„Die Chroniken von Under York“ wird von vielen BloggerInnen (und sogar meiner Freundin) ziemlich abgefeiert, was für mich so überhaupt nicht verständlich ist. Denn außer wunderschönen Zeichnungen und einem geringfügigen Politik-Unterbau hatte diese Urban Fantasy-Reihe bisher wenig zu bieten. Mit „Die Konfrontation“ ist nun der Abschlussband des ersten Zyklus erschienen und ich bin natürlich gespannt, ob der Autor Sylvain Runberg noch die Kurve bekommt... Machen wir es kurz: Nein! Aber um mein „Nein!“ zu begründen, holen wir erst einmal ein wenig aus und rekapitulieren die vorherigen Ereignisse: Die junge PoC-Frau Alison Walker steht kurz vor ihre Durchbruch als Künstlerin, da eine renommierte Galerie ihre Werke ausstellen will. Diese werden von der Kunstkritik gefeiert, vermischen sie doch das realweltliche New York mit übernatürlichen Elementen. Was niemand weiß: Neudeutsch würde man hier von #OwnVoice-Kunst sprechen, denn Alison entstammt einer Hexenfamilie, welche tief unter der Metropole in „Under York“ gemeinsam mit vier anderen Magiedynastien lebt. Das ist natürlich geheim, aber einige Hexen und Hexer mischen sich gegen Bezahlung auch gern mal in die Oberwelt ein. Und als würden solche „kleinen“ Eingriffe (etwa magische Wahlkampfhilfe) nicht reichen, hat es jetzt auch noch der machthungrige Magier Marduk auf die Herrschaft über New York abgesehen. Dafür übernimmt er nicht nur Alisons kleinen Bruder, sondern er nimmt auch noch ihre Eltern als Geiseln und macht die New Yorker Polizei zu seinen willfährigen Vampir-Ghul-Gehilfen. Das sind natürlich schon mal ideale Voraussetzungen für eine Machtübernahme, aber als sein Meisterstück will Marduk auch noch den kurz vor seinem Wahlerfolg stehenden Bürgermeisterkandidaten Stenford übernehmen... Ganz knapp kann Alison, auch dank unerwarteter Hilfe eines verdeckt lebenden „Schutzengels“, immerhin diesen letzten Übernahme-Coup verhindern. Aber damit wendet sich nichts zum Guten, denn Marduk lässt sich nicht so einfach unterkriegen und setzt fortan auf brutale Kompromisslosigkeit: Ganz offen zaubert er sich durch New York, während seine Vampir-Ghule wie wildgeworden alles und jeden angreifen... Nur mit den vereinten Kräften der Magiedynastien kann er aufgehalten werden, doch dies erfordert auch, dass man die gesamte Welt die offen gezeigte Existenz der Magie vergessen lässt – Und das bedeutet eben auch, dass der potentielle Kundenstamm vergisst, dass man die Magie für eigene Zwecke benutzen kann... Im Prinzip müssen sich die Hexen und Hexer daher die Frage stellen, ob ihnen Moral oder Profit wichtiger sind? „Die Konfrontation“ ist der dritte und damit letzte Band des ersten Zyklus. Und der Titel verrät bereits, was hier passieren wird: Magische Konfrontationen zwischen Marduk und seiner Armee auf der einen Seite und Alison und ihren neuen Verbündeten auf der anderen Seite. Da wird dann hin- und her gezaubert, ziemlich farbenfroh sogar (was ein schöner Kontrast zum düsteren Setting ist), es gehen Dinge kaputt und es sterben Leute. Und das sieht alles wundervoll aus, ich liebe die Arbeit von Mirka Andolfo, aber außer einem schönen Schein bleibt hier einfach nichts übrig :-( Alison und Marduk, also die Protagonistin und der Antagonist, bleiben auch in Band drei recht fremd, wobei man durch die erneut langen Tagebucheinträge in den vorherigen beiden Bänden immerhin eine grobe Charakterisierung der Hauptfigur bekommt. Diesmal werden hiermit vor allem wichtige Story-Elemente erklärt, die man im gezeichneten Teil weggelassen hat. Aber das reicht nicht aus, um beispielsweise den plötzlich zur Hilfe eilenden „Schutzengel“ oder die neuen Verbündeten der anderen Magiedynastien zu erläutern. Auch baut man so keine emotionale Verbindung zu den handelnden Figuren auf, beispielsweise lässt der Tod von so manchen relevanten Figuren mich als Leser kalt. Achtung Spoiler: Dafür, dass es im Prinzip auch immer darum ging, die versklavten Eltern aus Marduks Fängen zu retten, wird deren Tod nahezu lachhaft oberflächlich verarbeitet. Die beiden Brüder gucken mal kurz traurig und wollen auch an die Oberfläche ziehen, das Tagebuch schreibt hinterher dass sie jetzt glücklich sind – Ernsthaft? Also wirklich: Ernsthaft? Dafür haben deren Versklavung und die Rettungsversuche jetzt so viel wertvollen Platz in den drei Bänden eingenommen? Nichtsdestotrotz, die Genre-Fans werden auch diesen Zyklus-Abschlussband wieder lieben: Urban Fantasy mit einer kampfstarken und hübschen (dabei aber nicht übersexualisierten) Protagonistin, das hat schon bei der „Buffy“-TV-Serie funktioniert, das wird in den Comicläden (bei all den Lobeshymnen der Bloggerei-KollegInnen) vermutlich wieder aus den Regalen gerissen werden ;-) Also kann ich dem „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) auch keinen Vorwurf machen, dass er diese insgesamt eher enttäuschende Reihe ins Programm genommen hat, aber einen eventuellen zweiten Zyklus werde ich vermutlich auslassen. Fazit: „Under York #3 Die Konfrontation“ (Link) ist der 72 Seiten starke Abschlussband einer erzählerisch schwachen (und im Zyklus-Verlauf immer stärker abfallender) Comic-Reihe im Urban Fantasy-Genre, deren einzige Daseinsberechtigung die wunderschönen Zeichnungen sind.
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