Für spannende Kriminalgeschichten kann ich mich ja immer begeistern, und auch meine Liebe zu franko-belgischer Zeichenkunst ist ja nun kein Geheimnis ;-) Also klar, dass ich da beim „Splitter Verlag“ die letzten Jahre immer an der richtigen Adresse war. Zwar gab es mal qualitative Schwankungen (man höre dazu meine Besprechung der gesamten „7 Detektive“-Reihe, ca. ab Minute 25 (Link)), aber gerade die moderne Interpretation der ebenso traditionsreichen wie legendären „Rick Master“-Reihe machte mir bisher konstant viel Freude. Mal schauen, ob diese Freude auch im fünften Band anhält...
Rick Master ist eigentlich nur ein ganz normaler Journalist, doch sein untrügliches Gespür für die Wahrheit und private Kontakte zu hochrangigen Polizisten lassen ihn immer wieder in verzwickte Verbrechen hineinstolpern. Aber diesmal muss er gar keine Eigeninitiative zeigen, da das Verbrechen direkt bei ihm zuhause anklopft: Sein Nachbar, ein Ex-Priester, wird bestialisch ermordet, (s?)ein herausgeschnittenes Herz in der Hand haltend. Könnte das die Tat des berüchtigten Cupido sein, einem Serienmörder, der reihenweise Femizide begeht? Rick ist skeptisch, genau wie der senegalesische Kommissar Ousmane Dior, welcher an einem zweimonatigen Polizei-Austausch mit der ehemaligen französischen Kolonie teilnimmt. Dabei kommen Rick und Ousmane ganz gut miteinander aus, doch viele andere FranzösInnen (u.a. der hitzköpfige Kommissar Ledru) begegnen ihm mit verstecktem oder gar offenem Rassismus. Im Senegal arbeitet der französische Austausch-Kommissar Bourdon ebenfalls an einem Mordfall, doch wird ihm die Aufklärung durch lokale Eigenheiten (z.B. Aberglaube und fehlende Kühlmöglichkeiten für die Leiche) erschwert. Erst als er sich in die Gedankenwelt seiner Mitmenschen hineinversetzt, erzielt er den entscheidenden Erfolg...
Gleich drei Kriminalfälle werden in diesem fünften Band auf gerade mal 56 Seiten abgehandelt: Einmal den Mordfall im Senegal, dazu die beiden frei herumlaufenden Serienmörder in Paris. Und nun muss man kein Mathegenie sein (ich bin nämlich keines ;-)) um auf den Gedanken zu kommen, dass das eventuell viel zu viele Morde für so einen dünnen Comic-Band sind. Und so steht die klassische Ermittlung, als das Befragen von Zeugen und das Sammeln von Indizien, hier nicht im Mittelpunkt. Stattdessen werden die Serienmörder quasi durch Zufall geschnappt – Achtung Spoiler: Der erste hat dummerweise nicht aufgepasst, ob noch weitere Personen beim nächsten Opfer sind, die dann die Polizei rufen können. Und der zweite hat halt das Pech, dass die ProtagonistInnen das nächste Opfer gerade nochmal interviewen wollten und deshalb zum Mord vorbei kamen. Und wie Bourdon auf die Lösung seines Mordfalls kam, bleibt gleich völlig im Ungewissen :-(
Für einen Krimi ist das tatsächlich etwas enttäuschend, besonders da die jeweiligen Mörder mitsamt ihrer Motive eher stichpunkthaft abgehandelt werden. Schade ist das besonders, weil gerade die Priester-Mordserie das Potential für eine richtig, richtig gute Geschichte gehabt hätte, die eines Rick Master würdig gewesen wäre... Interessant ist dafür das Aufgreifen des Rassismus-Aspektes. Einerseits ist sich das Kreativduo Zidrou & van Liemt bewusst, in welch unrühmlicher Tradition es steht (man denke an franko-belgische Klassiker wie „Tim im Kongo“), sodass Rassismus gerade durch die weiße Mehrheitsgesellschaft immer wieder aufgegriffen wird. Andererseits wird er dadurch natürlich reproduziert; zudem reitet die Senegal-Episode stark auf Klischees herum, um damit den finalen Gag (Spoiler: Mordermittlung durch Hexerei) aufzubauen. Ich glaube das ist so eine der Gelegenheiten, bei welcher der Spruch „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“ perfekt passt ;-)
Zuletzt hat mich dieser fünfte Band ein wenig verwirrt und ratlos zurückgelassen. Verwirrt, weil plötzlich ein übernatürliches Element hinzukam, welches ich nicht erwartet hatte (zugegebenermaßen kenne ich aber nicht die Original-Comicserie, vielleicht gab es da bereits Fantasy-Aspekte?). Und ratlos, weil ich jetzt nicht weiß, wie ich den Band abschließend finden soll... Wahr ist, dass ich ihn gern gelesen habe und gut unterhalten wurde. Wahr ist aber auch, dass er viel zu hektisch erzählt wurde und dass die Kriminalfälle eher lachhaft aufgeklärt wurden. So bleibt mir wohl nur zu hoffen, dass es bald wieder besser wird (wobei zur Wahrheit aber dazu gehört, dass andere LeserInnen/Bloggende hier sehr viel Spaß dran hatten), damit die Reihe weiterhin ein Glanzlicht des „Splitter Verlags“ bleibt (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte).
Fazit: „Die neuen Fälle des Rick Master #5 Kommissar Griot“ (Link) ist prinzipiell unterhaltsam, gerät im Vergleich zu den anderen Top-Krimis der Reihe aber deutlich ins Hintertreffen.