Zu den wohl inhaltlich schwierigsten und diskussionswürdigsten Comics, die ich in meiner „Rezensentenkarriere“ bisher lesen durfte, gehört zweifelsohne das Selbstjustiz-Drama „KILL or be KILLED“ (Link) rund um die Erlebnisse eines depressiven Massenmörders. Der preisgekrönte Starautor Ed Brubaker erschuf für diese ungemein atmosphärisch erzählte Serie jedoch einen so ambivalent und glaubwürdig charakterisierten Protagonisten, dass ich vom ersten Sammelband einfach nur begeistert war. Nun erschien der zweite Band und ich war natürlich gespannt, wie weit die Geschichte an der Eskalationsspirale drehen würde. Eine kleine Rekapitulation des ersten Sammelbandes: Der depressive Student Dylan ist ein echter Versager. Er versagt sogar dabei, sich nach einer missglückten romantischen Eskapade das Leben zu nehmen. Stattdessen trifft er auf einen Dämon, der ihm ein moralisch äußerst fragwürdiges Angebot macht: Wenn er nicht jeden Monat einen Menschen tötet, wird er sterben. Nun könnte er dieses Angebot natürlich dazu nutzen, um doch endlich den herbeigesehnten Tod zu finden, aber stattdessen lässt er sich schweren Herzens auf diesen Deal ein... Um seine Taten vor sich selbst zu rechtfertigen, will er in einem Akt der Selbstjustiz nur schuldige Personen töten; beispielsweise einen Bordellbetreiber der russischen Mafia. Die wiederum will dafür Rache und fängt an ihn zu jagen – Genau wie die komplette New Yorker Polizei, als er auf frischer Tat von zwei Streifenpolizisten entdeckt wird. So unter Druck gesetzt wird es für Dylan immer schwerer, sich passende Opfer auszusuchen. Auch von einer ganz unerwarteten Seite kommen neue Probleme auf ihn zu: Gleich zwei seiner Exfreundinnen (darunter Kira, wegen derer Zurückweisung er sich ursprünglich umbringen wollte) wollen wieder etwas mit ihm anfangen – Was zu immer neuen Komplikationen führt... Ed Brubaker führt sein Selbstjustiz-Drama im zweiten Sammelband konsequent weiter: Dylan findet sich in seiner Rolle als Selbstjustiz-Massenmörder immer besser zurecht und kommt mit seinen Taten langsam auch moralisch gut klar. Doch ziehen seine früheren Taten immer weitergehende Konsequenzen nach sich, welche immer mehr auch seine Freunde und Familie bedrohen. Im Verlauf der Handlung löst sich der Fokus dabei teilweise von Dylan, um stattdessen altbekannte Figuren tiefergehend zu charakterisieren (Kira wird ein ganzes Kapitel gewidmet, da sehe ich noch sehr viel Potential für kommende Bände) oder um neue Figuren wie die ehrgeizige Polizistin Lily einzuführen. Dadurch wird die Geschichte ungemein bereichert! Erzählerisch bleibt das Niveau dabei konstant hoch, genauso wie die Qualität der Zeichnungen. Weiterhin sind diese dank toller Zeichnungen und einer kraftvollen Kolorierung sehr atmosphärisch. Unwillkürlich wird man durch sie als LeserIn in die düstere Welt von „KILL or be KILLED“ hineingezogen! Konstant hoch ist auch die Druckqualität des „Splitters Verlags“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat), der für 176 Seiten im Hardcover – die man wie im Rausch durchliest – durchaus angemessene 24,80 € haben möchte. Fazit: Wer schon von dem ersten Sammelband der Selbstjustiz-Comicreihe begeistert war, wird auch von „KILL or be KILLED #2“ (Link) begeistert sein. Ich bin beeindruckt, dass Ed Brubaker es schafft bei einem Thema, bei dem man so viel falsch machen kann, alles richtig zu machen. Erneut eine Kaufempfehlung an erwachsene LeserInnen!
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