Die Tetralogie (naja, eigentlich eher eine Trilogie plus Bonusband) rund um ein kommunistisches Känguru, welches mit dem Kleinkünstler Marc-Uwe Kling das „Asoziale Netzwerk“ gründet, gilt als eine der humorvollsten links-intellektuellen Textsammlungen des letzten Jahrzehnts. Auch ich bin ein großer Fan des Kängurus – Und da ich auch ein großer Fan der „EXIT“-Kartenspiele bin, war ich natürlich gespannt, ob eine Kombination aus manchmal platten, manchmal aber auch feinsinnigen Links-Witzen und knackigen Zahlencode-Rätseln wirklich funktionieren würde – Aber offensichtlich tut es das nicht, denn noch nie habe ich bei den Kundenrezensionen eines großkapitalistischen Versandhändlers so oft den Satz „Das schlechteste EXIT-Spiel bisher“ gelesen...
Aber ist es wirklich so schlimm? Bevor ich diese Frage beantworte, will ich kurz ein paar Worte zur Spielmechanik verlieren: In „Die Känguru-Eskapaden“ wollen die SpielerInnen Mitglieder des „Asozialen Netzwerks“ werden. Eigentlich wird man da ja automatisch Mitglied, sobald man es möchte, aber das Kängeru hat in dieser „EXIT“-Variante sehr viel Spaß daran, den SpielerInnen immer neue, immer blödere Aufgaben zu stellen: Wo man anfangs noch an einer spannenden Schnitzeljagd durch Berlin teilnimmt, muss man schließlich das Bad putzen und Eierkuchen backen... Spielmechanisch unterscheiden sich „Die Känguru-Eskapaden“ dabei nur wenig von anderen „EXIT“-Varianten: Man muss allerlei Rätsel lösen, um zur nächsten Lokalität (bekannte Orte aus den „Kängeru-Chroniken“, etwa Hertas Eckkneipe und Marc-Uwes Wohnung) zu gelangen, wo sich wiederum mit neuen Rätsel auseinandersetzen muss. Im Spiel zieht man dafür jeweils eine oder mehrere Rätselkarten, welche (zumeist) ein Logikrätsel enthalten. Glaubt man dann die Lösung in Form eines dreistelligen Zahlen- oder Kängerucodes gefunden zu haben, stellt man diese auf der Decodier-Scheibe ein. Die dann angezeigte Ziffer verweist auf eine Lösungskarte, welche bei der richtigen Lösung auf weitere Rätselkarten verweist, die dann ebenfalls gelöst werden müssen. Kommt man überhaupt nicht weiter, darf man für das entsprechende Rätsel bis zu drei Hilfekarten ziehen (Stufe 1: Grobe Hinweise, z.B. welche Rätselkarten man schon gefunden haben muss. Stufe 2: Wink mit dem Zaunpfahl. Stufe 3: Komplettlösung), was allerdings die Punktwertung am Ende massiv drückt...
Sind wir ehrlich: Ich verstehe die vielen negativen Stimmen, die sich in den Kundenbewertungen tummeln. Denn rein spielmechanisch sind „Die Känguru-Eskapaden“ eher schwach: Die Rätsel wollen lustig sein (Schweißflecken zählen, Eierkuchen stapeln, Marc-Uwes Passbilder ausschneiden), doch bleibt dabei der Ratespaß mitunter auf der Strecke. Das Niveau schwankt hier einfach zu stark zwischen sehr einfach (einfach etwas aus dem Rätselheft ablesen) und sehr weit hergeholt – Ich will jetzt nicht das Prädikat „unlogisch“ vergeben, aber teils mussten wir schon sehr viel stärker um die Ecke denken, als dass es uns noch Freude gemacht hätte. Das negative Highlight war dabei eine eigentlich sehr unterhaltsame Schnitzeljagd durch Berlin, bei welcher man am Ende darauf kommen muss, dass der Zahlencode eine Stuttgarter Telefonnummer ist, welche man für die Lösung anrufen soll... Unsere Testspiel-Gruppe hat schon so manches „EXIT“-Kartenspiel durchgeknobelt, auch welche mit einer höheren Schwierigkeitseinstufung, aber noch nie haben wir uns so schwer getan :-( Wer „Die Känguru-Eskapaden“ allerdings nicht mit dem Ziel einer möglichst hohen Punktzahl spielt, sondern einfach nur in Marc-Uwe Klings alternativen Kosmos des „Asozialen Netzwerks“ eintauchen will, wird hier durchaus seine Freude haben. Es ist halt eher Fan-Merchandise, dass die Känguru-affinen SpielerInnen mit langen, humorvollen Texten und, wie gesagt, eher abstrusen, aber eben thematisch auch passenden Rätseln erfreut. Besonders Nutzer der „Kosmos“-App, welche die Texte vom Autor höchstselbst vorlesen lässt, sorgt für die wohligen Gefühle, die man auch beim Hören der Känguru-Hörbücher hat. Und so werden Fans dann auch ohne zu Murren die 14,99 €, die der „Kosmos Verlag“ (Link) (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsmuster zur Verfügung stellte) verlangt, zahlen. Dafür bekommt man dann auch die gewohnte Qualität & Quantität der „EXIT“-Kartenspiele.
Fazit: Nein, „EXIT Das Spiel: Die Känguru-Eskapaden“ (Link) ist nicht so schlecht, wie viele Kundenbewertung uns glauben machen wollen. Für Hardcore-“EXIT“-SpielerInnen sind die teils abstrusen Rätsel jedoch zu weit von der altbekannten Qualität entfernt, sodass ich deren Unmut gut nachvollziehen kann. Känguru-Fans, die sich an den humorvollen Textpassagen (besonders, wenn man die Vorlese-App nutzt!) erfreuen können und die sich nicht davor scheuen, auch mal zwei, drei Hilfekarten zu nutzen, um einfach eine gute Zeit in Marc-Uwe Klings Alternativuniversum zu haben, werden sich jedoch unterhalten fühlen.