Die fast 140 Jahre alte Novelle „Der seltsame Fall des Dr. Jackyll und Mr. Hyde“ hat schon so einige Popkultur-Adaptionen erlebt, beispielsweise gibt es über einhundert Filme. Aber auch im Brettspiel-Sektor finden sich eine ganze Reihe an Titeln rund um den titelgebenden Protagonisten mit der gespaltenen Persönlichkeit – Und wenn man mal entsprechende Fachwebseiten wie BGG anschaut, dann sind die auch alle gar nicht so schlecht. Also schauen wir mal, ob sich „Jackyll & Hyde vs. Scotland Yard“ ebenso positiv präsentiert.
Prinzipiell haben wir mit „Jackyll & Hyde vs. Scotland Yard“ ein Stichspiel für zwei Personen. Das bedeutet, dass eine Person eine Karte mit einer bestimmten Farbe und einem bestimmten Wert auslegt, die vom Rest „bedient“ (also das Hinzulegen einer gleichfarbigen und idealerweise höherwertigen Karten) werden muss. Soweit, so klassisch. „Jackyll & Hyde vs. Scotland Yard“ hat aber eine ganze Reihe an interessanten spielerischen Kniffen, zu denen auch eine Story-Kampagne mit zehn Kapiteln gehört. Wobei sich da in jedem Kapitel die Missionsziele und vor allem auch die Spielregeln ändern können, weshalb ich erst einmal beim Grundprinzip bleibe: Jedes Kapitel, bei denen Jackyll & Hyde vor Scotland Yard fliehen müssen, was auf einem kleinen Spielbrett dargestellt wird (siehe Fotos), verläuft über zwei Runden mit jeweils acht Stichen beziehungsweise über drei Phasen:
1. Tagsüber werden an beide kooperativ Spielende jeweils 12 Karten vergeben, von denen sie jeweils vier Stück an Scotland Yard abgeben. Das bedeutet, dass am Ende jede(r) genau acht Karten für acht Stiche hat. Interessant ist dabei, dass man ab dem Moment der Kartenabgabe nicht mehr miteinander kommunizieren darf, sodass man nie genau weiß, wie das Kartendeck von Scotland Yard ganz genau aussieht. 2. In der Nacht startet nun die Verfolgungsjagd, dargestellt durch das Spielen der acht Stiche. Wie schon oben erwähnt muss man dabei die jeweils gespielte Farbe „bedienen“. Geht dies nicht, darf man auch eine andere Farbe oder eine Trankkarte spielen. Letztgenannte ist besonders interessant, da sie farbbasierte Sonderfähigkeiten (z.B. Stiche stehlen) auslöst. 3. Beim Ende der Runde werden dann die beiden Figuren je nach Vorgabe des Story-Kapitels bewegt, wobei es im Prinzip darauf ankommt, dass die Figur von Jackyll & Hyde genau auf dem Endfeld landen, während die Figur von Scotland Yard nicht gleichziehen darf.Interessant ist dabei, dass man quasi in jeder Runde ein neues Spielziel hat. Denn einerseits ändern die jeweiligen Story-Kapitel die Regeln, andererseits ändert sich die Wertigkeit der jeweiligen Farben anhand der ausgespielten Kartenreihenfolge und gewisser trankbasierter Sonderfähigkeiten Das ist besonders deshalb relevant, weil man dann den Stich gewinnt, wenn man die höchste Wertigkeit der höchsten Farbe ausgespielt hat... Klingt kompliziert? Ist es eigentlich nicht, aber zugegebenermaßen musste ich die zwölfseitige Spielanleitung mehrfach lesen, bevor ich hinter das Spielkonzept stieg. Und dieser kleine Seitenhieb sei mir erlaubt, das ist nicht das erste Mal, dass mir das bei einem Spiel von „nice game“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) so ging, man denke nur an das Ratespiel „Hunch!“ (Link) ;-) Aber das ist wohl das „Nachteil“, wenn man altbekannte Spielkonzepte innovativ aufpeppt, dann muss man sich auch mit geistig trägen Spielenden wie mir rumärgern :-P Spaß beiseite, „Jackyll & Hyde vs. Scotland Yard“ ist ein sehr nettes Stichspiel, dessen Besonderheiten es wohltuend von anderen Vertretern dieses Nischengenres abheben. Hinzu kommt die gewohnte „nice game“-Produktionsqualität, also können Fans von Stichspielen und vor allem aber Zwei-Personen-Spielen hier bedenkenlos zugreifen. Fazit: Ich hab mich beim Lernen der Regeln wieder mal etwas doofer angestellt, als es hätte sein müssen. Aber als ich es kapiert hab, hatten wir mit „Jackyll & Hyde vs. Scotland Yard“ (Link) ein paar echt schöne Spielrunden zu zweit. Für den soliden Preis von knapp 20 € kann man diesem Story-Stichspiel auf jeden Fall mal eine Chance geben.