfassung lässt diese Zielgruppen-Interpretation zu, jedoch gibt es in den Abenteuern dann viel zu viele Verweise auf das Regelbuch (z.B. NSC-Spielwerte), ohne die man die Abenteuer eigentlich nicht spielen kann. Bereits vorhandene „Savage Worlds“-Fans freuen sich dagegen zwar über die abwechslungsreichen Beispielabenteuer (allerdings ohne Setting-Beschreibung), sie brauchen aber keine Regelzusammenfassung; daher ist für sie ¼ des Abenteuerheftes bereits obsolet... Unabhängig davon: Die Abenteuer, die jeweils verschiedene Aspekte des Regelsystems (z.B. Massenschlachten, Verfolgungsjagden) abbilden, haben mir insgesamt gut gefallen. Nun kenne ich nicht alle Settings/Lizenzen und kann daher nur mutmaßen, wie authentisch sie umgesetzt wurden, aber jeweils ein bis zwei Stündchen wird man mit jedem Abenteuer seinen Spaß haben :-) Fazit: Ich hab jetzt den ganzen Abend darüber nachgedacht, wer denn nun die Zielgruppe für das „Savage Worlds: Worlds of Ulisses: Spielleiterset“ (Link) sein soll. So 100 % klar ist mir das aber immer noch nicht... Davon aber mal abgesehen kann ich mir aber sehr gut vorstellen, die fünf Kurzabenteuer mal auf einer Convention oder bei einem Spieleabend anzubieten. Denn „Savage Worlds“ macht als Regelsystem echt Laune und es ist ja nie verkehrt, eine kurzweilige Alternative für DSA-Kämpfe zu haben :-P