LeserInnen meines Blogs sollte der Name Daniel Isberner schon ein Begriff sein, denn von ihm rezensierte ich letztes Jahr „Mias Gute Nacht Geschichten“ (Link). Dabei war dieses pädagogisch wertvolle Fantasy-Kleinkinderbuch sozusagen nur ein kleiner Ausflug, denn eigentlich ist der Göttinger Autor bekannt für martialischere Kost: Von ihm stammt nämlich nicht nur der „Silent Reaper“-Zyklus für das legendäre Kampfroboter-Miniaturenspiel „Battletech“, sondern auch die äußerst umfangreiche „Schattengalaxis“-Reihe (aktuell 15 Veröffentlichung). Das neuste Werk trägt den Titel „Fragmente“ und ist eine Anthologie, welche in Zusammenarbeit mit dem bekannten Phantastik-Herausgeber und Rollenspiel-Blogger André „Würfelheld“ Skora (Link) erschien. Und der hat offensichtlich seine Kontakte spielen lassen, denn neben Daniel höchstselbst steuern auch einige der bekanntesten deutschen (Rollenspiel-)AutorInnen ihre Kurzgeschichten bei, darunter meine Blogger-Kollegin Gloria H. Manderfeld (Link) und der „Seelenfänger“-Erfinder Jörg Köster (Link). Na mal schauen, ob ich mich in der „Schattengalaxis“ ohne Vorwissen zurechtgefunden habe ;-) Fünf Kurzgeschichten umfasst die insgesamt 120 Seiten schmale Anthologie, welche man sowohl als gedrucktes BoD-Taschenbuch als auch als eBook (so auch mein Rezensionsexemplar) für schmales Geld erstehen kann. Aber lohnt sich der Kauf überhaupt?
- Der erste Beitrag stammt von Jörg Köster und trägt den Titel „Das Tor“. Hier geht eine Planetenexpedition schief, noch dazu gibt es Verrat und Sabotage auf dem Erkundungssschiff. Tatsächlich kam mir die Grundprämisse beziehungsweise besonders der End-Twist schon aus anderen SciFi-Geschichten bekannt vor – Aber ganz ehrlich, das war mehr so ein wohliges Gefühl des Heimkommens, gerade auch, weil Jörg einen angenehmen Schreibstil hat. Ein guter Start! - Der „Schattengalaxis“-Erfinder Daniel Isberner schrieb „Level 5“. Hier geht es um zwei diebische Freundinnen, die halt diebische Dinge tun und dabei ins Visier des Geheimdienstes (eben dem titelgebenden „Level 5“, der in einigen Geschichten mehr oder minder prominent auftritt) geraten. Diese Kurzgeschichte wirkt so ein wenig wie der Prolog einer „Shadowrun“-Runde, nur halt in der Fantasy-freien SciFi-Variante. War auch gut :-D - Francis Bergen schrieb über „Die Saboteurin“, welche von einem anonymen Auftraggeber eine Infiltrations-/Hacking-Mission bekommt. Selbst auf der Flucht, leistet sich die Protagonistin dabei einige Flüchtigkeitsfehler – Zum Glück, denn sonst hätte sie niemals ihre moralischen Grenzen entdeckt. Eine klar strukturierte Heist-Story ohne Schnörkel, die auf das Szenario bezogen vielleicht etwas generisch wirkt (zumindest für jemanden wie mich, der die „Schattengalaxis“-Saga nicht kennt), aber gut unterhält. - Dann folgt mein persönliches Highlight: „Nur riesige Würmer, die Bäume fressen...“ von Peter Hohmann ist klassische Military SciFi, in der ein martialischer Erkundungstrupp nach intelligentem Leben sucht. Leider ist ihre Mission aber nicht von Erfolg gekrönt, denn sie finden nur die titelgebenden riesigen Würmer, die Bäume fressen ;-) Achja, und dahingemetzelte Außerirdische. Denn irgendwer zerstört alle Dörfer, immer kurz bevor der Erkundungstrupp den Erstkontakt herstellen kann... - Zuletzt liefert Gloria H. Manderfeld mit „Die reichen Toten“ eine weitere Heist-/Infiltrationsgeschichte, in der ein chemisch aufgepumpter Attentäter einen Doppelmord begeht. Dabei verläuft die eigentliche Mission absolut reibungslos, doch in ihm selbst setzt ein Reflektionsprozess ein... Sind wir ehrlich, diese Geschichte ist so typisch Gloria – Wer hat denn ernsthaft gedacht, dass sie hier einfach nur straight eine Heist-Story niederschreibt? Dabei ist die eigentliche Geschichte gar nicht mal im klassischen Sinne spannend, aber dadurch, dass auf einen plakativen Endtwist verzichtet wird und sich der Reflektionsprozess über die gesamte Kurzgeschichte erstreckt, sticht „Die reichen Toten“ stilistisch merklich hervor.
Ich denke, man hat in meinen Kurzbeschreibungen bereits heraushören können, dass ich von „Schattengalaxie: Fragmente“ durchaus angetan bin :-) Denn hier gibt es keinerlei qualitative Ausfälle, stattdessen liefern alle AutorInnen mindestens gut, oft auch sehr gut ab! Die Spannung bleibt auf hohem Niveau, was insofern bemerkenswert ist, weil sich die groben Handlungskonzepte doch ähneln: Dreieinhalbmal gibt es ganz konkret Infiltrations-/Heist-Storys und im Prinzip geht es in jeder der Kurzgeschichten um Verrat oder Sabotage. Und doch fühlte sich jede einzelne Kurzgeschichte „frisch“ und individuell an. Daher ein großes Lob an alle AutorInnen. Auch das Lektorat hat gut gearbeitet, sodass ich den Preis von 7,99 € für das Taschenbuch als vollkommen angemessen empfinde. Fazit: Auch ohne Vorkenntnisse der „Schattengalaxis“ kann man die Anthologie „Fragmente“ (Link) in vollen Zügen genießen. Fünf wirklich gute SciFi-Geschichten um Verrat aller Art, da gebe ich gerne 86 % beziehungsweise 4,3 / 5 Sterne eines großen Onlinehändlers, der mindestens so böse ist wie „Level 5“ :-P
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