Es ist ja nun kein großes Geheimnis, dass ich mit Horror und dunkler Grusel-Phantastik absolut nichts anfangen kann. Darum ist es umso bemerkenswerter, dass der kreative Tausendsassa Thomas Michalski (u.a. preisgekrönter Autor, berühmter Podcaster, Indie-Filmschaffender und, wie ich nun auch aus persönlicher Erfahrung berichten kann, kompetenter Con-Organisator :-)) mit seiner okkulten Grusel-Novelle „Das Dorfgeheimnis“ (Link) eine meiner liebsten Geschichten überhaupt geschrieben hat. Ob er mich mit seinem neusten Horror-Roman ebenso begeistern kann? Wie schon seine bisherigen Bücher (u.a. auch der Regionalkrimi „Schleier aus Schnee“ (Link)) spielt nun auch „Verdorbene Asche“ in Michalskis Heimat: In der tiefsten Eifel, wo es kaum Handynetz und GPS gibt (was im Handlungsverlauf sogar relevant wird), liegt das verschlafene Dörfchen Eschenfeld. In jedem Jahr gibt es dort, in Gedenken an eine lang vergangene Hexenverbrennung und den ketzerischen Einfluss der Wiedertäufer, einen folkloristischen Osterritus: Nach einer Prozession durchs Dorf und nächtelanger Glutwache werden am Ostersonntag riesige Holzräder entzündet und den Berg heruntergerollt. Über diese Tradition will die junge Podcasterin Anna eigentlich nur eine kleine Heimatreportage machen, doch dann bekommt sie eine unerwartete Gelegenheit für einen echten Knüller: In der Karfreitagsnacht ist das Pfarrhaus abgebrannt; und mit ihm auch der Priester. Ein Unfall? Wohl kaum, ist die Leiche doch noch gut genug erhalten, um eindeutig einen Kehlenschnitt zu erkennen! Aber wer würde in solch einer beschaulichen Gegend einen harmlosen Priester ermorden? Waren es vielleicht die halbstarken Neonazis, die sich gegen den linken Bürgermeister Anton zusammengerottet haben? Dieser sieht sich nun einer Doppelbelastung ausgesetzt: Einerseits muss er versuchen, die Dorfgemeinschaft zusammenzuhalten, andererseits will er auf eigene Faust ermitteln… Verkompliziert wird das Ganze, als bereits kurz nach dem tödlichen Brand ein mysteriöser Abgesandter des Vatikans aufkreuzt. Weiß er Dinge, die Anna und Anton nicht wissen? „Verdorbene Asche“ erfindet das Rad nicht neu, stattdessen folgt der Roman etablierten Erzählmustern: Ein seltsamer Vorfall, die ProtagonistInnen schließen sich zusammen, im Verlauf der Ermittlungen kommen sie einer unglaublichen Geschichte auf die Spur, ganz viel bedrohliche Atmosphäre, am Ende gibt es ein dramatisches Finale – Ja, das ist nicht mega innovativ, aber das muss es auch nicht! Denn Thomas Michalski hat damals schon in „Das Dorfgeheimnis“ bewiesen, dass man auch mit einem klassischen Handlungsaufbau eine ganz hervorragende Geschichte schreiben kann. Zumindest, wenn man Talent hat. Und das hat er :-D Zuvorderst muss man an diesem Roman die hervorragende Erzählgeschwindigkeit loben: Mit raschen Szenenwechseln (die insgesamt 43 Kapitel, plus Pro- & Epilog, umfassen meist nur 3, 4 Seiten) treibt er die Geschichte vorwärts, dabei hält er die Spannung konstant hoch. Gerade in der ersten Hälfte des Romans, welche einen klassischen Detektiv-Plot bietet, bekommt man quasi im Akkord immer neue Puzzlestücke zugeworfen, die langsam ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Die Grusel-Elemente sind hier noch stark zurückgefahren, doch zwischen den Zeilen spürt man bereits eine angespannte, düstere Stimmung. Erst gegen Ende hin eskaliert es richtig, sowohl was die Horror- als auch was die Action-Elemente betrifft. Und hier zeigt sich wieder die große Schreiberfahrung Michalskis: Anders als bei vielen anderen Horror-Geschichten fiebert man mit den ProtagonistInnen mit, da man im Verlauf der Geschichte doch einige Sympathien für sie entwickelt. Klar, der Roman umfasst nur 228 Seiten, ist also kein 1000-Seiten-Charakterdrama, aber letztlich habe ich Anna, Anton und dem ganzen Dorf doch die Daumen gedrückt :-) Was mir bei „Verdorbene Asche“ besonders aufgefallen ist: Der Autor schreibt unglaublich konstant. Um hier mal einen kleinen Exkurs zu machen: Die Zahlenwertung am Ende meiner Buchrezensionen (die ich persönlich eher unnütz finde, aber AutorInnen stehen da voll drauf ;-)) ist immer der Durchschnitt meiner verschiedenen Eindrücke. Wenn AutorInnen beispielsweise die erste Hälfte des Buches absolut perfekt schreiben, die zweite Hälfte des Buches aber nur noch mittelmäßig, dann kommt am Ende halt als Durchschnitt „gut“ raus (Für Mathenerds: [100 % + 60 %] ÷ 2 = 80 %). In „Verdorbene Asche“ gibt es diese Qualitätsschwankungen nicht, Michalski schreibt sozusagen vom ersten bis zum letzten Kapitel durchweg gut (bzw. 81 %, wie man gleich im Fazit nachlesen kann). Ebenfalls gut gelungen sind Cover, Satz und Lektorat, sodass Fans atmosphärischer Grusel-Phantastik bedenkenlos die 11 € für das 228 Seiten umfassende PoD-Taschenbuch ausgeben können. Fazit: Ich bin zwar immer noch kein Fan gruseliger Phantastik, doch Thomas Michalskis Horror-Roman „Verdorbene Asche“ (Link) hat mich erneut wirklich gut unterhalten. Man merkt hier einfach seine jahrelange Schreiberfahrung :-) Genre-Fans dürfen bedenkenlos noch ein paar Prozentpünktchen draufschlagen, aber selbst ich vergeben überaus verdiente 81 %!
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