Manchmal reicht ein einzelnes Bild, schon bin ich an einem Projekt interessiert :-) So geschehen beim deutschen Dungeon Crawler "Die Steine von Nuria" (das entsprechende Bild ist das erste "große" im folgenden Interview). Mein Interesse war also geweckt, und als mir Henning dann auch noch seine Pläne für die mögliche Miniaturen verriet, musste ich ihn einfach zum Interview bitten ;-) Hallo Henning. Stell Dich doch bitte den Lesern vor.
"Hallo. Ich bin 36, verheiratet und Vater von drei Mädels. Nach der Schule hab ich in Bielefeld Biochemie studiert und danach noch ein Jahr in Schweden verbracht. Inzwischen ging’s weiter Richtung Forschungsmanagement."
Wie kamst Du ins Hobby?
"Der Anfang war noch in der Schulzeit. Wir haben uns bei nem Freund getroffen. Irgendwann viel unser Blick auf eine braune Spielebox und wir verbrachten die nächsten Wochen als Barbar, Zwerg, Alb und Zauberer mit Kampf gegen Morcar und die Ogerhorden. Danach waren die Augen geschärft und ein Spiel kam zum anderen. „Descent: Journeys in the Dark“ war wohl der Dungeon Crawler, den wir am meisten gespielt haben."
Und die Folgefrage: Wieso der Schritt hin zum Entwickler?
"Wir sind beim Spielen immer mal wieder über nicht zu Ende gedachte Regeln oder ein schlechtes Balancing gestolpert. Da ist irgendwann die Idee entstanden, das Spiel für die nächsten Spieleabende „einfach“ selber zu machen."
Gerade arbeitest Du an "Die Steine von Nuria". Bitte stell das Projekt kurz vor.
"Das grundlegende Spielkonzept mag dem ein oder anderen bekannt vorkommen: Eine Gruppe von Reisenden verschlägt es in eine alte Mine, dort stellen sie sich den finsteren Mächten entgegen, plündern die Schätze, erschlagen den Erzbösewicht und kehren als Helden zurück ;-) "
Das kommt mir tatsächlich bekannt vor :-P Was macht „Die Steine von Nuria“ besonders?
"Bei der Entwicklung hatten wir zwei wichtige Ziele vor Augen: · Der Spielablauf ist schnell und flüssig. Wir haben hierfür die einzelnen Züge der Helden recht kurz gehalten, so dass die Spieler schnell wieder dran sind. Man hat so das Gefühl, immer mittendrin im Geschehen zu sein. Hierfür war es auch wichtig die Regeln übersichtlich zu halten und auf Ausnahmen sowie Sonderregeln zu verzichten. Die Helden gewinnen das Spiel nicht durch den einzelnen perfekt ausgezählten Zug, sondern durch das gekonnte Zusammenspiel aller Helden. · Vom Box öffnen bis zum ersten Zug soll möglichst wenig Zeit vergehen. Spielplan ausklappen, Charakterbogen auswählen und die Blutsteine (als Lebenspunkte) verteilen. Der Dunkel Meister verteilt parallel die ersten Gegner und los geht’s (vielleicht 5 min). Um die Schatzkarten kümmert man sich erst, sobald die erste Truhe geöffnet wird."
Wo ist es am ehesten mit anderen Spielen vergleichbar?
"Die Züge der Helden fühlen sich ein bisschen wie bei "Zombicide" an. Das Ziel, schnell losspielen zu können, habt auch „Die Legenden von Andor“ verfolgt. Das Setting und die Story der Kampagne könnte man auch in einem Fantasy-Rollenspiel verwenden."
Was kam zuerst: Die Story oder die Regelmechanismen?
"Die Story trägt die Spieler durch die erste Kampagne. Die Regelmechanismen entscheiden darüber, ob es sich lohnt die Kampagne mehrfach zu spielen oder das Spiel im Keller verschwinden zu lassen. Der Fokus lag daher von Anfang an auf den Regelmechanismen."
Und was ist mit der Story?
"Am Anfang des Sommers sind ein paar Testrunden ausgefallen, da habe ich mich kurzerhand an die Geschichte gesetzt und das Kampagnenbuch mit Leben gefüllt. Der Text wird sich wahrscheinlich als kurzer Einblick auf der Spielebox wiederfinden: „Die Welt ist zur Ruhe gekommen und die Geschichten von Kriegen und Heldentaten verschwinden langsam aus den Erzählungen der Alten. Bis die Helden eines Tages einen Zwerg in einer Taverne treffen, der von seltsamen Ereignissen zu berichten weiß. Mehr von der Hoffnung getrieben, dass es doch noch Platz für Helden gibt, beginnt das Abenteuer, dass sie im Verlaufe der Kampagne immer weiter in die Geschichte des Königreichs verwickelt.“"
Wie entwickelten sich die Regelmechanismen?
