Obwohl ich eigentlich ganz schön viele Comics & Graphic Novels lese (um einiges mehr, als ich hier im Blog bespreche), haben es doch recht wenige geschafft, mich emotional so aufzuwühlen, dass ich noch wochenlang daran gezehrt habe. Bisher haben das eigentlich nur (und da eher wegen biografischer Anknüpfungspunkte) „Blankets“ und „Jimmy Corrigan – Der klügste Junge der Welt“ geschafft, wobei gerade der letztgenannte Titel noch nicht mal wirklich unterhaltsam war :-P Aus diesem Duo wird nun also ein Trio, denn mit „Magdas Apokalypse“ vom Comic-Spezialisten „Splitter Verlag“ erscheint ein ebenso skandalträchtiger wie aufrüttelnder Coming-of-Age-Comic, welcher mit seiner emotional nachwirkenden Geschichte die Grenzen des Genres auslotet. Wie kann man den 13. Geburtstag eines jungen Mädchens wohl am besten versauen? Indem man ihr einen Tag vorher sagt, dass in exakt einem Jahr die Welt untergehen wird... Den einjährige Weg in die Apokalypse zeichnet diese Graphic Novel anhand des Lebens der Protagonistin Magda nach. Diese ist geistig und körperlich noch eher ein Kind, doch will sie im Anbetracht des drohendes Untergangs ihr verwehrtes Leben im Schnelldurchlauf genießen: Sie fängt an Sex zu haben (inklusive Schwangerschaftstest, weil man ja nicht aufgepasst hat ;-)) und Rauschmittel zu konsumieren, sie wird gar kriminell und pfeift auf Regeln & Normen – Was sie natürlich von ihrem immer verzweifelter agierenden Elternhaus entfremdet, von dem sie sich nach und nach abkapselt. Aber so schlimm der (negativ formuliert) Absturz oder auch das (positiv formuliert) Erwachsenwerden von Magda auch abläuft, ihr Schicksal steht hier nur prototypisch für eine an dem Wissen um die eigene Endlichkeit zugrunde gehende, zutiefst hedonistisch-dekadenten Gesellschaft - Sowohl im unmittelbaren Familienumfeld (Magdas Vater brennt mit seiner Geliebten durch) als auch gesamtgesellschaftlich (soziale Normen gelten nicht mehr, die staatliche Versorgung & Infrastruktur bricht zusammen). Objektiv betrachtet ist diese Graphic Novel ganz großartig: Eine zwar, da der Handlungszeitraum exakt ein Jahr umfasst, unglaublich dicht gedrängte, aber doch nachvollziehbare Coming-of-Age-Geschichte, welche mehrfach überaus unangenehme Themen (bis hin zu Vergewaltigung und Gewalt) anspricht. Zudem funktioniert der erzählerische Rahmen mit der immer mehr Auswirkungen zeigenden, drohenden Apokalypse prächtig; atmosphärisch ist dieses Buch herausragend. Soviel zum objektiven Teil. Subjektiv empfinde ich, zumindest Teile dieses Buches, als überaus skandalträchtig: Muss man wirklich Sex zwischen Kindern (Magda ist vor wenigen Wochen 13 geworden, ihr „Freund“ scheint jetzt auch nicht viel älter) und deren Selbstmord so ästhetisch darstellen? Es gab einige solcher, wenn auch nicht expliziter, Szenen in dieser Geschichte, bei denen ich das Buch kurz beiseite legen musste, um durchzuatmen. Obwohl das Coming-of-Age-Genre ja gerne mal auf solche Kundschaft schielt, ist„Magdas Apokalypse“ ist definitiv keine Graphic Novel für LeserInnen in Magdas Alter. Ich will nun nicht unbedingt eine Altersempfehlung geben, aber dringendst darauf hinweisen, dass im Anbetracht der vielen Trigger-Punkte und der desillusionierenden Atmosphäre nur emotional stabile Personen eine Lektüre wagen sollten. Zurück zur Objektivität: Erzählerisch, vor allem aber auch zeichnerisch ist „Magdas Apokalypse“ wirklich gelungen. Die stimmungsvolle Kolorierung, aber auch die trotz deutlichem Comic-Stil trefflich dargestellten Emotionen tragen maßgeblich zur Atmosphäre bei. Zudem ist die Druckqualität wie immer beim „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) hervorragend, sodass der Preis von 24,80 € für das 192 Seiten starke Hardcover voll in Ordnung geht. Fazit: „Magdas Apokalypse“ (Link) ist eine für emotional stabile Erwachsene toll erzählte und schön gezeichnete Coming-of-Age-Story, welche mit einer skandalträchtig ästhetisierenden Darstellung die Grenzen des Genres auslotet.
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