Ich hab erst vorgestern hier im Blog geschrieben, dass Zombies aus der Pop-Kultur einfach nicht wegzukriegen sind. Und als hätte es noch eines Beweises gebraucht, darf ich heute einen ganz frisch erschienenen Zombie-Comic rezensieren. Wobei man der Fairness halber aber dazuschreiben muss, dass die Planung für dieses 96 Seiten starke Werk bereits 2015 begann, also als das Thema noch nicht so ausgelutscht wie heute war. Aber sei es drum, das muss die Qualität von „Zombies in der großen Hoffnung“ ja nicht schmälern... Wohngegenden, die aus betongrauen Plattenbauten bestehen, heftet ja immer mal das Image von kriminellen Ghettos an. Das muss in der Realität zwar nicht immer so sein (wofür ich mich als langjährigen Plattenbau-Bewohner verbürge), doch in der „Großen Hoffnung“ ist das so. Eine kriminelle Jugendbande, bestehend aus Riaz, Marvin, Dennis und Jerome, versucht ihren privaten Problemen mit Drogen und Gewalt zu entfliehen. Das gelingt ihnen zwar nicht wirklich, aber immerhin gibt es für das Verticken der Drogen des Möchtegerngangsters Tarkan ein paar Scheinchen extra. Die reichen letztlich aber nicht für einen bosshaften Lebensstil, weswegen sie die Kellnerin Mel überfallen. Was gehörig schief geht, da ihnen ein bissiger Obdachloser dazwischen funkt – Genre-Fans wissen, dass der das nicht aus Spaß gemacht hat, sondern weil er ein Zombie ist ;-) Jedenfalls merken das auch die vier Jungs recht schnell, sodass sie sich in ihrem heimatlichen Plattenbau verbarrikadieren. Doch obwohl sie sich recht ansehnlich bewaffnen (denn echte Nachwuchsgangster haben natürlich Knarren, auch wenn sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen...) und sogar mit Mel verbünden, müssen sie rasch die ersten Opfer beklagen... Im Nachwort des 96 Seiten starken Comics schreibt der Drehbuchautor Renatus Töpke, dass er einen Comic erschaffen wollte, der nie langweilt und immer nach vorne geht. Er nutzt den Begriff „Popcorn-Comic“, der wie ein typischer Hollywood-Blockbuster ohne Leerlauf und mit viel Action funktionieren soll. Und das muss ich ihm wirklich zugestehen: Hier geht es vorwärts! Den ersten Zombie-Angriff, dessen Ursprung auch nie erklärt wird, gibt es noch bevor man die vier Protagonisten überhaupt erstmals zu Gesicht bekommen hat. Und dann werden es einfach immer mehr Zombies und vor allem mehr Opfer, obwohl Riaz, Marvin, Dennis, Jerome und irgendwann Mel und Tarkan sich gar nicht mal so dumm anstellen – Hier kann ich den Autor wirklich loben, denn ich habe schon viel zu viele Genre-Werke gesehen bzw. gelesen, in denen die ProtagonistInnen absolut unnötig ins Verderben liefen. Kritik muss aber auch sein: Ebenfalls im Nachwort wird von markanten Figuren gesprochen und das ist leider eine maßlose Übertreibung! Die Protagonisten sind austauschbare, platte Gesellen, deren Namen ich für die Rezension mehrfach nachlesen musste, weil ich sie schon wieder vergessen hatte, bevor ich überhaupt das Nachwort durchgelesen hatte. Ja, jeder von ihnen bekommt zur Charaktervertiefung einen Mikromoment (z.B. wird Jerome von seinem Vater verprügelt, was vermutlich sozialkritisch erklären soll, warum er sich selbst in ein gewalttätiges Verhalten flüchtet), aber letztlich waren mir sämtliche handelnde Personen (selbst Mel als die einzige nicht-kriminelle und damit nicht total unsympathische Hauptfigur) völlig egal. Die zahlreichen Tode ließen mich trotzdessen kalt, was sich auf meine Lesefreude aber nicht so stark auswirkte, wie man es vielleicht erwarten könnte. Denn man merkt rasch, dass die Opferzahl sehr hoch werden wird, und so zieht sich die Spannung vielmehr aus der Frage, wer in welcher Reihenfolge stirbt, mit welchen (wie bereits erwähnt gar nicht mal dummen) Rettungsversuchen das Unvermeidliche weiter nach hinten verschoben wird und ob es vielleicht doch irgendwer schafft... Die schwarz-weiß-grauen Zeichnungen setzen die Action passend in Szene. Wobei mir grundsätzlich die Idee gefiel, dass mit dem Blut lediglich ein einziges Element des Comics koloriert wurde. Nichtsdestotrotz hätte man aus den verschiedenen Panels sicherlich noch ein wenig mehr herausholen können, allerdings sehe ich durchaus ein, dass es vom Arbeitsaufwand her einen Unterschied gibt zwischen einer einzelnen Arbeitsprobe (Link) und einem 96 Seiten starken Comic. Im Gesamtbild geht die grafische Präsentation aber in Ordnung, genau wie die Druckqualität des „EPSiLON“-Verlags (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), sodass Zombie-Fans gern die 20 € für das Hardcover investieren dürfen. Fazit: „Zombies in der großen Hoffnung“ (Link) ist tatsächlich ein waschechter „Popcorn-Comic“ – Die vorwärtsdränge Geschichte voller Zombie-Action lässt fast vergessen, dass die Protagonisten einfach nur austauschbare Opfer sind. Genre-Fans werden aber ihre blutige Freude haben!
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