Der „Simak“-Doppelband, ein SpinOff zur erfolgreichen SciFi-Reihe „Meta-Barone“, stellt seinen LeserInnen wichtige Fragen: Wie bedeutsam ist bei einem Krimi-Comic die Handlung? Ist die Atmosphäre wichtiger oder sind es die Dialoge? Und falls das alles nix taugt, wie viel können gute Zeichnungen retten? Phoenix Tzirel ist einer der besten Polizisten auf einem abgelegenen Mond im System Lancester. Bei einem Routineeinsatz wird sein Partner Makuma von einer mysteriösen Gestalt aus Tzirels Vergangenheit erschossen. Tzirel weiß noch, dass sein Name Titus Arcos war, aber mehr weiß er aufgrund eines schweren Gedächtnisverlustes nicht... Aber seine Motivation ist ungebrochen, sodass er auf eigene Faust auf dem Vergnügungsplaneten Solar Corona ermittelt – Ein echter Sündenpfuhl, der mit all seinen moralischen Verwerfungen so ganz anders ist als Tzirels Heimatmond. Was dieser auch gleich bemerken muss, als er von Anah, einer korrupten Kollegin, erst verhaftet und dann verraten wird. Doch damit geraten beide ins Visier von Titus Arcos und seine Treibmörder-SchergInnen, welche für die mächtige Paragilde den Dreck wegmachen. Eine tödliche Verfolgungsjagd beginnt, in welcher das ungleiche Ermittler-Duo der Wahrheit immer näher kommt... Achtung, jetzt folgt ein kleiner Spoiler, der allerdings bereits auf der 1. Seite aufgelöst wird: Die Wahrheit ist, dass Tzirel ein sogenannter Simak ist. Das sind genetisch veränderte Menschen mit ganz besonderen Fähigkeiten, die von der Paragilde aus politischen Gründen gnadenlos gejagt werden. Und Tzirel ist umso begehrter, da er möglicherweise noch ein ganz besonderes Geheimnis in sich trägt... Eine Flucht kommt für die beiden ProtagonistInnen im zweiten Teilen des Doppelbandes dann aber erst gar nicht in Frage, stattdessen versuchen sie Rache zu nehmen. Der in sich abgeschlossene Doppelband „Simak“, für den man keine Kenntnisse der Hauptreihe „Meta-Barone“ besitzen muss, ist zuvorderst ein sehr düsterer SciFi-Krimi in einer dem Untergang geweihten, neokapitalistisch pervertierten Vergnügungswelt, der jegliche moralische Maßstäbe abhanden gekommen sind. Logisch, dass die in diesem Setting agierenden Figuren allesamt auch keine Sympathiepreise gewinnen ;-) Nun muss das nicht schlecht sein, denn ambivalente ProtagonistInnen werden die allermeisten Geschichten deutlich auf. Doch in „Simak“ besitzt einfach keine Figur eine nennenswerte Charakterzeichnung, sodass man ihnen kaum etwas Positives abgewinnen kann – Und wie soll ich dann mit diesen Leuten mitfiebern? Tzirels Gedächtnis ist so löchrig, dass er über sich selbst fast genauso wenig weiß wie die LeserInnen :-P Anah ist die Personifikation von rassistischen Klischees über Afrika (z.B. völlig korrupt und nur auf Sex bedacht) und alle anderen Figuren auf Solar Corona – bis hin zu Kindern – sind durchweg eindimensional böse, pervers oder kapitalistisch. Das muss man wirklich mögen, mir persönlich war es an manchen Stellen doch zu gewollt edgy – Aber, und das muss ich ehrlich zugeben, dieses von vielen verschiedenen Außerirdischen bevölkerte Setting hat schon seinen ganz eigenen Reiz und eine die LeserInnen in Beschlag nehmende Atmosphäre. Ich kann also schon die Comic-Fans verstehen, die sich hierfür begeistern können. Die Atmosphäre rettet dann auch den durchschnittlichen Krimi-Plot von Jerry Frissen, dessen größte Überraschung ja bereits auf der 1. Seite enthüllt wird. Bemerkenswert ist dafür definitiv der Zeichenstil: Der kombiniert im typisch franko-belgischen Stil gezeichnete SciFi- & Cyberpunk-Hintergründe mit Figuren, die wie nur leicht durch den „Cel Shading“-Filter gezogene Fotografien wirken. Was gar nicht so weit von der Realität weg ist, nutzt der Künstler Jean-Michel Ponzo doch tatsächlich Fotografien für seine Arbeit – Keinesfalls schlimm, nur wirkt es halt schon lachhaft, wenn beispielsweise die SciFi-Waffen dann einfach eingefärbte Wasserpistolen eines bekannten Spielzeugherstellers sind, bei denen er sich nicht mal die Mühe gemacht hat, den Wassereinfüllstutzen-Schraubverschluss wegzuretuschieren... Inhaltlich wie optisch bleibt „Simak“ also Geschmackssache, aber der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) wird hierfür sicherlich genügend KäuferInnen finden, die dazu bereit sind, für 112 Seiten 24 € zu zahlen. Fazit: „Simak“ (Link) ist ein sehr düsterer SciFi-Krimi, der einerseits zwar nur schwach ausgearbeitete Figuren bietet, der andererseits aber sehr atmosphärisch und optisch interessant ist. Hier muss jeder Comic-Fan für sich selbst entscheiden, wie er die einzelnen Aspekte für sich selbst gewichtet.
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