Wer meinen Bericht von der diesjährigen Messe SPIEL (Link) gelesen hat, erinnert sich vielleicht noch daran, dass ich weniger von den großen Brettspiel-Blockbustern als vielmehr von den kleinen Indie-Kartenspielen angetan war :-) Besonders im Gedächtnis blieb mir dabei der Selbstverlag „Herbertz Entertainment UG“ (Link), dessen „Das Katastrophenspiel“ mir der Autor und Verleger Kai höchstselbst in einer Demo-Runde vorstellte. Dass es – man verzeihe den schlechten Wortwitz – deshalb spielerisch keine Katastrophe war, wusste ich schon vor dieser Rezension. Aber würde dieses kleine Kartenspiel auch im Langzeittest bestehen?
Ein großer Vorteil von „Das Katastrophenspiel“ ist zweifelsohne die niedrige Einstiegshürde: Nach kaum 5 Minuten Regelerklärung hat man die grundlegenden Mechanismen begriffen, die Karten ausgelegt und kann beginnen. Jeder Spieler verkörpert eine nicht näher genannte europäische Katastrophenschutz-Einrichtung, welche in jeder Runde versucht immer neue Katastrophen (z.B. Dürren, Epidemien, Kernschmelzen, Hochwasser) zu bekämpfen. Dazu reist man von Kontinent zu Kontinent – mitunter buchstäblich dahin, wo es gerade brennt ;-) – und versucht diese Gefahren mit seinem aus anfangs vier Spezialisten bestehenden Team zu bannen. Gerade die größeren Katastrophen stellen allerdings so hohe Anforderungen, dass man sich alsbald neue Ausrüstung (z.B. Fahr- und Flugzeuge) sowie neue Teammitglieder kaufen muss. Am Ende gewinnt schließlich das Team, welches nach acht Runden die meisten Punkte für bekämpfte Katastrophen erhalten hat.
Wie genau funktioniert „Das Katastrophenspiel“ nun? Jeder Spieler darf in seinem Zug zwei Aktionen durchführen: Man kann auf einen anderen Kontinent reisen, neue Karten kaufen oder eine Mission absolvieren. Hierbei stellt jede der fünf ausgelegten Katastrophenkarten an den Spieler bestimmte Anforderungen, welche als Symbole angezeigt werden. Flammen beispielsweise für Brandschutz bzw. Feuerbekämpfung und das Peace-Zeichen für Frieden. Nun wählt der Spieler aus seinem Ausrüstungs- und Spezialistenpool die notwendigen Karten, welche ebenfalls diese Symbole tragen. Beispielsweise hätte ein Feuerlöscher ein Flammensymbol, Operationsbesteck zwei Erste Hilfe-Symbole etc. - Hat man davon genug Karten, um die Katastrophe zu bekämpfen, bekommt man Siegpunkte und Geldprämien. Schlimmere Katastrophen, welche mehrere Symbole erfordern, bringen dabei natürlich mehr Belohnung. Ebenso ist die Ausrüstung, welche teurer ist, natürlich wertvoller. Ausrüstung wird dabei durch die Benutzung verbraucht, während Teammitglieder und Fahrzeuge dauerhaft zur Verfügung stehen. Manche Karten besitzen ein Würfelsymbol, dies erlaubt dem Spieler sich ein fehlendes Symbol zu erwürfeln, wenn er über die jeweils angegebene Erfolgsschwelle kommt. Ist die Mission gelungen, wird vom jeweiligen Kartenstapel eine neue Katastrophe gezogen, und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Eigentlich war es das auch schon mit den Regeln. Wirklich einfach, oder? Das in deutsch und englisch beiliegende Regelwerk (Link zur deutschen PDF) erklärt den Spielablauf dabei wirklich vorbildlich, sodass einer Kartenspiel-Karriere als Katastrophenbekämpfer nichts im Weg steht :-D Darum nochmal diesen schlechten Wortwitz vom Anfang: „Das Katastrophenspiel“ ist kein Katastrophenspiel :-P OK, ich verspreche, den Witz mach ich nicht nochmal. Würde auch gar nicht passen, denn jetzt wird es ernst. Ein wenig Kritik habe ich dann nämlich leider schon. Spielerisch ist zwar alles gut (vielleicht ein Tick zu viel Zufallsfaktor beim Kartenziehen, aber das haben Kartenspiele ja so an sich ;-)), die Präsentation ist aber leider mehr als mau und hat mich damals schon bei der Demo-Runde eher an einen Prototypen denn ein verkaufsfertiges Produkt erinnert :-( Die größte Schwäche ist dabei eigentlich sogar einer intelligenten Idee geschuldet: Fans konnten sich mit ihrem Foto als Teammitglieder im Spiel verewigen. Leider sehen viele Bilder aber eher aus, als hätte nicht wenige Foto-Spender mal schnell ein Selfie zwischendrin geschossen oder ein misslungenes Bewerbungsfoto geschickt, so dass dieser Stil-Mischmasch (hier wären mir noch einige schlimme Worte eingefallen ;-)) stark die Immersion mindert :-( Generell ist die grafische Präsentation sehr einfach geraten (ärgerlich vor allem, dass die Bilder unterschiedlich groß sind, hier wäre ein Einheitslayout angebracht gewesen), allerdings dabei auch sehr funktionell. Gerade auch bei den leeren Seiten im Handbuch (der Rückseite des Spielplanes, der übrigens in kleiner Form auch auf der Verpackung selbst abgedruckt ist) sieht man, wie viele Gedanken sich Kai ob der Funktionalität gemacht hat :-)
Enthalten sind 110 Spielkarten, 5 Spielfiguren, 31 Spielmarker und einen sechsseitigen Würfel. Der Preis von unter 20 € (in der aktuell einzigen Online-Bezugsquelle (Link) zum Testzeitpunkt 18,95 €) ist, gerade wenn man bedenkt dass es sich um einen winzigen Selbstverlag (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) handelt, für den Umfang durchaus angemessen.
Fazit: OK, einmal doch noch :-P „Das Katastrophenspiel“ (Link) ist keinesfalls ein Katastrophenspiel, sondern ein wirklich gut funktionierendes, schnelles und spaßiges Kartenspiel für 2 – 5 Spieler. Wer sich nicht an der sehr schlichten Präsentation stört, wird hier immer mal wieder ein Stündchen Spaß haben :-)