Beim sympathischen Jugenddetektiv-Rollenspiel „1W6 Freunde“ (Link) geht es ja zumeist recht beschaulich zu: Mal muss ein Schatz gefunden, mal eine übernatürliche Erscheinung aufgeklärt werden – So ges(ch)ehen etwa in der preisgekrönten Abenteuer-Anthologie „1W6 Freunde: Geister, Gauner und Halunken“ (Link). Also wirklich bodenständige, vielleicht gar etwas spießige Krimi-Kost im Stil von Enid Blyton & Thomas Brezina. Das neue „1W6 Freunde: Ihr Name ist Mensch“ sticht in diesem Umfeld mit einer dezidiert politischen und auf tagesaktuelle Themen bezogenen Geschichte heraus. Ich will gar nicht verschweigen, dass ich die Intention des Autors Thomas Michalski und der gesamten DORP gut finde – Aber finde ich auch das Abenteuer gut?
Die „1W6 Freunde“ spielen in einem pseudo-historischen 80/90er-Setting. In unserer Erinnerung war da die Welt vielleicht noch in Ordnung, tatsächlich aber gab es auch damals schon durch Krieg ausgelöste Migration. Beispielsweise gab es die Jugoslawienkriege, auf welche hier – trotz einer Fiktionalisierung aller Personen, Volksgruppen und Staaten – ganz offensichtlich Bezug genommen wird. Im Zuge eines solchen Konflikts flieht die kogisische Familie Pavkovic (Vater Dragan, Mutter Elena, Tochter Luca) aus Banistrien und wird in der „Millionenstadt“, dem Haupthandlungsort von „1W6 Freunde“, untergebracht. Luca, die sogar schon ein wenig deutsch kann (die Pavkovics hatten früher ein Restaurant mit vielen DDR-Touristen) muss natürlich zur Schule und wird in die Klasse der Jugenddetektive gesteckt. Man freundet sich, trotz aller Unterschiede, ein wenig an und alles könnte so schön sein – Bis Luca einen hysterischen Nervenzusammenbruch erleidet, als jemand in die Mädchenumkleide ein mysteriöses Symbol gesprüht hat... Logisch, dass die Jugenddetektive sofort die Ermittlungen beginnen, um herauszufinden, wer diesen gesprühten „Psychoanschlag“ warum auf das Flüchtlingsmädchen verübte. Tatsächlich ist dieses Fall aber nur ein kleiner Prolog zum eigentlichen Abenteuer: Wenig später wird Lucas Vater Dragan des mehrfachen Einbruchs bezichtigt und, sollten die Spieler nicht einschreiten, deshalb verhaftet. Denn für die Polizei ist klar, das können nur die Flüchtlinge gewesen sein...
„Ihr Name ist Mensch“ bietet auf 33 Seiten einen in maximal zwei Spieleabenden zu lösenden Kriminalfall. Dieser ist ganz klassisch aufgebaut (Tatorte untersuchen und Zeugen befragen, daraus dann Rückschlüsse ziehen) und durch ein optionales Zeitlimit (bevor die Polizei Dragan verhaftet und/oder die rechten Wutbürger von SPATEN ihre Hetzdemo abhalten) auch ziemlich spannend. Die Geschichte ist glaubwürdig, aber der Dramatik wegen auch recht linear – Mit überraschend großen Schritten nähert man sich der Auflösung des Falls. Das Abenteuer(-konzept) finde ich persönlich sehr gut, jedoch hätte ich mir an den einzelnen Tatorten mehr Hinweise gewünscht, um die Täter zu erwischen. Immerhin werden an den neuralgischen Punkten mehrere Varianten vorgeschlagen, welche teils Folgeauswirkungen haben. Letztendlich ist der Fall, bis auf eine beim Probezock kritische Stelle (aber da helfen ja Cleverness-Proben oder der Spielleiter winkt mit dem Zaunpfahl ;-)), mit einem mehr als angenehmen Schwierigkeitsgrad zügig zu lösen. Dabei wird das Geschehen von Autor Thomas Michalski (Link) gut und übersichtlich aufbereitet, sodass man schon nach ein- bis zweimaligem Durchlesen losleiten kann. An der grafischen Aufbereitung, also Illustrationen und Layout, gibt es nix zu meckern. Lobend hervorheben möchte ich dabei das sehr gelungene Cover :-) Vorerst gibt es das Abenteuer nur als eBook online (Link), dafür aber als PWYW (Zahle so viel, wie Du willst). Hier darf man aber gerne etwas mehr geben, denn die künftigen Erlöse gehen jedes Jahr an einen guten Zweck. Sehr coole Aktion, liebe DORP :-D
Fazit: Das Abenteuer „1W6 Freunde: Ihr Name ist Mensch“ (Link) bietet einen kleinen, recht linearen Kriminalfall genau nach meinem Geschmack: Spannendes Thema, übersichtlicher Aufbau, gute Mischung aus Sozialspiel & Ermittlungen mit einem Schuss Action :-) Der Autor schafft es dabei zudem, das sensible Thema gekonnt in das beschauliche Jugenddetektiv-Setting einzubetten. Daher gibt es von mir, gerade auch weil die Erlöse gespendet werden, von Herzen eine Kaufempfehlung!