Die „Tango“-Comics haben ganz genau ein Alleinstellungsmerkmal: Zwar sind sie jeweils aus allerlei Genre-Versatzstücken zusammengeklaut, sodass man fast schon von einem Plagiat sprechen möchte (ohne dass man aber konkret greifen kann, von wem geklaut wurde, denn ehrlicherweise sind auch viele andere Einzelgänger-Actionthriller-Comics/Groschenhefte/Fernsehserien nicht wirklich innovativ :-P), aber der Autor Alex „Matz“ Nolent besitzt so viel Schreiberfahrung, dass am Ende trotzdem ein spannendes Comic-Erlebnis bei rumkommt. Ob das im dritten Teil wohl auch so sein wird? Nachdem John Tango im Auftaktband „Meer der Steine“ (Link) ein paar Gangster über den Haufen schießt und dann, gemeinsam mit seinem nicht minder rabiaten Großvater und seinem Kumpel Mario, in „Roter Sand“ (Link) noch mehr Gangster über den Haufen schießt, hat er sich endlich mal etwas Ruhe verdient. Gemeinsam mit Mario segelt er daher durch die Karibik und erfreut sich am leisen Plätschern des Wassers. Bei einem Landgang lernen sie den Franzosen Charles Muller kennen, der ihnen das beste Restaurant des Hafens empfiehlt. Ein Vorwand, natürlich – immerhin sind wir hier ja bei einem Actionthriller – denn als blinder Passagier lässt er sich von den anfangs unwissenden John & Mario nach Panama schippern. Nicht ohne Grund, denn Charles steht sowohl bei mehreren Strafverfolgungsbehörden als auch bei skrupellosen Gangstern auf der Fahndungsliste... Tja, und ratet mal, was dann passiert? Genau, es werden wieder Gangster über den Haufen geschossen ;-) Obwohl, stimmt gar nicht, denn die werden gar nicht getroffen – Ob das daran liegt, dass John mal nicht selber schießt? Jedenfalls war ein „Tango“-Band noch nie so arm an Action, ich würde den Anteil auf vielleicht 10 %, mit viel gutem Willen vielleicht 15 % der gesamten Seitenanzahl schätzen. Das wäre in jedem anderen Thriller-Comic voll in Ordnung, aber bei dieser Reihe erwartet man als LeserIn einfach etwas anderes... Stattdessen füllt Matz die Seiten endlich mit etwas mehr Hintergrundinformationen zum bisher doch arg blassen Protagonisten. Und immerhin, der eigentliche Spannungsaufbau (verschiedene Personen enthüllen schrittweise, wen Tango & Mario da eigentlich als blinden Passagier an Bord haben) funktioniert ganz okay, auch wenn das Erzähltempo ruhig etwas flotter hätte sein können. Dafür, und das ist zumindest für SerienliebhaberInnen wie mich interessant, bekommen wir hier erstmals so etwas wie einen echten Mittelteil, während die beiden vorherigen Bände ja in sich so abgeschlossen und generisch waren, dass man sie problemlos einzeln als OneShot lesen hätte können. Ein wenig Leid tut mir der Zeichner Philippe Xavier, der hier doch merklich unterfordert ist. Wenn man mal den ersten Band gelesen hat und daher weiß, was für Atmosphäre er aus dem staubigen Anden-Hochgebirge herausgeholt hat, dann wünscht man sich (sowohl für sich selbst als auch für Xavier) einen spektakulären Schauplatz zurück. Klar, das sieht hier trotzdem alles gut aus, gerade durch die atmosphärische Kolorierung. Aber es gibt nur wenige Panels, in denen er wirklich mal sein maximales Können zeigen kann. Schade :-( Glänzen kann dagegen wieder der „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) mit toller Druckqualität, welche den Preis von 16 € für das 56 Seiten starke Hardcover rechtfertigt. Fazit: Deutlich weniger Action, dafür mehr Protagonistenhintergrund und irgendwie auch einen Cliffhanger. Das ist nicht, was man von dieser Actionthriller-Serie erwartet, und so war ich ehrlich auch etwas enttäuscht. Andererseits, wenn dieser „gefühlte Mittelteil“ in ein würdiges Finale leiten wird, dann werde ich mich doch rasch wieder mit „Tango #3 Im Schatten Panamas“ (Link) versöhnen... Der vierte Band ist bereits in Vorbereitung und ich bleibe gespannt :-)
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