Solo-Spielbücher sind in der Rollenspiel-Szene eine kleine, aber doch heißgeliebte Nische. Gefühlt gibt es nur einen einzelnen Verlag, der für diese Art des interaktiven Lesens das Monopol hat, aber tatsächlich kommen nicht nur von anderen Verlagen gute Konkurrenzprodukte, sondern auch von selfpublishenden Indie-AutorInnen. Beispielsweise jetzt ganz neu von Dane Rahlmeyer (eigentlich bekannt für „normale“ Romane und Hörspiele), der mit dem ersten Band der „Monster & Magie“-Reihe sein Spielbuch-Debüt veröffentlichte.
„Diebe des Drachendolchs“ lautet der Titel des 284 Seiten starken Taschenbuches, in welchem es um die Diebe des Drachendolchs geht (selten war ein Buchtitel so treffend). Denn die LeserInnen bekommen ihren hart erkämpften Drachendolch bereits ganz am Anfang des Buches abgenommen und müssen nun versuchen, ihn irgendwie wieder zurück zu bekommen. Dafür machen sie das, was man in einem Solo-Spielbuch halt so macht: Am Ende jedes Buch-Abschnitts gibt es mehrere Handlungsoptionen zur Auswahl, beispielsweise ob man die zukünftigen Drachendolch-Diebe bekämpft oder doch lieber flieht. Jede Option ist mit einem Verweis auf eine Seitenzahl versehen (beim gerade genannten Beispiel etwa Kampf = Seite 12 & Flucht = Seite 15), sodass man dann auf der entsprechenden Seite weiterlesen kann.
Spielmechanisch war es das dann auch schon, in diesem Solo-Spielbuch muss man wirklich einfach nur Entscheidungen treffen. Dadurch hat man zwar einerseits eine sehr niedrige Einstiegshürde (aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass bereits simple Inventar-Verwaltung oder gar Würfelproben für manche Nicht-HobbyistInnen zu nerdig sind ;-)), aber andererseits wirken manche Handlungsstränge dadurch forcierter, als es nötig gewesen wäre: Kommt man vom richtigen Pfad ab, erfolgt viel zu rasch der Tod - Von über 60 möglichen Enden sind gerade mal 10 wenigstens halbwegs gut (also zumindest lebendig) und davon auch nur 3 richtig gut (Drachendolch zurückgeholt). An manchen Stellen muss man also eine gewisse Frusttoleranz mitbringen: Beispielsweise gibt es eine Szene mit einer magischen Tür, die (weil der Autor einen anderen Lösungsweg vorsieht) letztlich immer zum Tod führt :-( Ja, an jedem Ende wird man zurück verwiesen auf den Abschnitt, an dem man falsch abgebogen ist. Aber hier z.B. wäre es doch viel motivierender gewesen, wenn man stattdessen eine Rettungsprobe oder etwas Vergleichbares hätte ablegen können, um bei einem Erfolg (also dem Überleben) voll motiviert (dank des knappen Bestehens der Probe) einen anderen Weg zu suchen. Stattdessen fühlt es sich eher so an, als ob man wie in einem Videospiel einen Speicherstand laden würde.
Sieht man von der zu simplen Spielmechanik aber mal ab, macht der Autor bei seinem Spielbuch-Debüt sehr viel richtig: Die Fantasy-Geschichte ist zwar super simpel, denn es geht wirklich nur um die Jagd nach den Dieben des Drachendolchs, aber sie ist flüssig und leicht verständlich geschrieben. Da es verschiedene Handlungsstränge gibt, die teils stark voneinander abweichen und manchmal auch rasch abgehandelt sind, wird man sich auch gern mehrfach ins Abenteuer stürzen. Außerdem hat „Diebe des Drachendolchs“ einige wirklich nette Illustrationen, welche den SpielerInnen helfen, sich vorzustellen, was hinter den teils seltsamen Monsternamen steckt. Insgesamt kann man hier Dane Rahlmeyer (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) also durchaus beglückwünschen und des Weiteren inständig hoffen, dass der nächste „Monster & Magie“-Band eine komplexere Spielmechanik bekommt.
Fazit: „Monster & Magie #1 Diebe des Drachendolchs“ (Link) ist ein zwar sehr simples, aber durchaus spaßiges Solo-Spielbuch.