Jean-Luc Istin ist ein ziemlich umtriebiger Szenarist, den man durch einige wirklich gute und actionreiche Comics kennt. Erst gestern hab ich von ihm ja den neusten „Conquest“-Band (Link) besprochen, auch wenn das jetzt kein gutes Beispiel ist, weil ich den 8. Band eher mittel fand, aber generell ist diese Reihe super. Jedenfalls kann man sich sicher sein, dass es bei einer Istin-Geschichte ordentlich knallen wird, und so war ich auf seine neueste Konzept-Serie „I.S.S. Snipers“ sehr gespannt...
Die „I.S.S. Snipers“ sind eine absolute Elitetruppe, welche das menschliche Weltraumimperium vor außerirdischen Bedrohungen verteidigt... Zumindest offiziell, denn eigentlich dienen sie als skrupellose Vollstrecker gegen überall in der Galaxie aufkeimenden Widerstand. Wobei Widerstand von den Machthabern sehr weitläufig definiert wird, es reicht schon den Sinn einer 70%igen Mehrwertsteuer anzuzweifeln (da fahren wir mit unseren 7 beziehungsweise 19 % eigentlich ganz gut, oder? ;-)), damit einfach mal Tod und Verderben auf eine Kolonie herabregnet... Titelheld Reid Eckard ist einer der härtesten Kämpfer dieser Terrortruppe, der als Kind seine Eltern ausgerechnet durch seinen jetzigen Arbeitgeber verloren hat. Aber das kann er eigentlich ganz gut verdrängen, bis er auf den rohstoffreichen Planeten Okeelia geschickt wird. Denn das dortige Mineral Koropnit ist nicht einfach nur wertvoll, sondern es sondert zu allem Übel auch noch ein explosives Gas aus, welches zu nostalgischen Psychotrips führt... Jedenfalls soll Reid auf diesem Planeten widerspenstige SiedlerInnen auslöschen, doch stattdessen findet er nur friedliche Außerirdische. Und irgendwie bringt er es einfach nicht übers Herz, sodass seine Befehlsverweigerung den gesamten Zorn der „I.S.S. Snipers“ auf den Plan ruft, welche ihm und seiner nun rebellierenden Kampfgruppe immer neue Todesschwadronen entgegenwerfen...
Zugegeben, im ersten Moment war ich ziemlich skeptisch. Der relativ früh stattfindende Gesinnungswandel des Protagonisten (und mit ihm seines gesamten Squads), der bis gerade eben noch ein bedingungslos loyaler Massenmörder war, wirkte abrupt und erschien überhaupt nicht glaubhaft. Aber dann kommt es zwischen den Actionszenen immer wieder zu kurzen Rückblicken in seine Vergangenheit, bei denen man seine Familienverhältnisse und seine damit einhergehende Entscheidung, für seine Elternmörder zu arbeiten, kennen- und verstehenlernt – Also zumindest im Rahmen dessen, was auf 72 Seiten möglich ist, abzüglich der zahlreichen Actionszene :-P Und die sind mal richtig großartig! Mit deutlichen Anlehnungen an die Schlacht bei den Thermopylen kämpfen hier mit Speer & Schild ausgerüstete SciFi-Truppen gegen eine Überzahl an Feinden, dazu gibt es einen packenden Bossfight und ein bissel Weltraum-Geballer. Prima, das ist wirklich prima :-D Dabei fand ich durchaus auch Gefallen an dem dystopischen, aber bisher noch wenig ausgearbeiteten Setting bzw. Worldbuilding, welches durchaus von dem populären Tabletop „Warhammer 40k“ inspiriert zu sein scheint.
Da mir auch die Zeichnungen von Erwan Seure-le Bihan gefallen haben, möchte ich den Fans von actionreichen SciFi-Comics diesen Auftaktband gern ans Herz legen. Ich bin gespannt, wie die zukünftigen Bände (welche andere Figuren in den Mittelpunkt stellen) das Universum erweitern werden. Der zweite Band wird laut „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsmuster zur Verfügung stellte) bereits im September erscheinen.
Fazit: Hier gibt es kein Charakterdrama, hier gibt es einfach knallharte SciFi-Klopperei. Wer danach sucht, darf bedenkenlos „I.S.S. Snipers #1 Reid Eckart“ (Link) ausprobieren!