Kein anderes Rollenspiel hat das Hobby so sehr geprägt wie „Dungeons & Dragons“. Die erste Edition war eine Spiele-Revolution (siehe dazu auch die sehr gute Comic-Biografie „Der erste Spielleiter“ (Link)), die dritte Edition war der Inbegriff taktisch-stochastischer Monsterschnetzelei und die vierte Edition war der eher mäßig gelungene Versuch, moderne Videospiel-Regelmechaniken zu implementieren. Nun also die fünfte Edition, welche nach den anfänglichen Unkenrufen unverbesserlicher „Früher war alles besser“-Skeptiker doch überraschend positive Resonanz fand. Für SpielerInnen, die sich erst einmal vorsichtig an die neue Edition herantasten möchten (sei es, weil sie von einem anderen System umsteigen wollen oder weil sie sogar komplett neu im Rollenspiel-Hobby sind), bietet der Verlag „Wizards of the Coast“ bzw. in der lokalisierten Version „Ulisses Spiele“ ein Einsteigerset an. Enthalten sind neben Kurzregeln und vorgefertigten Charakteren auch ein komplettes Abenteuer und die benötigten Würfel – Also alles, was man für den Einstieg braucht. Aber lohnt sich der Kauf überhaupt? Zum Setting an sich muss ich vermutlich gar nichts sagen, denn selbst Nicht-Nerds begreifen spätestens beim Lesen des Spielenamens oder beim Blick auf die Verpackung, dass hier KriegerInnen und ZauberInnen in Verliesen gegen Drachen kämpfen – Typisch Fantasy halt :-P Den Inhalt der stabilen Pappbox habe ich schon in der Einleitung aufgelistet, darum gehen wir gleich mal ins Detail:
- Das Regelbuch (wohl eher Heft, aber das ist Wortklauberei :-P) umfasst 32 Seiten und soll mit den Regelmechanismen vertraut machen. Nach der obligatorischen Spieleinführung werden die sechs Attribute (Stärke, Geschicklichkeit, Konstitution, Intelligenz, Weisheit und Charisma) sowie die die Grundregeln (W20 + Modifikator, manchmal Vor- & Nachteile und Fertigkeiten) erklärt. Das alles umfasst gerade mal fünf Seiten und ist verständlich genug geschrieben, dass selbst EinsteigerInnen problemlos verstehen sollten, wann sie was würfeln müssen :-) - Und dann geht es auch schon zum Herzstück einer jeden Drachenjagd im Verlies: Den Kampf. Ebenfalls fünf Seiten umfassend, werden hier die Kampfreihenfolge, die Positionierung, die Kampfaktionen und die Angriffs- & Schadensregeln erklärt. Außerdem, die verlorenen Trefferpunkte müssen ja irgendwoher wiederkommen, lernt man in diesem Kapitel etwas über die Heilung. Obgleich dieses Kapitel nur fünf Seiten umfasst, bekommt man hier schon einen recht guten Eindruck davon, wie viele taktische Optionen (etwa Gelegenheitsangriffe, Zweihandkampf, Ausnutzung der Deckung) dieses Rollenspiel bietet. - Im dritten Kapitel (wieder fünf Seiten) bekommt man dann all das Rüstzeug an die Hand, was man als erfolgreicher Abenteurer halt so braucht (Waffen & Ausrüstung, aber auch Rast- & Reiseregeln) und im vierten Kapitel gibt es allerlei Zauberei und Magie. Dieses Kapitel umfasst gleich 11 Seiten, denn wie in jedem Rollenspiel müssen MagierInnen stets den meisten Text lesen :-P Abgeschlossen wird das Regelbuch von einer einseitigen Zusammenfassung der Zustände. Was fehlt, sind Regeln für die Charaktererschaffung. Stattdessen sind im Einsteigerset vorgefertigte, gut miteinander harmonierende Spielcharaktere enthalten.