"Am Anfang hatte ich ein Bild im Kopf, wie die Spielrunden später ablaufen sollen. Dann folgten die ersten Regelentwürfe und einige Berechnungen zum Balancing. Und danach wechselten sich viele Testrunden mit kleineren und größeren Regelüberarbeitungen ab."
Hast du dafür ein Beispiel?
"Klar. Die Helden kämpfen sich ihren Weg durch die Reihen der Niederen Diener. Irgendwann treffen sie auf Gegner die ihrer etwas würdiger sind. An dieser Stelle soll der Kampf in den Vordergrund treten. Die Lakaien, die sich ein paar Gänge weiter langsam nähern, sollen das nicht stören. Das Instrument für die Umsetzung nennt sich „Schlagabtausch“. Nachdem ein Nahkampfangriff durchgeführt wurde, gibt es eine vergleichende Probe, die entscheidet, ob der Held oder sein Gegner einen weiteren Angriff führen darf. Die Kämpfe werden so nicht durch einen kleinen Skelettbogenschützen entschieden, der aus der Ferne in den Kampf schießt."
Wie kann ich mir die Entwicklung eines Spiels vorstellen? Hattest Du einen festen Plan oder ein genaues Ziel?
"Einen groben Plan - ja. Ich wusste welche Spielmaterialien ich ausarbeiten muss und in welcher Reihenfolge das im Idealfall passieren sollte. Aber das Wichtigste war immer, das Spiel für die nächste Testrunde bereit zu machen. Die Regeländerungen wurden also an allen relevanten Stellen eingearbeitet (im Regelwerk, der Abenteuerbeschreibung oder auf den Heldenbögen,…) und je nach Bedarf neu gedruckt."
Wer hilft Dir bei der Entwicklung?
"Meine Frau und meine Freunde, die eine Menge Ideen in das Spiel eingebracht haben und für unzählige Testrunden bereit standen. Weit außerhalb meiner Fähigkeiten war die Gestaltung aller Grafiken. Und es war für mich ein riesige Glücksfall, dass ich Sergej (Link) für "Die Steine von Nuria" gewinnen konnte. Er hat meine Vorstellungen der Charaktere und Spielpläne nicht nur perfekt umgesetzt, sondern auch durch viele liebevolle Details mit Leben gefüllt."
Wie weit ist die Entwicklung fortgeschritten und wann soll "Die Steine von Nuria" erscheinen?
"Es fehlt noch der Feinschliff. Mit dem Balancing der letzten Mission bin ich noch nicht zufrieden, die werden wir im Oktober noch ausgiebig testen. Was die Materialien angeht, warte ich gerade auf den nächsten Testdruck für die Ausrüstungskarten und muss noch die selbstgebastelten Pappaufsteller durch gestanzte Figuren ersetzen. Nach der Spielemesse steht dann die Entscheidung an, ob wir eine Schwarmfinanzierung versuchen oder uns direkt an einen Verlag wenden."
Wird es bei den Pappfiguren bleiben oder wird es Miniaturen geben?
"Miniaturen sind nur eine Option, wenn sie richtig gut aussehen. Anfragen bei einigen Designern haben mir aber schnell verdeutlicht, dass das im Hobbybereich nicht finanzierbar ist, da über 20 unterschiedliche Figuren erforderlich wären. Die größte Chance Miniaturen zu ergänzen, wäre es einen Verlag mit dem entsprechenden Know-how für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Aber auch bei einer sehr erfolgreichen Schwarmfinanzierung könnte es realisierbar werden. Auf der Facebookseite zum Spiel @DieSteinevonNuria (Link) wird es regelmäßige Updates geben, um euch auf dem Laufenden zu halten. ich würde mich auch sehr über Zuschriften von 3D-Designern freuen, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben."
Gibt es dann schon Ideen für Fortsetzungen oder Erweiterungen? Oder was ganz Neues?
"Es gibt schon die Story für eine zweite Kampagne, die die Helden ins Reich der Zwerge führen wird. Außerdem denke ich über eine kleine Erweiterung nach, in der die Spieler als gescheiterte Helden versuchen in den Reihen des Dunklen Meisters aufzusteigen und ihn vielleicht zu ersetzen."
Jetzt hat das Interview mein Interesse geweckt - Wo kann ich das Spiel mal antesten?
"Zurzeit ist es noch nicht möglich. Bevor es veröffentlicht wird, werde ich aber zum Spiel einige Testrunden organisieren, um dem Balancing den letzten Feinschliff zu verpassen."
Zuletzt: Hast Du Tipps & Tricks für aufstrebende Nachwuchsentwickler?
"Wenn das hier erfahrene Entwickler lesen: Habt ihr Tipps für mich? ;-) "
Ich danke für das Interview und verweise gerne noch einmal auf die "Die Steine von Nuria"-Facebook-Seite (Link).
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