Shootingstar ist ein so inflationär gebrauchtes Wort, da möchte ich es eigentlich gar nicht schreiben. Wenn es aber eine Nachwuchsautorin schafft, ihr Erstlingswerk in einem renommierten Fantasy-Verlag zu veröffentlichen und sich die Szene-BloggerInnen und die LeserInnen mit Lob nur so überschlagen, dann kann man dieses Wort doch mal aus der rhetorischen Mottenkiste heraus kramen ;-) „Opfermond“ heißt der Fantasy-Thriller, mit dem Elea Brandt (Link) gerade Furore macht und bei so viel Begeisterung um mich drumherum war ich dann doch ganz schön neugierig, ob die Lorbeeren (in einer Rezension las ich, es wäre das beste Buch des Jahres) denn gerechtfertigt sind... „Opfermond“ spielt in einer eigens entworfenen, an den mittelalterlichen Orient angelehnten Fantasy-Stadt namens Ghor-el-Chras. Eine gnadenlose Theokratie, in der auch gerne mal mit Hilfe der Unbestechlichen Politik gemacht wird. Diese Unbestechlichen sind ein Kult aus Auftragsmördern, welche ihrer Profession überraschend offen nachgehen können. Einer dieser Kultisten ist der mittlerweile gealterte Varek, welcher ausnahmsweise mal niemanden umbringen soll. Ganz im Gegenteil, diesmal soll er den Mord an einem verzogenen Alchemisten-Sohn aufdecken. Genau diesen Mord sah die junge Prostituierte Idra, welche jedoch versucht aus diesem Wissen (und ihrer Leichenfledderei) einen eigenen Vorteil zu ziehen... Während Varek nun mit seinen Ermittlungen und Idra mit ihrem täglichen Überlebenskampf beschäftigt sind, bemerken sie nicht eine viel größere Gefahr, welche die gesamte Stadt auslöschen könnte und welche, natürlich, mit eben jenem Mord zusammenhängt: Denn bald ist der Opfermond... Eigentlich will und kann ich jetzt gar nicht mehr über die Handlung schreiben, denn wie bei einem Krimi-Thriller üblich könnte jedes noch so kleine Detail ein großer Spoiler sein ;-) Mhhm, aber ich verrate sicher nicht zu viel, dass die Geschichte nun einen im Groben recht vorhersehbaren Gang nimmt: Varek ermittelt vor sich hin, kommt dabei aber erst einmal nicht groß vorwärts, und als es dann doch voran geht, gerät er in Gefahr. Idra durchlebt ihr trauriges Prostituierten-Leben, um sich irgendwann mit Varek zusammen zu tun, damit sie letztendlich nach vielem hin und her gemeinsam der großen Verschwörung auf die Schliche kommen. Und das alles natürlich mit ein kleinwenig emotionalem Drumherum :-P Okay, also im Groben ist „Opfermond“ jetzt nicht mega innovativ, aber ein gutes Genre-Werk profiliert sich ja eh mit seinen inneren Werten und Feinheiten. Und da schreibt Elea Brandt in ihrem Erstlingswerk richtig großes Kino :-D Die Geschichte ist sauber durchkonstruiert, bietet mehrere wirklich gut platzierte Plot-Wendungen und kommt fast ganz ohne Deus ex Machina aus. Der Schauplatz der orientalischen Metropole wird genau in dem richtigen Maße nach und nach beschrieben, sodass man ihn sich sehr gut vorstellen kann, ebenso die darin lebenden Personen und Gesellschaftsstrukturen – Wobei hier natürlich mit dem ein oder anderen Klischee gearbeitet wird, aber es funktioniert halt einfach :-) Ebenso im richtigen Umfang und ohne Hast beschreibt Elea Brandt ihre beiden Hauptfiguren. Nicht immer ist alles ganz schlüssig (manchmal reagieren sie extremer oder reaktionsloser als gedacht), aber man kann sie doch meist gut nachvollziehen und folgt ihnen gerne durch die Geschichte – Gerade auch, weil Varek und Idra beide erfrischend konsequente Antihelden sind. Ärgerlich ist da lediglich, dass sie mit ihren egomanischen Sperenzien (gerade Idra) ein paar Seiten mehr in Anspruch nehmen, als unbedingt für die Geschichte notwendig gewesen wäre. Auch bei den Nebenfiguren findet die Autorin den richtigen Ton, da gibt es nix zu meckern :-) Das sprachliche und schreiberische Niveau von Elea Brandt ist für einen Erstlingsroman überraschend gut. Sie findet zumeist das richtige Erzähltempo – auch wenn dem Spannungsbogen ein paar Dutzend Seiten weniger gut getan hätten – und beschreibt die Szenen sehr bildhaft. Die gewünschte düster-brutale, teils an der Grenze zu Horror und Misogynie kratzende Orient-Fantasy-Stimmung kommt durchweg gut herüber. Auch die Dialoge wissen zu gefallen, wobei mich einige wenige etwas zu moderne oder auch flapsige Halbsätze gelegentlich aus dem Setting herausgerissen haben. Lobenswert an den Dialogen ist zudem, dass sie gut zu dem jeweiligen Hintergrund der Figuren passen, auch wenn die Dummheit von Idra gelegentlich etwas nervig war ;-) Das Lektorat hat ebenfalls gut gearbeitet (mir ist nur ein Fehler aufgefallen), sodass ich die 13,95 € für ein 437 Seiten starkes Taschenbuch oder die 9,99 € für das eBook, welche der „Mantikore Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) verlangt, als vollkommen angemessen empfinde. Fazit: Okay, zurück auf dem Boden der Tatsachen. Zwar ist „Opfermond“ (Link) nicht das beste Buch des Jahres, wohl aber ein überaus gelungener Debütroman. Meine 80 % beziehungsweise glatte 4 von 5 Sternchen eines bekannten Online-Buchhändlers sollten Grund genug sein, die Autorin unbedingt im Auge zu behalten :-D
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