Anfang der Woche zeigte ich mich ja sehr begeistert vom ersten Zyklus der „Carmen Mc Callum“-Serie (Link). Aus dem selben Verlagshaus, nämlich „Bunte Dimensionen“ aus Augsburg, kommt auch die Parallelserie „Travis“, welche gewisse Überschneidungen aufweist, inhaltlich und atmosphärisch aber einen ganz anderen Weg geht. Ob ich davon wohl genau so begeistert sein würde?
Der erste, in sich abgeschlossene Story-Zyklus der „Travis“-Reihe trägt den Titel „Die Cybernetiker“ und umfasst die ersten fünf Bände, welche jeweils 48 Seiten umfassen. Logischweise kann es jetzt bei der Inhaltsbeschreibung zu Spoilern kommen ;-)
1. „Huracan“ (Link) ist der Name der Wettermanipulationsraumstation, welche Travis, ein selbstständiger Transportunternehmer, mit seinem kleinen Raumfrachter versorgen soll. Anstatt Müsli hat er diesmal jedoch eine Terroristengruppe im Gepäck, welche die Huracan im Handstreich erobert und von dessen Betreibern 150 Millionen Dollar erpresst. Aber diese Geldforderung ist nur eine Ablenkung, denn eigentlich geht es dem Terroranführer Vlad Nyrki um Rache. Travis startet, vollkommen allein auf sich gestellt, einen Befreiungsversuch... Der erste Band legt schon richtig gut vor und erinnert ein wenig an „Stirb Langsam“ im Weltraum. Da dieser Band auch wunderbar Stand-Alone funktioniert, kann man hier mal wunderbar in die Serie hineinschnuppern.
2. Die größeren Zusammenhänge beginnen sich dem Leser erst bei der „Operation Minotaurus“ (Link) zu erschließen. Terrorist Vlad und seine Truppe bringen im guyanischen Dschungel eine Rakete zum Absturz, welche neben zwei reizenden Astronautinnen (in welche sich Travis im Zyklus-Verlauf auch verliebt, aber das ist zum Glück eher nebensächlich) auch eine neu entwickelte, genetisch veränderte Pflanze enthält. Wie es der Zufall so will, befindet sich Travis auch im Dschungel, und so entspannt sich an der Absturzstelle ein wildes Gefecht zwischen den beiden Gegnern... Interessant an diesem Band ist weniger die Geschichte zwischen Travis und Vlad (es ist schon ein weit hergeholter Zufall, dass beide zur selben Zeit am selben Ort sind...) als vielmehr die sich langsam entfaltende Hintergrundgeschichte um rivalisierende Großkonzerne, welche sich gegenseitig sabotieren und Söldner (in dem Fall Vlad) auf den Hals hetzen.
3. Eben jener Konflikt zwischen den beiden Großkonzernen weitet sich in „Die Ikarus-Regression“ (Link) weiter aus: Ein globaler Stellvertreterkrieg droht, da die verschiedenen Nationen „ihrem“ Großkonzern die Treue schwören. Der von Travis im zweiten Band gefasste Vlad kann sich bei der Überführung in ein Kryo-Gefängnis befreien und nimmt Travis und einen Konzernchef als Geisel. Travis kann Vlad zwar irgendwann überwältigen, doch lässt er sich von ihm wegen einer gemeinsamen Bekannten überzeugen, zumindest vorläufig zu kooperieren... Der dritte Band gehört für mich zu den stärksten des gesamten 1. Zyklus. Die Geschichte geht voran, neue Allianzen werden geschmiedet und erstmals hat der wahre Strippenzieher im Hintergrund seinen großen Auftritt.
4. Krieg ist keine Lösung, finden die Vereinten Nationen in „Das Oslo-Protokoll“ (Link). Deshalb laden sie zu Friedensgesprächen zwischen den beiden verfeindeten Großkonzernen. Stattfinden sollen diese auf einer neutralen Raumstation – Keine gute Idee, wie wir ja schon im ersten Band gelernt haben ;-) Im Prinzip ist dieser vorletzte Band fast genau dasselbe wie der erste Band, nur in viel größer und epischer: Die Raumstation und damit letztendlich auch die Welt ist bedroht – diesmal allerdings von einer Super-KI und nicht von den Terroristen, die sie im ersten Band angeheuert hat – und Travis rettet den Tag :-P Letztendlich werden die Konzernkriege nochmal abgewendet, sodass der vierte Band eigentlich ein schönes, vielleicht viertel-offenes Ende hätte sein können...
5. ...ist es aber nicht, denn da gibt es noch den Finalband „Cybernation“ (Link). Travis will eigentlich, nachdem er die Welt gerettet hat, nur mit seiner Astronauten-Freundin ausspannen. Doch noch ist die Super-KI nicht besiegt, denn sie lässt die beiden Turteltäubchen entführen – Und sie unterbreitet Travis ein Angebot, welches er nicht ablehnen kann... Der Finalband hätte nicht sein müssen, aber es ist gut, dass er da ist. Die restlichen offenen Fragen werden beantwortet, die plötzliche Allianz mit dem Oberschurken ist überraschend und das Ende ist ein kleiner, aber feiner Mindfuck. Kurz: Großartig, genau wie der Rest der Serie!Wie unterhaltsam der erste „Travis“-Zyklus ist, kann ich vielleicht am besten damit beschreiben, dass ich mir fest vorgenommen hatte jede Tag einen Band zu lesen. Das funktionierte beim Auftakt „Huracan“ auch noch problemlos, da die Geschichte in der Form auch als Stand-Alone gelesen werden konnte. Sobald ich dann aber den zweiten Band fertig hatte, war ich so Feuer und Flamme, dass es gleich noch der dritte Band sein musste. Und dann gleich noch der vierte und dann der fünfte... Die action- wie wendungsreiche Geschichte übt einen enormen Sog aus, sodass man quasi gezwungen ist, alle Bände am Stück durchzulesen. Binge Reading sozusagen ;-) Das lag zweifelsohne am konstant hohen Spannungsbogen, welcher gerade durch die mehrfachen Wechsel der Verbündeten und die schrittweise Aufdeckung der ganz großen Intrigen wirklich sehr unterhaltsam war. Dazu kam das dystopische Setting und die glaubwürdige Atmosphäre. Auch die Antagonisten, allen voran Vlad, haben es mir angetan :-) Dem Gegenüber sind die Protagonisten allesamt recht blass, aber im Action-Reigen geht das irgendwie auch unter. Wie schon bei „Carmen Mc Callum“ merkt man den Zeichnungen ihr Alter ein wenig an, trotzdem sind sie sehr liebevoll und stimmig. Persönlich hätte ich mir da nur gewünscht, dass sich der Zeichner bei den Gesichtern etwas mehr Mühe gibt, um die Emotionen besser zu transportieren. Aber sei es drum, hier kommt richtig Atmosphäre rüber. Die Druckqualität ist, wie von „Bunte Dimensionen“ gewohnt (welche mir dankenswerterweise Rezensionsexemplare zur Verfügung stellten), gut, sodass der Preis von 13 € je 48-seitigem Hardcover vollkommen in Ordnung geht. Fazit Der 1. „Travis“-Zyklus „Die Cybernetiker“ (Link) ist ein absolutes Fest für SciFi-Fans! Absolut empfehlenswert!