Auch wenn ich in meiner letzten Rezension eines Comics von Jeff Lemire (Link) erstmals einige kritische Worte verloren habe, bin ich noch immer ein großer Fan seiner Arbeit – Immerhin ist er einer der ganz wenigen (Comic-)AutorInnen überhaupt, die mich für Genres begeistern können, die ich sonst gern mal vermeide. Seine Horror-Serie „Gideon Falls“ beispielsweise hat mich von der ersten Seite an gepackt, obwohl ja hinlänglich bekannt ist, was ich sonst von Gruselkram halte ;-) Nun ist also der zweite Sammelband erschienen und ich war natürlich gespannt, ob mein Interesse weiterhin bestehen würde...
Da es sich um den zweiten Band einer vormals auf drei (jetzt aber mindestens vier) Bände angelegten Reihe handelt, kommen wir natürlich um eine Rekapitulation der Geschehnisse nicht drumherum: Pater Chasely, der über 30 Jahre Priester in der Kleinstadt Gideon Falls war, ist verstorben. Seine Nachfolge tritt der vom Weg abgekommene Priester Wilfred an, der auf das ruhige Gemeindeleben in der tiefsten Provinz eigentlich gar keine Lust hat. Und offensichtlich wurden seine Gebete erhört, denn schon bald wird er von einer an Pater Chasely erinnernden, geisterhaften Erscheinung mitten in der Nacht auf ein einsames Feld gelockt – Und dort sieht er sie: Die Schwarze Scheune! Eine dämonische Erscheinung, welche Gideon Falls schon seit ewigen Zeiten heimsucht und unter denen, die sie nicht für ein Hirngespinst halten, Angst und Schrecken auslöst... Gleichzeitig versucht der depressive Norton seiner Psychotherapeutin zu erklären, dass er gar nicht verrückt ist, sondern dass es wirklich eine Verschwörung rund um die Schwarzen Scheune gibt. Anfangs glaubt sie ihm nicht, doch dann wird auch sie von ihr heimgesucht...
Im zweiten Sammelband wird die Geschichte nahtlos fortgesetzt: Norton, der mittlerweile seine Psychotherapeutin von einer Verschwörung rund um die Schwarzen Scheune überzeugen konnte, sammelt mit ihr weitere Hinweise auf deren Existenz. Aus all den Bruchstücken wollen sie das Scheunentor zusammenpuzzeln, damit sie endlich Antworten erhalten. Doch ein konkurrierender Psychiater kommt ihnen auf die Schliche und sperrt Norton zurück ins Irrenhaus... Zeitgleich raufen sich Pater Wilfred und die Dorfpolizistin Clara nach den traumatischen Erlebnissen des Vorgängers zusammen, um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Dabei wird der Priester von unheimlichen Visionen aus der Vergangenheit heimgesucht, welche primär den LeserInnen die Richtung weisen, in welche sich die Geschichte noch entwickeln könnte ;-)
Unabhängig voneinander kommen die ProtagonistInnen der Schwarzen Scheune immer näher – So nah, dass sie sich ihnen offenbart und Wilfred & Norton ins Chaos stürzt... Gerade im Finale des Sammelbandes, welches rund ein Viertel des 136 Seiten starken Hardcovers umfasst, entfalten die atmosphärischen Zeichnungen und vor allem aber die reduzierte, aber umso herausragendere Kolorierung ihre volle Wucht. Wie die Protagonisten werden die LeserInnen hier in einen spannenden Strudel der Ereignisse gerissen, der so atmosphärisch dicht geschrieben und gezeichnet ist, dass man zwischendurch fast das Atmen vergisst :-) Das schaffen nur ganz wenige Comics, egal ob Horror oder ein anderes Genre, und deshalb kann man den „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) nur dazu beglückwünschen, dass er die „Gideon Falls“-Lizenz bekommen hat! Knallharte Fans – und das werden sicherlich die meisten LeserInnen dieser Reihe sein – können übrigens auch zur limitierten Vorzugsausgabe (Link) greifen.
Fazit: „Gideon Falls #2 Erbsünden“ (Link) ist der hervorragende zweite Sammelband einer hervorragenden Horror-Serie, welche nicht nur eine spannende Handlung bietet, sondern auch ungemein atmosphärische Zeichnungen.