Nachdem ich vor einem viertel Jahr schon das „STRATAK WARS: Test- und Reiseset“ ausprobiert habe, wagte ich mich nun sozusagen an die Vollversion ;-) Mit „STRATAK WARS: Der Auftakt“ erschuf der Autor und gleichzeitig auch Verleger René Lamotte (rechts im Bild) eine an den Klassiker „Risiko“ erinnernde, ebenso taktische wie regelleichte Konfliktsimulation (neudeutsch CoSim). Überraschenderweise hat die Vollversion aber, gerade im Vergleich zum Testset, einige Schwächen. Worum geht es aber überhaupt? Vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges (den man aber getrost vernachlässigen kann, die einzigen Verweise darauf sind die Optik der Pappplättchen; allerdings kann man sich, quasi als Erweiterung, eine Europa-Spielfeld (Link) dazukaufen) versuchen zwischen 2 und 6 Spielern abwechselnd Städte zu erobern. Dabei dürfen pro Runde bis zu insgesamt zehn Panzer, Jagdbomber, Bomber und Landungsschiffe auf einem mit Hexfeldern überzogenen Spielfeld verschoben werden. Jede in einer Runde neu besetzte Stadt bringt Punkte, für die man gleich in der selben Runde noch neue Einheiten produzieren lassen kann. Stehen zwei verfeindete Einheiten in benachbarten Feldern, darf der attackierende Spieler sich eine Zieleinheit aussuchen und diese mit 2W6 + Einheitenbonus angreifen. Der verteidigende Spieler greift gleichzeitig ebenso mit 2W6 + Einheitenbonus an, der Spieler mit dem höheren Wert gewinnt. Bei einem Unentschieden verlieren beide Spieler. Und wozu das Ganze? Am Ende einer zuvor festgelegten Spielzeit (Empfehlung des Autors: 30 Minuten je Spieler) werden die insgesamt besetzten Städte zusammengerechnet, wer die meisten Eroberungen vorweisen kann hat gewonnen. Im Prinzip waren das schon die Basisregeln, welche durchaus übersichtlich und verständlich auf zwei DIN-A4-Seiten erklärt werden. Mitsamt einiger Beispiele und zweier Bilder sollte es jedem Spieler nach einem zehnminütigem Regelstudium möglich sein in den Krieg der Pappplättchen zu ziehen :-) Wie läuft so ein Spiel dann eigentlich ab? Zu Beginn legt man neben der Spielzeit auch das Spielfeld fest. Dem Grundspiel beiliegend sind sechs doppelseitig bedruckte Spielfelder, welche man ganz nach Wunsch zusammenlegen kann. Beispielsweise könnte man eine einzige große Insel legen oder aber zwei oder gar vier gegenüberliegende Kontinente, welche durch ein breites Meer voneinander getrennt sind. Natürlich kann man die Spielfeldgröße auch anhand der Anzahl der Teilnehmer bestimmen und so das Spielgefühl verändern: Ich persönlich fand die Formel „1 Spielfeld je Spieler“ passend, da ging es rasch ran an den Feind, spätestens in der zweiten Runde musste jeder Spieler kämpfen. Allerdings habe ich auch beispielsweise mal drei Spieler auf sechs Spielfeldern ausprobiert, das war deutlich langsamer und auf Abnutzungsschlachten ganzer Armeemassen ausgelegt, da die Spieler zu Beginn mehrere Runden Zeit hatten gefahrlos neutrale Gebiete zu besetzen um genügend Nachschub zu ordern. Hat man sich dann für ein Spielfeld und die Spielzeit entschieden, geht’s schon los: Der Spieler mit dem höchsten Initiativwurf sucht sich sein Heimatland aus. Auf jede Heimatstadt kommt ein Panzer, zusätzlich darf man 30 Nachschubpunkte verteilen. Das sind entweder 15 Panzer (die kosten nämlich 2 Punkte, sind dafür langsam und kampfschwach, dürfen aber Städte erobern), 5 Flieger (sowohl Bomber als auch Jagdbomber kosten 6 Punkte, die können sich weit bewegen und haben verschiedene Angriffsboni) oder auch 7 Landungsschiffe (OK, siebeneinhalb, weil es nur 4 Punkte kostet ;-)). Haben alle Spieler ihren Aufbau abgeschlossen, geht es reihum im Uhrzeigersinn. Jeder Spieler darf 10 Einheiten aktivieren und dabei auswählen, ob er erst kämpft oder erst eine