„Kein Märchen“ ist der Untertitel dieser Märchen-Satire, in der ein selbstsüchtiger König wahnsinnige Angst davor hat, dass eine Taube seinem Sohn dreimal auf dem Kopf kotet. Klingt seltsam? Ist es auch! Kann so etwas wirklich Spaß machen? Mal schauen... In einem unbekannten kleinen Märchen-Königreich herrscht der mächtige König Siegbart. Nichts sehnlicher als einen Sohn wünscht er sich, doch erst die achte Frau gebärt ihm dann einen. Also alles perfekt? Mitnichten! Denn eine betrunkene Fee prophezeit, dass der Prinz sich gegen seinen Vater erheben wird, sobald er dreimal Taubenkot auf den Kopf bekommt... Das kann Siegbart natürlich nicht zulassen, daher vergibt er großzügige Geldprämien für die Jagd auf die Ratten der Lüfte. Was zur Folge hat, dass das einst so stolze Königreich immer mehr verarmt und damit den Unmut der Bevölkerung vergrößert. Was wiederum die Reihen der Rebellen stärkt, was wiederum zu noch mehr Paranoia und Repression von Siegbart führt! Relativ unbeeindruckt von diesem Teufelskreis ist die Bäckerstochter Hänfling, die ihrer Schönheit wegen von jedem Mann in diesem Buch angebetet wird. Aber eigentlich will sie doch als arbeitende Person wahrgenommen werden – Ob ihr das gelingt, nachdem auch sie gegen den König aufbegehrt? Tja, das war es dann auch schon mit der Handlung (sieht man von einem kleinen Bonus am Ende ab). Immerhin 72 Seiten umfasst das Märchen, das keines sein will, doch rein von der Geschichte her hätte man hier kaum die Hälfte der Seiten benötigt: Der König wird halt immer verrückter und repressiver, die Rebellen immer gewiefter und die Bäckerstocher läuft, abgesehen von ihrem aktiven Eingreifen am Ende, mit ihrem Brötchenkorb und großen Augen durch eine im Chaos versinkende Märchenstadt... Trotz eines eher flachen Spannungsbogens wird man durchweg gut unterhalten, denn die satirische Handlung und die oft mit witzigen Details versehenen Illustrationen laden zum Schmunzeln ein. An manchen Stellen hebt man als reflektierte Leserschaft dann aber doch irritiert die Augenbraue: Ist diese Märchensatire nicht eigentlich pure Hufeisentheorie-Propaganda? Und wie soll man es als LeserIn eigentlich einordnen, dass Hänfling ihre Mitmenschen nur durch ihre Schönheit beeinflusst – Und zwar nicht zum Guten, etwa wenn ein Wachsoldat einen eigentlich für die Freilassung vorgesehen Gefangenen weiter quält, weil er Abends ja eh nichts vor hat, da Hänfling ihn nicht datet, weil er nur ihre Schönheit sieht... „Die Schöne und die Biester“ hat einige solche Momente, da können Philosophie-StudentInnen und GermanistikerInnen sicherlich ne ganze Menge hineininterpretieren ;-) Der Zeichenstil mit seinen starken Überzeichnungen und den flachen Pastelfarben mag die Gemüter spalten, ich konnte mich aber doch ganz gut mit der Arbeit von Frauke Berger anfreunden. Genauso wie ich mich mit der Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) angefreundet habe, sodass der Preis von 18 € für das Hardcover voll in Ordnung geht. Fazit: „Die Schöne und die Biester“ (Link) ist tatsächlich, wie auf dem Cover angekündigt, kein Märchen, sondern eine unterhaltsame Hufeisentheorie-Satire.
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