Zwei Jungentwicklerinnen, die bei einem Workshop ein Spiel entwickeln, damit direkt einen Spieleverleger begeistern und dann auch noch ein Crowdfunding erfolgreich meistern - Klingt zu schön, um wahr zu sein? Aber es ist genau so passiert :-) Annika und Christin erzählen im Interview von ihrer Erfolgsgeschichte und stellen natürlich auch ihr neues Spiel "Tar’Aram" vor! Hallo. Stellt Euch doch bitte den Lesern vor.
"Wir sind Annika Dencker, 19 Jahre alt und Christin Rudolph, 20 Jahre alt. Inzwischen studieren wir beide (Annika Medizin, ich Politikwissenschaft), kennengelernt haben wir beide uns aber, als wir beide im Jahrgang 2015/16 ein FSJ Kultur gemacht haben. Damals entstand auch die erste Idee zu "Tar’Aram". Im Rahmen des FSJs wurde nämlich im Juli 2016 ein Workshop mit dem Namen „Spielentwicklung“ angeboten. Wir beide waren sofort begeistert, denn gespielt hatten wir beiden immer gerne, ob „Werwölfe von Düsterwald“ in der großen Runde oder Schach in der Schul-AG."
Herausgekommen ist bei dem Workshop eine erste Idee für „Tar’Aram“. Bitte stellt das Projekt kurz vor.
"Bei „Tar’Aram“ versucht jeder Spieler seine zwei Forscher gleichzeitig ins Ziel zu bekommen und sich so den Schatz der Pyramide zu sichern. Doch der Weg wird von versteinerten Skarabäen versperrt, die nur verschoben werden können, wenn man mithilfe von Hieroglyphen ein Rätsel löst. Und dann sind da ja auch noch die Mitspieler, die einem ständig Steine in den Weg legen."
Wie genau funktionieren die Regelmechanismen?
"Gelaufen wird mit Handkarten. Auf den Handkarten Zahlen und Hieroglyphen. Die benutzt man für das Rätsel. Jeder und jede muss das Rätsel der Person links von sich lösen. Das besteht aus einer Art Code: Vor dem Spiel notiert jede und jeder vier der acht Symbole (beziehungsweise fünf bei mehr als vier Spielenden) und ihre Reihenfolge. Will nun jemand ein Hindernis verschieben, legt er oder sie eine Handkarte ab und fragt, ob das Symbol darauf im entsprechenden Rätsel enthalten ist. Wird richtig geraten, dürfen Hindernisse um den Zahlenwert der Karte verschoben werden. Ist auch noch die Position der Karte innerhalb des Rätsels richtig, kann man im selben Zug laufen und Hindernisse verschieben. Man muss sich aber gut überlegen, ob man hohe Zahlenwerte für’s Laufen oder Raten benutzt. Denn wenn man beim Raten daneben liegt, sind Zug und Karte "verschwendet“. Das kann tatsächlich ernste Folgen haben, denn oft geht eine Partie "Tar'Aram" sehr knapp aus – da kann ein Zug mehr oder weniger Sieg oder Niederlage entscheiden. Hat man erst einmal einen Teil des Rätsels gelöst, kann man Karten mit diesem Symbol immer wieder verwenden, um Hindernisse zu verschieben. Wenn man drei gleiche Zahlen in einem Zug ablegt, darf man nicht nur eine eigene Figur um die gemeinsame Zahl der Karten (also eins, zwei oder drei) ziehen, sondern auch eine gegnerische. So kann man zum Beispiel Figuren, die einem vor der Nase stehen überholen oder Gegner schnell nochmal aus dem Ziel ziehen, bevor deren zweite Figur die Ziellinie erreicht. Um das Ganze abzurunden haben wir einen Joker eingebaut, der alle anderen Karten übertrumpft indem er alles um bis zu vier Felder bewegen kann. Das sorgt für Überraschung, wenn sich die taktischen Überlegungen der anderen in Luft auflösen und Schweißperlen auf der Stirn, wenn jemand vier Felder vor dem Ziel steht."
Was macht "Tar'Aram" besonders und wo ist es am ehesten mit anderen Spielen vergleichbar?
