Edward Teach, besser bekannt unter seinem Piraten-Namen Blackbeard, war einer der berüchtigsten Piraten aller Zeiten. Selbst rund 300 Jahre nach seinem Tod erinnern wir uns noch an ihn, denn immer wieder wird er in der Pop-Kultur thematisiert, beispielsweise in verschiedenen Filmen, Büchern, Videospielen und eben auch Comics. Mit dem Zweiteiler „Blackbeard“ setzt der belgische Marinecomiczeichner/-autor Jean-Yves Delitte ihm nun ein weiteres Denkmal. Der Auftaktband „Hängt sie höher!“ beginnt jedoch nicht mit der Titelfigur, sondern mit dem britischen Schriftsteller Daniel Defoe. Dieser darf einen gefangenen Matrosen verhören, der ihm im Austausch für eine Begnadigung die Wahrheit über den berühmten Blackbeard erzählen will. Denn die ist tatsächlich etwas komplizierter, als es zunächst den Anschein hat... Denn ja, natürlich ist Blackbeard ein Piraten-Kapitän, der eben so unschöne Dinge macht, die ein Pirat halt so macht. Aber als er ein Sklavenschiff aufbringt und dort statt Reichtum nur die Frau und Tochter einer Plantagenbesitzers finden, lässt er sie ungeschoren, um an ein stattliches Lösegeld zu kommen. Der Plan geht auf, Blackbeard ist noch ein wenig reicher als zuvor, doch die Geiseln sind tot! Wer daran die eigentliche Schuld trägt wird gar nicht erst gefragt, stattdessen wird ein berüchtigter Piratenjäger auf ihn angesetzt... Den historischen Quellen zufolge war Edward „Blackbeard“ Teach eigentlich gar nicht so blutrünstig, wie es die britische Propaganda weismachen wollte. Nichtsdestotrotz ist das Piratenleben aber naturgemäß eine brutale Angelegenheit, wie der Autor & Zeichner Jean-Yves Delitte in seinem Auftaktband immer wieder zeigt. Dabei schafft er es überraschend gut, Blackbeard keinesfalls sympathisch wirken zu lassen, denn dafür sterben in dieser Geschichte eindeutig zu viele Menschen, jedoch gibt es durchaus einige Ambivalenzen was die Charakterisierung angeht. Dieser Erzählansatz gefällt mir persönlich gut, hebt er sich doch ab von vielen pop-kulturellen Werken, in denen die historische Piraterie verherrlicht oder zumindest kitschig verklärt wird. Die tendenziell eher düstere und grimmige, irgendwie realistische Atmosphäre des Comics wird verstärkt durch Delittes stimmungsvolle Zeichnungen. Gerade bei den ausladenden, teils doppelseitigen Schiffsillustrationen kommt sein ganzes Können zur Geltung. Dagegen treten die Figurenzeichnungen in ihrer Qualität etwas zurück, allerdings ist das vermutlich eher mein persönlicher Geschmack. Piraten- & generell Segelschiff-Fans kommen hier jedenfalls vollends auf ihre Kosten, sodass sie zweifelsohne gern die 16 € zahlen werden, die der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) für das 48 Seiten starke Hardcover verlangt. Fazit: „Blackbeard #1 Hängt sie höher!“ (Link) gefällt mit einer grimmig-realistischen Piraten-Atmosphäre, die Genre-Fans gut unterhalten wird.
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