„Splittermond“ gehört zu den wenigen deutschsprachigen Rollenspielen, zu denen in schöner Regelmäßigkeit Romane veröffentlicht werden. Mittlerweile sind es acht Stück, geschrieben zumeist von sehr populären AutorInnen der Phantastik-Szene, beispielsweise Judith C. Vogt und dem mittlerweile im Ruhestand befindlichen Felix Münter. In diese illustre Riege reiht sich nun Mike Krzywik-Groß ein, der ja schon so einige großartige Rollenspiel-Romane verfasst hat (u.a. „Alter Ego“ (Link) & „Alter Ratio“ (Link) für „Shadowrun“) und aus dessen Feder zudem noch das meiner Meinung nach beste „Splittermond“-Abenteuer (Link) überhaupt stammt. Da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder?
„Trümmerland“ beginnt 952 LZ in und um Bergard, einer Grenzstadt am Rande der Blutgrasweite. Die junge Nhevva ist eigentlich eine Kundschafterin, welche Handelsreisende durch die magische Feenwelt eskortiert. Doch dann beginnt der „Der Große Heerzug“, die Invasion Temarks durch ein riesiges Orkheer, und Bergard wird bis auf die Grundmauern geschliffen. Fast müsste auch Nhevva dran glauben; was traurig wäre, da sie sich doch zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt ihrer Gefühle für die Albin Maka bewusst wird. Aber die geheimnisvolle Gnomin Pratterweh verschafft ihr die Gelegenheit, zurück in die Feenwelt zu fliehen, von wo aus sie mit dem Feenjäger Thorn an einer Art Guerilla-Krieg gegen die Orks teilnimmt...
Es ist tatsächlich schwierig, die Handlung dieses 256 Seiten starken Romans zu beschreiben, ohne direkt die großen Story-Twists zu spoilern. Aber ich möchte zumindest andeuten, dass man in dieser von Kämpfen geprägten Geschichte niemanden trauen sollte. Denn Nhevva ist eben nicht nur eine gewöhnliche Kundschafterin... Man kann also zweifelsohne behaupten, dass in „Trümmerland“ gewisse Dinge passieren. Manche sind wirklich überraschend (von gut vorbereitet bis hin zu „Deus ex machina“), manche sind eher vorhersehbar. Dabei verweilen die Protagonistin sowie ihre jeweiligen BegleiterInnen selten über mehrere Kapitel an einem Handlungsort, stattdessen geht es vorwärtsdrängend immer weiter. Ein guter Kniff, denn so kann der Autor trotz eines übersichtlichen Romanumfangs gleich mehrere Schauplätze beschreiben. Und das macht er auch gut, denn Krzywik-Groß hat ja schon mehrfach bewiesen, dass er leicht weglesbare Texte verfassen kann. Und wenn man sich mal doch etwas nicht vorstellen kann, dann schaut man sich einfach die hübschen Illustrationen von Vincent Modler an ;-) Nichtsdetotrotz hatte ich das Gefühl, dass der Autor sich gelegentlich etwas zu sehr darauf verlässt, dass die „Splittermond“-Fans das Setting ja eh schon auswendig kennen. Bei anderen Geschichten aus seiner Feder waren die Weltbeschreibungen durchaus ausgefeilter (man denke nur an Mikes fast schon mit den Händen greifbare Liebe für Berlin in den „Shadowrun“-Romanen). Aber dann wäre der Roman eben auch umfangreicher und könnte so nicht mal an einem verregneten Wochenende weggesnackt werden :-)
Für mich der große Schwachpunkt der Geschichte war die Beziehung der Protagonistin Nhevva zu ihren jeweiligen Gruppenmitgliedern. Egal ob zur mysteriösen Gnomin Pratterweh, zu ihrem Kampfgefährten Thron, zu ihrer großen Liebe Maka oder zu ihrem Brüderchen – Die Emotionen und Gruppendynamiken fühlten sich wie reine Behauptungen an, ich habe sie beim Lesen zu keinem Zeitpunkt „gefühlt“. Und das ist schade, wo Nhevva ja gerade durch ihre emotionale Verbundenheit angetrieben wird... Nun will ich diesen Kritikpunkt aber auch nicht überdramatisieren, wir sind hier immer noch bei einem Fantasy-Roman, in dem eine Abenteurergruppe wilde Orks und fiese Spinnen massakriert. Nichtsdestotrotz hätte man hier für meine Endwertung noch ein paar Prozentpunkte mehr rauskitzeln können ;-) Denn „Trümmerland“, welches übrigens als auf 500 Stück limitiertes Hardcover für 39,95 € im „Uhrwerk Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) erschienen ist, erhält von mir die absolut identische Wertung wie der allererste „Splittermond“-Roman „Nacht über Heratis“ (Link), nämlich 74 % beziehungsweise 3,7 von 5 Sternchen eines orkig-bösen Online-Buchhändlers.
Fazit: „Trümmerland“ (Link) ist ein actionreicher High Fantasy-Snack, der „Splittermond“-Fans die Geschehnisse rund um die Ork-Invasion greifbar macht. Diese Fans dürfen hier auch gern nochmal 5% auf die Gesamtwertung draufschlagen ;-)