Bewegung durchführt. Die benutzte Einheit wird dann auf den Rücken gedreht, sodass man erkennt wie viele und welche Einheiten schon genutzt wurden. Beendet eine Panzereinheit ihre Bewegung in einer fremden/gegnerischen Stadt, dann wurde diese erobert. Sie erhält einen Besitzmarker, der am Ende der Runde wichtig ist um festzustellen wie viel Nachschubpunkte man erhält (kleine Städte bringen gerade mal zwei Punkte, Industriestädte dagegen vier und Hauptstädte sogar sechs). Mit diesen Nachschubpunkten kann man dann am Ende seiner jeweiligen Runde neue Einheiten kaufen, wobei Panzer und Landungsschiffe nur in Industriestädten (letztere natürlich nur, wenn die Stadt am Wasser liegt) und Flieger nur in Hauptstädten gebaut werden dürfen. Hat man ein feindliches oder neutrales Land gänzlich erobert, darf man auch dort neue Einheiten produzieren. Übrigens sollten die Nachschubpunkte in der jeweiligen Runde komplett ausgegeben werden, da man sie sich nicht aufsparen darf. Was macht man dann mit den Einheiten? Kämpfen natürlich! Dazu muss das eigene Feld an das Feld einer gegnerischen Einheit grenzen. Gekämpft wird ganz simpel mit einer einfachen 2W6-Vergleichsprobe. Je nachdem, mit was für einem Einheitentyp man attackiert, gibt es noch kleine Boni: Jagdbomber haben einen Vorteil von +2 gegen Bomber und Panzer, Bomber sogar einen Vorteil von +3 auf Panzer und die Sonderregel, dass bei einem erfolgreichen Angriff weitere auf dem Feld befindliche Einheiten (man darf seine eigenen Truppen stapeln) mit einer jeweils 50/50 Chance zerstört werden. Außerdem darf jede erfolgreich angreifende Einheit weitere Einheiten angreifen, bis der Angreifer selbst zerstört wurde oder der Spieler keine Lust mehr hat ;-) Außerdem kann man die Einheiten natürlich auch bewegen, wobei man das Gelände beachten sollte: Jagdbomber können 5, Bomber 4 Felder weit fliegen. Panzer schaffen auf der Ebene maximal 2, in Wald und Steinwüste gar nur 1 Feld. Über Berge kommen sie gar nicht, und bei Flussüberquerungen bedarf es einer Warterunde. Landungsschiffe fahren drei Wasserfelder weit. Ich glaube, jetzt habe ich die Basisregeln umfangreicher beschrieben, als wie sie im Regelheft stehen :-P Dabei habe ich sogar schon ein wenig vorgegriffen, denn Landungsschiffe sind eigentlich Teil der Regeln für Fortgeschrittene. Diese Erweiterungen machen aus „STRATAK WARS: Der Auftakt“, welches man mit den Basisregeln eher als taktisches Würfelspiel im Stil von „Risiko“ bezeichnen kann, eine anspruchsvolle Schlachtensimulation. Zu den Regeln gehören Abzüge für Mehrfachangriffe (für jeden weiteren Angriff, den ein siegreicher Angreifer versucht, werden jeweils -1 von der 2W6-Probe abgezogen) und Geländevorteile für Landeinheiten (jede höhere Geländeebene bringt jeweils +1 Bonus). Außerdem gibt es, typisch für alle Spiele von René Lamotte, auch noch allerlei Alternativregeln. Beispielsweise könnte man verbieten, dass Bomber andere Bomber angreifen. Oder dass Flieger nur eine begrenzte Reichweite haben und sich nur 5 (Jagdbomber) oder 12 (Bomber) Felder von einer eigenen Stadt entfernen dürfen. Außerdem enthalten sind Regeln für weitere Einheiten, die es nicht in die Grundbox geschafft haben, etwa Infanterie, Flak, Transportflieger und Brücken. Die muss man sich dann nämlich hinzukaufen, was ein kleiner Kritikpunkt ist. Mit 6 € sind die gar nicht mal teuer, aber für den Preis von 44 € für das Grundspiel hätten es ruhig noch mal ein oder zwei Einheitentypen mehr sein können. Das war in meinen Testrunden mit jeweils 3 bis 6 verschiedenen Spielern dann auch einer der Kritikpunkte: Durch die effektiv drei Einheitentypen (das Landungsboot wurde, so ich mich recht erinnere, nur in einem Spiel genutzt) verkommt das Spiel