Seit der Escape-Trend hier in Deutschland so richtig Fahrt aufgenommen hat kommt gefühlt jede zweite Woche ein neues Brett- bzw. Kartenspiel heraus. Was keinesfalls despektierlich gemeint ist, auch mir macht dieses Genre sehr viel Spaß :-) Was mich aber beispielsweise am Platzhirsch „EXIT Das Spiel“ (Link) immer gestört hat, war der enorme Ressourcenverbrauch. Einmal durchgespielt und die Hälfte aller Spielkarten war zerrupft oder bemalt... Muss das denn sein? Nein! Ressourcenschonender sind Escape-Spielbücher wie etwa die neue „Entkommen!“-Reihe des „Mantikore Verlags“. Der Auftaktband „Die geheime Bibliothek“ wurde geschrieben von Christian & Florian Sußner (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben), welche ich zu ihrem Werk vor einiger Zeit auch schon interviewen (Link) konnte. Damals klangen ihre Versprechungen ja recht verheißungsvoll (Stichwort: Das Buch bleibt unbeschädigt), mal schauen was am Ende draus geworden ist... Rein von der Hintergrundgeschichte unterscheidet sich „Die geheime Bibliothek“ schon mal nicht von der Konkurrenz: Die SpielerInnen werden halt in einem Raum eingesperrt und müssen da wieder raus – Idealerweise in 60 Minuten. Dazu müssen sie neun verschlossene Gegenstände öffnen (vom Tresor bis hin zur Weinflasche), indem sie ziemlich verzwickte Rätsel lösen. Diese offenbaren stets einen zweistelligen Code, welcher bei Korrektheit zum nächsten Rätsel leitet. Klingt einfach, ist es aber nicht. Und das liegt weniger an den Rätseln an sich, denn die sind in sich logisch und nachvollziehbar. Sondern vielmehr an der Präsentation: In den allermeisten Fällen wird einem quasi das Rätsel (z.B. ein Bild oder ein Code) vor die Füße geworfen nach dem Motto „Jetzt sieh mal zu, was du damit jetzt anstellst...“ – Tatsächlich lag in den meisten Fällen die wahre Schwierigkeit nicht darin, das Rätsel an sich zu lösen, sondern sie lag darin, dass man erst einmal den zugrundeliegenden Rätselmechanismus herausfinden musste. Insgesamt würde ich den Schwierigkeitsgrad als fordernd bezeichnen – Unsere Testgruppe aus Escape-erfahrenen VeteranInnen brauchte drei Hinweise für glatte 90 Minuten. Und wir können uns ums Verrecken nicht vorstellen, wer dieses Escape-Spielbuch ohne Hilfe in 60 Minuten schaffen soll... Meist hilft es, sich durch die acht Notizseiten zu wühlen, welche sehr oft mehr oder minder versteckte Hinweise geben. Oder, falls alle Stricke reißen, gibt es je Rätsel auch noch einen Tipp und die Komplettlösung – Nur das kostet natürlich wertvolle Punkte ;-) Soweit, so klassisch. Was mir an „Die geheime Bibliothek“ besonders gut gefiel war die Einbindung des bildungsbürgerlichen Settings: Jedes Rätsel ist einem großen Philosophen (z.B. Platon) oder Schriftsteller (z.B. Goethe) gewidmet und steht in teils direkter Verbindung zu ihm. Es ist einfach stimmig, wenn man Rätselhinweise aus Goethes „Faust“ oder Schillers „Das Lied von der Glocke“ heraussucht anstatt sich durch irgendeinen nichtssagenden fiktionalen Text zu kämpfen :-) Fazit: „Entkommen! Die geheime Bibliothek“ (Link) wird vielen Escape-FreundInnen ziemlich viel Freude bereiten :-D Sicherlich, man sollte sich von dem Gedanken verabschieden, hier mit der Maximalwertung rauszugehen (man beweise mir das Gegenteil!), aber den Schwierigkeitsgrad mal beiseite gelassen ist es einfach ein wirklich gutes Escape-Spielbuch mit einer interessanten bildungsbürgerlichen Thematik. Da die optische Präsentation und die Druckqualität auch vollkommen in Ordnung gehen, kann man die 6,95 € für das 80seitige Softcover-Taschenbüchlein gern mal investieren :-)