Es gibt ja schon eine ganz, ganz, ganz große Bandbreite an Produkten rund um das deutsche Erfolgsrollenspiel „Das Schwarze Auge“ – Von sinnvollen Sachen wie großangelegten Abenteuer-Kampagnen (Link) und hervorragenden Brett- & Kartenspielumsetzungen (Link) bis hin zu solchem Quatsch wie Pseudo-Sexbüchern (Link). Was es (eigentlich vollkommen überraschend bei dieser spannenden Vorlage) noch nicht gab, waren Graphic Novels. Aber jetzt! Na mal schauen, ob das was taugt ;-) Bereits seit vielen Jahrhunderten liegen die beiden aventurischen Königreiche Andergast und Nostria im Streit miteinander. Worum es eigentlich geht, weiß niemand mehr so recht, aber einen Krieg führt man halt trotzdem gerne mal rein aus Prinzip ;-) Ausnahmsweise herrscht jedoch Frieden, doch das Königreich Albernia strebt nach Unabhängigkeit und möchte mit einem edlen Geschenk die Unterstützung Nostrais gewinnen. Überbracht werden soll es von dem jungen Ritter Leandro von Arvun, welcher aber alsbald feststellen muss dass die Nostrier ganz eigene Probleme haben: Der dämonische Schwarze Andergaster, ein eigentlich vor mehreren hundert Jahre gestorbener Ritter, durchstreift das Königreich und köpft so ziemlich jeden, der ihm über den Weg läuft! Da es Leandro nicht schafft, das Geschenk heil zu überbringen, will er die nostrische Gunst stattdessen durch die Jagd auf den wiedergekehrten Brutalo-Ritter gewinnen. Dabei zur Seite steht ihm der ebenso lebensfrohe wie selbstverliebte Grenzkommandant Answin von Orkenwall, welcher charakterlich eher das komplette Gegenteil des ernsten, pflichtversessenen Leandro darstellt... Was folgt, kann man so ziemlich als klassische Buddy-Geschichte vor düsterem Fantasy-Hintergrund beschreiben: Während sie der Spur des Andergasters folgen (der ihnen ein ums andere Mal entwischt) und dabei auch mal Orks vermöbeln, königlichen Audienzen beiwohnen und holde Jungfrauen vor Schurken retten, kommen sich die beiden sehr unterschiedlichen Protagonisten freundschaftlich näher und entwickeln eine echte Kameradschaft, die jeder Gefahr trotzt. Das ist zugegebenermaßen vorhersehbar, doch sind die Charaktere in soweit ausgearbeitet und mit einer glaubwürdigen Handlungsmotivation ausgestattet, dass sich das zögerliche Band der Kameradschaft doch vollkommen nachvollziehbar knüpft. Dabei sorgen die unterschiedlichen kulturellen Prägungen und Missverständnisse für gelegentliche Schmunzler, in einer ansonsten doch recht düsteren und mitunter brutalen Geschichte. Diese beginnt (nach einem „köpfenden“ Auftakt ;-)) recht bedächtig, doch gerade zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse merklich. Hier hätte die Geschichte, die sonst das passende Erzähltempo findet, gern noch ein wenig ausführlicher sein dürfen. Die Handlung wird in gefälligen, comichaften Zeichnungen transportiert, welche vom subjektiven Eindruck her quasi von Seite zu Seite schwanken zwischen okay und wirklich gut. Die Details stimmen meistens und auch die Kolorierung geht oftmals in Ordnung, sodass hier die passende Atmosphäre transportiert wird. Nur manchmal scheint mir die Perspektive und die Dynamik nicht optimal. Aber hey, das ist wie immer Geschmackssache, da hab ich dieses Jahr schon viel schlimmere Comics gesehen ;-) Neben der eigentlichen Geschichte, die 56 Seiten umfasst, findet sich noch ein umfangreicher Bonusteil. Hier werden zum einen die DSA-Welt sowie das zugrundeliegende Rollenspiel kurz und bündig erklärt (es wäre sehr cool, wenn diese Graphic Novel neue Spieler gewinnen würde :-D), zum anderen gibt es einen sehr aufschlussreichen Einblick in die Entstehungsgeschichte dieses Werks. So kommt man auf insgesamt 80 Seiten, für welche „Ulisses Spiele“ im qualitativ gut gedruckten Hardcover (welches aber verdächtig nach Katzenstreu riecht :-P) noch akzeptable 19,95 € haben möchte. Fazit: Bei seinem ersten Auftritt im Comic-Bereich stellt sich das deutsche Erfolgsrollenspiel „Das Schwarze Auge“ gar nicht mal so schlecht an :-) Die Geschichte und die Zeichnungen von „Das Schwarze Auge: Der Andergaster“ (Link) sind, trotz kleinerer Kritikpunkte, durchaus gefällig und werden mit ihrer Atmosphäre hoffentlich auch ein paar Nicht-DSA-Kenner nach Aventurien locken.
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