Das dystopische Indie-Rollenspiel „NoReturn“ (Link) war in den letzten Jahren ein echter Geheimtipp: Von einer kleiner Gruppe IdealistInnen rund um Manfred Alterschmidt innerhalb von zwei Jahrzehnten entwickelt, verkaufte sich der Endzeit-Cyberpunk-Mix erstaunlich gut. Zu Verdanken ist das sicherlich nicht nur den sehr engagierten SupporterInnen (Link), sondern auch dem lebendigen Regelwerk (Link), welches kostenlos immer neue Inhalte nachliefert. Mit dem Einstiegsabenteuer „Sperrzone New York“ wurde nun aber ein Digitalprodukt auch als Druckwerk veröffentlicht.
„NoReturn“ kann man unbedarften RollenspielerInnen ja eigentlich mit genau einem Satz beschreiben: „Wenn du das dystopische „Shadowrun“ noch für viel zu fröhlich hältst, dann ist das hier genau dein Rollenspiel!“ :-D – Zugegeben, das ist immer ein wenig überspitzt formuliert, aber es trifft im Kern eigentlich sehr gut, was man in diesem Einstiegsabenteuer so tut: Eine kleine Gruppe an Spezialisten dringt in einen Hightech-Komplex ein, um wertvolle Güter zu extrahieren. Der größte Unterschied besteht wohl darin, dass sich dieser Hightech-Komplex (eine Robotikklinik) mitten im verlassenen & verseuchten Ödland des zerstörten New York befindet und die Spielgruppe daher nicht mit schwer bewaffneten SciFi-Wachen und ausgeklügelten Matrix-Sicherheitssystemen rechnen muss, sondern mit einer ganzen Horde Endzeit-Zombies ;-)
Das 20 Seiten umfassende Abenteuer wird übersichtlich präsentiert und verläuft recht linear, sodass EinsteigerInnen – egal ob vor oder hinter dem Spielleiterschirm – problemlos innerhalb eines Abends fertig sein werden: Die Gruppe (je nach Powerlevel werden 2 – 6 SpielerInnen empfohlen) landet außerhalb der Robotikklinik, muss einen Weg hineinfinden und kann dann die fünf Etagen nach wertvollen Robotikgliedmaßen durchforsten, bevor der Transporthubschrauber kommt und sie wieder herausholt. Ganz so einfach ist es aber nicht, befinden sich doch sowohl im Gebäude als auch vor allem drumherum Horden blutrünstiger Zombies, welche auf laute Geräusche reagieren... Ja, das war schon das komplette Abenteuer und damit verdeutlicht sich auch dessen Fokus: Einerseits natürlich die Action, denn nicht umsonst hat „NoReturn“ ja ein komplexes Kampfsystem :-P Aber andererseits legt „Sperrzone New York“ großen Wert darauf, mit atmosphärisch dichten Ortsbeschreibungen ein Gefühl von Horror und Endzeit zu vermitteln. Denn Einstiegsabenteuer bedeutet hier eben nicht nur, dass Rollenspiel-EinsteigerInnen damit gut zurecht kommen, sondern primär auch, dass man eine passende Einführung in die Atmosphäre und das Setting des Systems bekommt... Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet macht „Sperrzone New York“ seine Sache prinzipiell gut, aus spielerischer Sicht hingegen ist es zu abhängig von der erzählerischen Qualität der Spielleitung – Denn wenn diese es nicht schafft, die düstere Atmosphäre so zu transportieren, wie es das Abenteuer möchte, dann hat man letztlich nur einen sehr linearen und interaktionslosen Dungeon Crawler mit viel Blut auf dem Fußboden und einer ganzen Horde Zombies im Endkampf.
Man muss dem Abenteuer hier dann aber wieder zugutehalten, dass es den SpielleiterInnen mit informativen, gut strukturierten Texten und Gebäudegrundrissen das nötige Handwerkszeug gibt. Und auch das gesamte Design und Layout ist so stimmig, dass man recht schnell versteht, welcher Ton in dem Setting angeschlagen wird – Das war damals ja auch schon im Grundregelwerk einer der großen Pluspunkte :-) Ärgerlich ist jedoch, dass das Lektorat eher schwach ist, was (zumindest bei mir) den Lesefluss manchmal merklich gebremst hat. Letztlich überwiegen die positiven Aspekte jedoch deutlich, sodass ich die 4,95 € für das qualitativ gut gedruckte Heft gern gezahlt habe. Da das Abenteuer keine ISBN hat und damit auch keine Buchpreisbindung, bekommt man es aktuell im Verlagsshop knapp 10 % günstiger. Und wenn man erst einmal hineinschnuppern will, kann man es sich auch nach wie vor kostenlos herunterladen!
Fazit: Rein technisch betrachtet haben wir hier ein zwar simples, aber solides Erkundungsabenteuer ohne große Überraschungen oder Interaktionsmöglichkeiten. Seinen Reiz zieht es vollkommen aus der düsteren Horror-Atmosphäre, sodass es maßgeblich vom Können der Spielleitung abhängt, ob „NoReturn: Sperrzone New York“ (Link) bei den SpielerInnen einen positiven Eindruck hinterlassen kann.