Wenn sich vier Kreativteams an ein Thema wagen und dieses dann ganz individuell interpretieren, dann ist es nur logisch, dass man als LeserIn mit einem eher schwankenden Niveau konfrontiert wird. Beispielsweise bei der „Androiden“-Miniserie, die nach den beiden grandiosen SciFi-Bänden „Wiederauferstehung“ (Link) und „Glücklich wie Odysseus“ (Link) mit dem post-apokalyptischen „Invasion“ (Link) auf dramatische Art scheiterte. Nun ist endlich der letzte Band „Kielkos Tränen“ erschienen, welcher genremäßig in Richtung Psycho-Thriller-Krimi angesiedelt ist – Und da stellt sich natürlich die Frage, ob er es nochmal rausreißen kann? Kielko ist ein moderner Service-Androide, der für die Familie Morgan eine Art Mädchen für Alles ist. Er führt den Haushalt, zieht den Sohn groß, verwaltet die Finanzen, fährt den Wagen und verbindet auch mal das ein oder andere Wehwehchen. Soweit, so normal. Doch Kielko hat auch eine verborgene Seite, die niemand mitbekommt: Er beobachtet seine Umgebung genau (etwa die Eltern beim Sex), er liest & schaut für Androiden verbotene Medien, er experimentiert (auch an sich selbst) herum und verknüpft dann alle gesammelten Erfahrungen zu neuen Erkenntnissen, die seine Programmierung weit übersteigen. Das bleibt anfangs noch unbemerkt, aber als im Umfeld von Mr. Morgan eine Mordserie beginnt und der Hausherr in Verdacht gerät, muss sich Kielko zwischen seiner Loyalität und den drei Asimov'schen Gesetzen der Robotik (welche das grundlegende Thema der gesamten Miniserie sind) entscheiden... Der offensichtlichste Unterschied dieser erneut in sich abgeschlossenen Geschichte im Vergleich zu den drei anderen „Androiden“-Bänden ist tatsächlich gar nicht mal das Genre (ein Psycho-Thriller-Krimi anstatt verschiedener Dystopie-Variationen), sondern die fehlende „Epicness“. Hier entscheidet ein Androide eben mal nicht über das Schicksal der Menschheit; stattdessen versucht ein ganz normaler Durchschnittsandroide einfach nur die Limitierungen seiner Programmierung (und damit der drei Robotikgesetze) zu sprengen. Und wer hätte es gedacht: Nicht nur, dass diese Herangehensweise eine wundervolle und zugegeben auch langersehnte Abwechslung bietet, sie funktioniert als Geschichte auch noch ganz wunderbar! Die vier handelnden Figuren (Kielko, der klar im Zentrum der Handlung steht, sowie Vater, Mutter & Kind Morgan) entwickeln in einer Art erweitertem Kammerspiel ihre ganz eigene Dynamik. Für einen so schmalen Band sind sie alle glaubwürdig genug ausgearbeitet, sodass die plötzliche Mordserie und die nachvollziehbaren Verdächtigungen tatsächlich nicht nur Familie Morgan, sondern auch die LeserInnen erschüttern. Einen großen Anteil haben dabei die gelungenen, sehr atmosphärischen Zeichnungen von Viska – Ziemlich rasch hat man beim Lesen ein mulmiges Gefühl, wenn man nachts die leuchtenden Augen von Kielko aus der Dunkelheit starren sieht... Wie alle anderen „Androiden“-Bände zuvor beziehungsweise wie eigentlich generell bei allen Comics liefert der „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsmuster zur Verfügung stellte) wieder hervorragende Druckqualität ab, sodass der Preis von 15,80 € für das 56 Seiten starke Hardcover vollkommen in Ordnung gehen. Fazit: Nach einem schwachen 3. Band knüpft „Androiden #4 Kielkos Tränen“ (Link) gerade auch wegen einem überraschenden Genre-Wechsel wieder an die Großartigkeit der ersten beiden Bände an und ist damit ein würdiger Abschluss der Miniserie.
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