Egal, wie unterschiedlich Kinofilme und Rollenspiele auch sein mögen, eine Sache haben sie doch gemeinsam: Wenn ein Teil einer Reihe herausragend war, dann hat man an den Nachfolger so hohe Erwartungen, dass man zwangsläufig enttäuscht werden muss... Oder vielleicht doch nicht? Das „Chop-Shao Double Feature“ (Link) des Asiafilm-Rollenspiels „New Hong Kong Story“ (Link) bot meiner Meinung nach ja eines der weltbesten OneShot-Abenteuer überhaupt. Ob „Dragon Sword“ in diese große Fußstapfen treten kann? „Dragen Sword“ bietet mit einem Anfang der 2000er spielenden Abenteuer (beziehungsweise Kinofilm, immerhin sind wir ja bei „New Hong Kong Story“ ;-) deshalb wird auch von SchauspielerInnen geredet und nicht von HeldInnen etc.) ein Urban Fantasy-Gegenwartsszenario, welches seine Wurzeln jedoch in der tiefsten Vergangenheit hat: Die antiken „Zehn Reiche“ wurden von einer Truppe heldenhafter Krieger beschützt, von denen einer jedoch dem Machthunger erlag. Mit einem legendären Drachenschwert schnetzelte sich Xue Donglai durch halb China, bevor er in einem letzten Kraftakt doch noch entwaffnet und in eine tiefe Höhle eingesperrt werden konnte. Dort überlebte er, in tiefster Trance versunken, einige tausend Jahre. Durch einen dummen Zufall, nämlich beim Bau eines Tunnels, stießen Bauarbeiter auf Xue – Der natürlich sofort die Chance nutzte, sich die Lebenskräfte der Tunnelbauer anzueignen... Davon wissen die SchauspielerInnen aber noch nichts, verkörpern sie doch die gelehrigen SchülerInnen einer ziemlich abgeranzten Kampfsportschule. Aber ihre Meister wissen um die alte Legende und fordern sie auf, Xues nun geöffnete Grabkammer zu erkunden. Als klar wird, dass er wirklich auferstanden ist, berichten sie von der Existenz des titelgebenden Drachenschwerts. Doch an das heranzukommen ist gar nicht so einfach, hat es Großmeister Yip doch aus Geldmangel verhökert... Ausgerechnet an ziemlich fiese Gangstertypen, die sich natürlich mit Xue Donglai verbündet haben! Erst einmal vorweg: „Dragon Sword“ macht das, was es sein will – nämlich ein interaktiver Asiafilm – wirklich gut. Vom Aufbau und Tempo der Geschichte bis hin zur atmosphärischen Abenteuerbeschreibung bekommt man als SpielleiterIn (Pardon, natürlich RegisseurIn :-)) einen sicherlich etwas trashigen, aber wirklich spannenden Kinofilm geliefert. Also alles gut? Leider nein, denn der Teufel steckt im Detail: Die Geschichte, die sich anfangs wie eine „Call of Cthulhu“-Investigation anfühlt, dann aber rasch zu einer actionreichen Schnitzeljagd mutiert, ist ziemlich railroadig aufgebaut (inklusive einem immer zum rechten Zeitpunkt auftauchenden Superduper-Großmeister). Das allein ist prinzipiell kein Problem, aber gleichzeitig geizt das ansonsten sehr umfangreich beschreibende, sehr atmosphärisch geschriebene Abenteuer mit (alternativen) Lösungsmöglichkeiten: Im Prinzip endet die Szenenbeschreibung jeweils mit der Etablierung des abzuhandelnden Problems. Das wird erfahrene RegisseurInnen nicht stören, doch Neulinge auf dem Regiestuhl umso mehr – Ich betone diesen Umstand deshalb, weil es im „New Hong Kong Story“-Grundregelwerk ja kein Einstiegsabenteuer gab und sicherlich viele Anfänger automatisch dieses Abenteuer gleich mit dazu gekauft haben... Dafür, und deswegen lieben wir die „New Hong Kong Story“-Abenteuer doch alle, gibt es wieder allerlei hilfreiches Bonusmaterial: Acht A3-Spielpläne, die mal als hilfreiche Battlemap verwenden kann, sowie ausschneidbare Charakter-Pappplättchen erlauben es der Spielgruppe, jeden noch so chaotischen Kampf übersichtlich abzuhandeln. Dazu gibt es noch 15 Polaroid-Handouts, welche qualitativ ebenso hochwertig gedruckt sind wie das 52 Seiten umfassende Abenteuerbüchlein. Dieses wurde erneut mit einer Spiralbindung versehen, was ich nach der üblichen Umgewöhnungsphase ziemlich genial finde :-D Der „Black Mask“-Verlag (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) verlangt für all das Material schlappe 14 € und liegt daher mit seinem ein bis zwei Abende füllenden „Kinofilm“ also nur knapp über dem Preis unserer örtlichen Kinos ;-) Fazit: „New Hong Kong Story“ (Link) hat wieder gut abgeliefert! „Dragon Sword“ (Link) ist ein gelungener OneShot, der wieder echte Asiafilm-Atmosphäre versprüht. Aufgrund der oben genannten Kritikpunkte muss es sich im direkten Vergleich aber dem legendären„Chao-Shao Double Feature“ geschlagen geben. PS: Eine zweite Meinung gibt es beim Kollegen Würfelheld (Link).