mit den Basisregeln gelegentlich zu einer stupiden Würfelorgie. Denn im Prinzip nutzt man, trotz Bombern und Jagdbombern, doch primär riesige Panzerarmeen, da nur diese Städte erobern können. Und so gering ist die Chance dann auch nicht, mit einem Panzer – welcher nur 1/3 eines Fliegers kostet – trotz dem Luftangriffsbonus zu siegen. Die Kämpfe wurden von den Spielern durchgehend als zu glücksabhängig kritisiert. Erst mit den Regeln für Fortgeschrittene, also den Mehrfachangriffsabzügen und dem Geländevorteil, kommt ein gehobener taktischer Anspruch hinzu. Jedoch, gerade wenn man als Vergleich das „STRATAK WARS: Test- und Reiseset“ nimmt, bei dem man als weiteren Einheitentyp Infanterie nutzen kann, wäre mit zunehmender Einheitenvielfalt der Spielspaß und der taktische Anspruch stark vermehrt gewesen, ohne viel Zugänglichkeit einzubüßen. Ein weiterer Kritikpunkt meiner Testspieler bestand, allerdings vor allem bei großen Gruppen, in der großen Passivität der nicht-aktiven Teilnehmer. Wenn man nicht gerade angegriffen wird, hat man nämlich gar nix zu tun, außer vielleicht ein wenig zu planen welche Stadt man nun angreifen wird – Nur damit diese Planung durch den nächsten Spielzug des Mitspielers verworfen wird :-P Dies liegt nach Meinung der Testspieler primär daran, dass man bereits an seinem eigenen Zugende Nachschub kaufen muss und die Punkte nicht aufsparen darf. Wäre dies der Fall, könnte man einerseits in der nächsten eigenen Runde viel besser auf die Aktionen der Mitspieler reagieren und andererseits hätte man auch noch mehr Denkarbeit, um die passive Zeit zu füllen. Der letzte Kritikpunkt bezieht sich auf den Regelmechanismus, dass man am Ende einer Runde für neu eroberte Städte Nachschubpunkte bekommt. Dies führte in der Praxis nämlich dazu, dass die Spieler gar nicht unbedingt gewillt waren, die eroberte Stadt auch zu halten. Denn wenn man diese an den Gegenspieler verlor und dann in der nächsten Runde erneut eroberte, gab es wieder neue Nachschubpunkte. Das ist vielleicht ein wenig Powergaming, aber tatsächlich hätte man diesen Regelmechanismus eventuell eleganter lösen können, indem man eine Stadt bis zu seiner neuen Runde halten muss um die Punkte zu bekommen. Womit wir beim vorherigen Kritikpunkt wären ;-) Aber mal genug der Kritik! Denn letztendlich macht „STRATAK WARS: Der Auftakt“ eine Menge Spaß. Selbst in der komplexeren Variante ist es noch die zugänglichste mir bekannte CoSim. Perfekt, um sich mit diesem Nischen-Genre vertraut zu machen oder auch um mal ein, zwei Stündchen lang ein paar Schlachten zu schlagen :-D Die Anleitung ist, wenn auch nicht ganz optimal strukturiert, verständlich aufgebaut und das Spiematerial ist optisch und qualitativ auf gewohntem CoSim-Niveau – Pappplättchen halt :-P Enthalten sind in der stabilen Box sechs beidseitig bedruckte Spielfelder, 720 Spielmarker für 6 Spieler, zwei Würfel, sechs Plastiktütchen und zwei jeweils vierseitige DIN-A4-Regelhefte (deutsch, englisch). Gerade wenn man bedenkt, dass da ein enthusiastischer Kleinstverlag (Link) einen winzigen Nischenmarkt bedient, ist der Preis von 44 € auch angemessen. Besonders im Vergleich zu anderen, ähnlich ausgestatteten CoSims. Wer sich für solch einen Krieg der Pappplättchen interessiert, kann hier also bedenkenlos zugreifen :-D Fazit: Trotz einiger Kritikpunkte ist „STRATAK WARS: Der Auftakt“ meine Empfehlung für alle Taktiker, die sich das CoSim-Hobby interessiert. Die simplen Basisregeln sind sehr einsteigerfreundlich, sein wahres Potential entfaltet das Spiel aber erst mit den Fortgeschrittenen- und Alternativregeln. PS: Danke an den "STRATAK"-Verlag (Link) für das Rezensionsexemplar. PPS: Danke an Paul vom Würfelpech e.V. (Link) für die Fotos :-)