""Tar'Aram" ist eine besondere Kombination aus Rätseln, Taktik und Wettlauf. Der Spielverlauf ist sehr vielfältig, weil der modulare Spielplan, also wie und wie groß man das Feld aufbaut, und ob man mit zwei, drei, vier, fünf oder sechs Personen spielt, verschiedene Spieldynamiken ergeben. Bei einem verschlungenen Aufbau zu zweit kommt ein anderes Spielgefühl auf als bei einem Spiel zu sechst. Außerdem führen viele Taktiken zum Erfolg. Jeder, der gerne anderen Steine vor die Nase schiebt und nichts gegen etwas Rätseln hat, wird "Tar'Aram" mögen."
Was kam zuerst: Das Setting oder die Regelmechanismen?
"Die Regeln. Eigentlich ist „Tar’Aram“ ein eher abstraktes Spiel. Die Story und die entsprechende Gestaltung sollen die Regeln erklären und den Einstieg erleichtern. Das Ägypten-Setting am relativ spät in der Entwicklung dazu."
Wie kann ich mir die Entwicklung eines Spiels vorstellen? Hattet Ihr einen festen Plan oder ein genaues Ziel?
"Zuerst hatten wir ja nur eine erste Idee in diesem Workshop vor über einem Jahr. Da hatten wir noch nicht daran gedacht, dass „Tar’Aram“ einmal veröffentlicht werden könnte. Am Ende des Workshops kam der Leiter - Till Meyer von "Verlag Spieltrieb" - mit dem Vorschlag auf uns zu, zusammen weiter an "Tar’Aram" zu arbeiten. Und der hatte dann den Plan und auch ein Ziel auf das wir ab da hingearbeitet haben: „Tar’Aram“ bis zur Spiel’17 in Essen fertig zu haben. In den Wochen nach dem Workshop haben wir also weiter an unserem Prototypen gefeilt, bis wir mit den Regeln der ersten Version zufrieden waren. Dann haben wir mehrere Prototypen gebastelt und immer wieder mit Testgruppen gespielt, uns Probleme und Anregungen notiert und Fragebogen ausfüllen lassen. Die so gewonnenen Erkenntnisse haben wir ständig in die Regeln einfließen lassen. Nach ein paar Wochen sind wir zu ungeführten Tests übergegangen, die Testgruppen durften also unter „Realbedingungen“ spielen – ohne, dass eine Autorin dabei ist und Fragen beantwortet. Auch sie haben uns Rückmeldungen gegeben, die wir eingearbeitet haben. Nicht nur an den Regeln, auch am Design und den Materialien haben wir einiges verändert. Anfang des Jahres haben wir angefangen, parallel die Crowdfunding-Kampagne vorzubereiten."
Was ist der aktuelle Stand und wann soll "Tar'Aram“ erscheinen?
"Im Sommer haben wir die Entwicklung abgeschlossen und seit Anfang September ist dank der erfolgreichen Startnext-Kampagne auch die Finanzierung einer ersten Auflage gesichert. Unser Ziel ist es, „Tar’Aram“ in Essen am Stand zu haben, es soll also Ende Oktober erscheinen. Anfang November wird es im Onlineshop unseres Verlages (Link) erhältlich sein."
Gibt es dann schon Ideen für Fortsetzungen oder Erweiterungen? Oder was ganz Neues?
"Ideen für Erweiterungen haben wir, wir wollen aber zuerst schauen, wie „Tar’Aram“ bei den Spielerinnen und Spielern ankommt."
Wo kann ich das Spiel mal antesten?
"Wir sind immer mal wieder mit Demorunden unterwegs, da lohnt es sich, unsere Facebookseite (Link) im Auge zu behalten. Die nächsten größeren Events in unserer Planung sind die "Brett" in Hamburg am 30. September und natürlich die SPIEL in Essen. Wir haben aber auch eine Print ´n Play Version (Link) zusammengestellt."
Habt ihr Tipps & Tricks für aufstrebende Nachwuchsentwickler?
"Dass man, egal in welcher Phase der Entwicklung, sich nie auf eine Idee versteifen sollte. Am besten immer offen sein für neue Ideen, aber sich die guten Kernelemente und Mechanismen, die das Spiel ausmachen, immer bewahren. Das ist natürlich leichter gesagt als getan :-) "
Vielen Dank für das Interview!
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