Manchmal hört man von einem Spielszenario/-setting und findet das dann so blödsinnig, dass man absolut nicht mehr gewillt ist, sich in irgendeiner Art und Weise näher mit der Spielmechanik zu befassen. Tatsächlich ging es mir anfangs genau so mit „Axis & Allies & Zombies“, dem neusten Ableger der traditionsreichen Weltkriegssimulation. Denn was sollen denn trashige Zombies – deren Popkultur-Höhepunkt ja schon wieder einige Jahre vorbei ist – in so einem ernsthaften Strategieklassiker? Letztendlich war es dann eher der innere Sparfuchs, der mich dazu bewog, mir das Konzept wenigstens mal halbwegs unvoreingenommen anzuschauen. Denn als neues Einsteiger-A&A bot es (im deutschen Einzelhandel) für läppische 5 € mehr doch wesentlich mehr Spielmaterial als die bisherige Einstiegsvariante „Axis & Allies 1941“. Außerdem sollte der Spieleinstieg für A&A-Anfänger wie mich leicht wie nie fallen, da man an den Regeln geschraubt und auch noch ein Intro-Szenario eingefügt hatte. Außerdem sind Zombies ja doch irgendwie immer noch cool, also entschied ich mich für diese Variante – Wie sich herausstellte, war das rückblickend eine sehr gute Entscheidung :-D Aber worum geht es denn eigentlich genau? Im Prinzip handelt es sich bei allen „Axis & Allies“-Spielen um (mal mehr, mal weniger) deutlich komplexere Weltkriegsvarianten des „Risiko“-Spielprinzips. Das bedeutet, dass man als Herrscher einer Nation (in dieser Zombie-Variante von der Sowjetunion, Deutschland, Großbritannien, Japan den USA – die auch in dieser Reihenfolge am Zug sind) auf der gesamten Weltkarte seine Armeen (hier Infanterie, Panzer, Artillerie, Jäger, Bomber, U-Boote, Zerstörer, Schlachtschiffe, Flugzeugträger und Truppentransporter) verschiebt, um neue Länder zu erobern. Diese bringen Produktionseinkommen (IPC genannt), mit dem man wiederum neuer Truppen rekrutieren kann, um noch mehr Länder zu erobern ;-) Treffen (mindestens) zwei feindliche Armeen in einem Land aufeinander, wird die Schlacht mit W6-Proben ausgewürfelt. Dabei haben die verschiedenen Truppentypen Vor- und Nachteile, die kluge TaktikerInnen beachten sollten! Das war es eigentlich auch schon mit dem grundlegenden Spielprinzip. Eigentlich gar nicht mal so kompliziert. Aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail ;-) Auf jede einzelne der vielfachen Sonderregeln will ich jetzt gar nicht eingehen, stattdessen schreibe ich lieber etwas zum Spielablauf. Der ist fest vorgegeben, genauso wie die Reihenfolge der Nationen, deren Bündnisse (Achsenmächte gegen Alliierte) und deren Startaufstellung. Eine Spielrunde beginnt mit der größten Neuerung:
1. Man spielt eine Zombiekarte. Auf der oberen Hälfte dieser Karte steht, welches Land zombifiziert wird (daher, eine Zombiefigur betritt dieses Land und kämpft in Phase 2 gegen die Besatzer). Es können auch neutrale Länder (die ansonsten nicht betretbar wären) zombifiziert werden, diese sind dann auch Teil des Spiels. Auf der unteren Hälfte der Karte stehen kleine Boni für den aktiven Spieler, beispielsweise neue Technologien oder IPC-Boni für getötete Untote. Diese untere Hälfte ist optional, aber sind wir ehrlich, wer will schon ein Zombie-A&A ohne Kettensägenpanzer??? :-D 2. Dann greifen die Zombies in all den Ländern an, welche der aktive Spieler besitzt. 3. Sollten sie alle menschlichen Besatzer besiegt haben, übernehmen sie das Land. Es wird dann zur Zombie-Nation, welche erst wieder risikoreich befreit werden muss. 4. Dann darf der aktive Spieler seine Truppen in den Kampf schicken… 5. …die in der nächsten Phase dann die Schlachten auswürfeln und, falls siegreich, die umkämpften Länder erobern. Der IPC-Wert der eroberten Länder wird dem unterlegenen Spieler abgezogen und dem siegreichen Spieler hinzugefügt. 6. Anschließend dürfen noch die restlichen Truppen bewegt werden. 7. Nun dürfen neue Truppen mit dem bereits vorhandenen IPCs gekauft werden. Diese darf man aber nur auf einigen wenigen, speziellen Produktionsländern ins Spiel bringen und dann auch immer nur so viele Truppen, wie diese Länder an IPC generieren. 8. Zuletzt wird neues Produktionseinkommen generiert, welches man dann in der nächsten Runde ausgeben darf.
