Eine der positivsten Comic-Überraschungen des letzten Jahres war zweifelsohne die postkoloniale, semihistorische Politik-Thrillerreihe „Katanga“, welche von mir in ihrem Auftaktband „Diamanten“ (Link) als eine Art kongolesisches „Game of Thrones“ beschrieben wurde. Nun ist endlich der zweite Band erschienen und ich war natürlich gespannt, ob Fabien Nury das hohe Niveau halten würde... Die Comic-Reihe spielt zur Zeit der sogenannten Kongowirren (Link): Die reiche Provinz Katanga, welche von der belgischen Diamantenminengesellschaft in Form von Geld und damit Söldnern unterstützt wird, rebelliert gegen den Rest des gerade erst unabhängig gewordenen Landes. Dieses ist noch sehr schwach und instabil, da es vor allem auch mit innenpolitischen und ethnischen Konflikten beschäftigt ist. Eigentlich sollen die UNO-Blauhelme das Chaos eindämmen, aber wie sonst auch reißen die bei Afrika-Missionen mal absolut nichts... Was den ehemaligen kolonialen Herrschern gut in den Kram passt, verfügt Katanga doch über zahlreiche Edelsteinvorkommen, welche die belgische Minengesellschaft in aller Ruhe ausbeuten will. Diese heuert den hartgesottenen Kriegsveteran Felix Cantor an, damit er mitsamt seiner kleinen Privatarmee die katangische Unabhängigkeit bewahrt und nebenbei noch den den geflohenen Diener Charlie einfängt. Denn dieser hat die Chance seines Lebens genutzt und einen ganzen Koffer voller Diamanten mitgehen lassen... Der zweite Band setzt nahtlos an den vorangegangen Ereignissen an und erzählt die Geschichte rund um die drei Hauptfiguren weiter: Felix muss einen Minister zusammen mit seiner Söldnerarmee ins tiefste Stammesland eskortieren. Als seinen persönlichen Fahrer dabei hat er den im Auftaktband geretteten Charlie. Die eigentliche Diplomantie-/Eskortmission ist nur ein willkommener Vorwand, denn eigentlich wollen die beiden skrupel- und rücksichtslosen Protagonisten lediglich die versteckten Diamanten bergen... Während sich Felix und Charlie also durch den Dschungel kämpfen und ihre Privatarmee immer härtere Verluste erleidet, spinnt der französische Ex-Geheimagent Armand Orsini weiter seine Intrigen. Dabei scheut er sich auch nicht davor, Charlies Schwester Alicia zu instrumentalisieren... Das „Liebespaar“ Armand & Alicia steht in diesem zweiten Band ein wenig mehr im Vordergrund als noch im Auftaktband, sodass man hier nun mehr über ihre Hintergründe erfährt – Wie Armand in Ungnade gefallen ist und wie er sich letztlich ein ums andere Mal aus der Schlinge befreit, gehört zu den bisher besten Szenen dieser noch jungen Reihe. Obwohl, so richtig kann man das fast nicht sagen, denn „Katanga #2 Diplomatie“ strotzt nur so vor hervorragenden Einzelszenen. Wie beispielsweise die Diplomatie-/Eskortmission im tiefsten Dschungel vergeigt wird, was zumindest von Felix aber so vorbereitet wurde, gehört zu den spannendsten und atmosphärisch dichtesten Szenen, die ich dieses Jahr in einem Comic lesen durfte – Und das ist gerade auch deshalb so beeindruckend, weil der Zeichenstil weiterhin an rassistische Karikaturen erinnert und die LeserInnen damit eigentlich eine Art innerer Distanz aufbauen lässt. Aber vermutlich muss dieser Zeichenstil eben ganz genau so sein, veranschaulicht er damit doch hervorragend den vielfach noch heute vorherrschenden, vorurteilsbehafteten Blick, den man damals auf Schwarzafrika(-nerInnen) hatte. So großartig, wie die Reihe ist, so großartig wird sie vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) präsentiert. Der Preis von 16,80 € geht daher für ein 64 Seiten umfassendes Hardcover voll in Ordnung. Fazit: Die erneut an eine Art kongolesisches „Game of Thrones“ erinnernde Gesamtgeschichte setzt sich zusammen aus einer ganzen Reihe von spannend erzählten, atmosphärisch äußerst dichten Einzelszenen. Nach dem äußerst gelungenen Auftaktband hält auch die „Katanga“-Fortsetzung „Diplomatie“ (Link) problemlos das sehr hohe Niveau und bietet den LeserInnen somit einen (wegen der Thematik und deren Darstellung) zwar etwas schwer verdaulichen, aber ganz hervorragenden Comic-Genuss!
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