Das Abenteuerbuch Die verlorene Mine von Phandelver ist gleich doppelt so dick, es umfasst nämlich 64 Seiten. Enthalten ist natürlich das titelgebende Abenteuer, in welchem sich die SpielerInnen durch eine vierteilige, ja man kann es schon so nennen, Kampagne kämpfen müssen. Dabei fängt die Geschichte wie üblich recht harmlos an (man gerät in einen Goblin-Hinterhalt, den man hoffentlich überlebt, um dann den fiesen Goblin-Stamm ordentlich aufzumischen), wird dann aber doch schon angemessen episch – Man spielt halt waschechte HeldInnen, die in der Region rund um den Niewinter-Wald den Tag retten :-D Dabei wird die Abenteurergruppe in schöner Regelmäßigkeit in gut ausgearbeitete Höhlen und Verliese geführt (standesgemäß mit Fallen & Geheimtüren), muss sich aber auch gelegentlich in Sozialspiel üben – Aber keine Sorge, wir sind auch in der 5. Edition immer noch bei „Dungeons & Dragons“: Die meiste Zeit wird taktisch gekämpft ;-) Leider, und das ist für mich persönlich das größte Manko des Einsteigersets, sind die verschiedenen Bodenpläne viel zu klein und beschriftet abgedruckt – Wer, so wie ich, solch taktische Kämpfe gerne mit Miniaturen ausfechtet, muss sich die Bodenpläne selber zeichnen :-( Neben dem eigentlichen Abenteuer, welches knapp mehr als zwei Drittel des Heftes ausmacht, sind auch noch einige weniger Hintergrundinformationen und Tipps für SpielleiterInnen enthalten. Zugegeben, gerade auch dank eines übersichtlichen Monster- & Gegenstände-Anhangs sowie eines Index können selbst Spielleiterneulinge halbwegs problemlos durch das Abenteuer durchleiten – Doch sollte man sich bewusst sein, dass man hierfür trotzdem etwas Vorbereitungszeit mitbringen muss, selbst wenn man vorher schon mal Rollenspiele gespielt hat. Zudem fehlen mir ein wenig die eigentlich notwendigen Hilfestellungen – Generell hatte ich den Eindruck, dass sich das Einsteigerset weniger an absolute Neulinge richtet als vielmehr an neugierige SystemumsteigerInnen; nicht nur, was die Hilfestellung angeht, sondern auch des Schwierigkeitsgrads wegen. Dafür ist hier dann aber auch wesentlich mehr Fleisch dran als beispielsweise bei den (keinesfalls despektierlich gemeint!) idiotensicheren „Star Wars“-Einsteigerboxen (Link), welche ebenfalls bei „Ulisses Spiele“ erschienen sind. Daneben enthalten sind noch ein komplettes Würfelset (W4, W6, W8, W10, W12, W20) sowie fünf vorgefertigte Charakterbögen (zwei menschliche Kämpfer mit unterschiedlichen Hintergründen, ein Hügelzwerk-Kleriker, ein schurkischer Leichtfuß-Halbling und ein Hochelf-Magier - Alle Charaktere starten auf Stufe 1 und erreichen am Ende des mitgelieferten Abenteuers die 5. Stufe). Die Charakterbögen sind dabei übersichtlich gestaltet und enthalten auch genug Hintergrundinformationen, dass man sich für den Anfang ganz gut in die jeweilige Figur hineinversetzen kann. Zudem enthalten ist ein leerer Charakterbogen, den man selbst ausfüllen kann – Also wenn man irgendwann die entsprechenden Regelwerke bei der Hand hat ;-) Der Druck- und Verarbeitungsqualität ist insgesamt gut, da will ich gar nicht meckern (auch wenn das Heftpapier ein wenig stark spiegelt), aber es haben sich einige Fehler in die Texte (Link) geschlichen. Für das Einsteigerset verlangt „Ulisses Spiele“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) glatte 25 €. Als ich die Box das erste Mal öffnete (welche wesentlich dicker ist, als sie ob des Inhalts sein müsste) war ich dann auch nicht sicher, ob der Preis für mich in Ordnung gegangen wäre. Nach gründlicher Überlegung finde ich den Preis dann aber doch in Ordnung, denn wo die rein materielle Ausstattung im Vergleich zu anderen Starterboxen abfällt (z.B. Marker, Spezialwürfel & Bodenpläne in den gleich teuren „Star Wars“-Boxen“), reißt es das Abenteuerbuch dann raus mit einer spaßigen Mini-Kampagne, die – wenn man denn taktisches Monsterschnetzeln mag – über mehrere lange Abende hinweg gut unterhält. Ein vergleichbares Abenteuerbuch, vollfarbig mit 64 Seiten, würde ja auch schon um die 15 € kosten, also sind umgerechnet 10 € für Grundregeln und Würfel für mich persönlich dann doch in Ordnung. Fazit: Ich verstehe mittlerweile, warum die neue Edition von „Dungeons & Dragons“ so gut ankommt: Es bietet noch immer die taktische Drachenjagd in Höhlen und Verliesen, die man von diesem Spiel erwartet, es geht aber doch angenehm zügig von der Hand. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, ob er auf dieses System umsteigen sollte, oder wer als EinsteigerIn gewillt ist, ein wenig Zeit zu investieren, kann mit dem „Dungeons & Dragons Einsteigerset“ (Link) einen sehr guten Eindruck der fünften Edition bekommen :-)