Das geht dann reihum, bis alle fünf Nationen an der Reihe waren. Dann schaut man, ob irgendjemand gewonnen hat (eine feindliche Hauptstadt wurde erobert oder die Zombies haben die halbe Welt überrannt), ansonsten startet die nächste Runde. Dabei kann so eine komplette Runde, unabhängig davon ob nun 5 SpielerInnen jeweils eine Nation spielen oder nur zwei SpielerInnen jeweils eine Fraktion (also Achsenmächte oder Allierte), gerade zu Beginn auch mal zwei Stunden dauern. Es gibt in der Startaufstellung einfach sehr viele Truppen, die sehr viele taktische Entscheidungen abverlangen ;-) Irgendwann geht es dann schneller, aber nach mehreren Testspielen scheint mir als Faustregel „20 Minuten pro Nation in der Startrunde, dann 15 in jeder weiteren Runde“ ziemlich passend. Deutlich schneller geht es, wenn man das 2-Spieler-Startszenario spielt, hier kann man mit ungefähr 10 Minuten je Nation rechnen. Nun hab ich noch gar nicht viel über die Zombies geschrieben. Um es kurz zu machen: Eine unglaublich spaßige Spielergänzung! Sie bringen viele neue taktische Optionen ins Spiel, etwa wenn man sich einen Zombie-Abwehrwall „baut“. Denn jede tote Infanterieeinheit wird automatisch zum Zombie, sodass es irgendwann selbst für große Panzerarmeen schwierig wird, sich da durchzukämpfen. Da die SpielerInnen auch tunlichst vermeiden wollen, dass zu viele Zombie-Nationen entstehen (was zur Zombie-Apokalypse führt, welche die Siegbedingungen verändert), ist man gezwungen, wirklich jedes Land abzusichern. Oder es gibt auch mal große Schlachten an Nebenkriegsschauplätzen, an denen in den historischen A&A-Spielen sonst nie irgendwas passiert ist (Genau, ich meine Dich, Brasilien!). Damit fungieren die Zombies von der reinen Spielmechanik her als eine Art Partisanenarmee, welche weltweit versucht, ihre Heimatländer zu befreien. Das bringt ein wenig Varianz in den ansonsten doch recht eingefahrenen Spielablauf, der auf einen raschen Sieg der Achsenmächte setzt (da Truppenüberlegenheit ist mit etwas Würfelglück ein Blitzsieg nach zwei Runden im Bereich des Möglichen) oder auf einen langwierigen Abnutzungssieg der Alliierten (da gerade die USA unglaublich viel IPC-Produktion haben, welche sie aber auch brauchen, um ihre Truppen erstmal über den Ozean an die Front zu schippern). Nach meinen bisherigen Testspiel-Erfahrungen tendierte die Spielbalance insgesamt leicht in Richtung Alliierte, spannend war es aber eigentlich immer bis zuletzt :-) Das Spielmaterial ist für den in Deutschland aktuell üblichen Preis von ca. 30 € durchaus akzeptabel. Es sieht stylisch aus (überall Blutspritzer) und besteht aus einen stabilen Papp-Spielplan (nebenbei bemerkt dem schönsten Spielbrett der A&A-Reihe), einem nicht ganz so stabilen, aber intuitiven Kampf-Spielbrett, fünf Spielhilfepappen, 70 Nationalpappplättchen, je dreimal sechs Würfel (rot, schwarz, weiß), fünfzig Plastik-Spielchips, 60 Zombie-Spielkarten (sowie nochmal 80 Karten extra für das originale „Axis & Allies 1942“!), Papierspielgeld und einem mit kurzen Flufftexten angereicherten, 32 Seiten umfassenden Regelheft. Außerdem enthalten sind 210 Plastik-Figuren, davon 30 Zombies, welche einen für Brettspiele akzeptablem Detail- und Qualitätsgrad haben. Negativ anzumerken ist hier aber, dass sich manche Farben eher schwierig auseinanderhalten lassen. Außerdem muss man die Plastik-Spielchips bereits beim Spielaufbau als Einheiten-Proxy verwenden, da die Figuren nicht ausreichen. Fazit: Ich war am Anfang ja total skeptisch, doch letztlich hat mich „Axis & Allies & Zombies“ (Link) wirklich begeistert. Ich möchte fast sagen, es war der beste Brettspiel-Kauf 2018! Denn diesem rundum erneuerten Strategiespielklassiker gelingt die Balance zwischen einem komplexen, taktischen „Risiko“ und einem doch überraschend eingängigen Einstieg in die A&A-Spielwelt.