Die universelle Dorf-Beschreibung „Schnutenbach: Böses kommt auf leisen Sohlen“ von Karl-Heinz Zapf gilt nach wie vor als mehr oder minder geheimer Kennertipp. Auch ich schreib damals, Schnutenbach sei nun mein neues Lieblingsdorf ;-) Ebenso überzeugen konnte der zweite große Abenteuerband „Im Hort des Oger-Magiers“, welcher neben einem neuen Dorf auch spannende Dungeon-Crawler bot. Nun will ich also bei „Der Zirkus des Schreckens“ schauen, chronologisch betrachtet der erste große Abenteuerband, ob sich auch dieser hier qualitativ einreihen kann. Thematisch geht es diesmal, der Titel verrät es, zu schrecklichen und gruseligen Abenteuern.
Wie schon „Im Hort des Oger-Magiers“ bietet „Der Zirkus des Schreckens“ vier universelle Abenteuer beziehungsweise Ortsbeschreibungen:
- Das Einsteigerabenteuer “Die Mission des Magiers“ lässt die Spieler eine gefährliche Reise ins Riesenjoch-Gebirge unternehmen. Es gibt Kobold- und Minotaurenangriffe, ein einsames Bergdorf voller Hinterwäldler, Zombie- und Skelettkrieger sowie einen Endkampf mit einem bösen Magier. Mir scheint dieses Abenteuer gerade auch für Cons geeignet, denn handlungstechnisch geht es direkt und ohne Umschweife los, auch echte Atempausen finden sich eher selten. Dabei wird die Handlung mitsamt Orten und NSCs gut beschrieben, sodass ich mir als SL-Neuling nach zwei- oder dreimaligem Durchlesen ein Leiten problemlos zutrauen würde. Im Gesamtkontext der bisherigen Publikationen von Karl-Heinz Zapf fühlt sich das Abenteuer aber ein wenig überladen und generisch an, irgendwie fehlte mir die „Schnutenbach-Magie“ ;-) - Das für Fortgeschrittene empfohlene Anschlussabenteuer “Das Grab des Gruftkönigs“ spielt mit der Neugier der Spieler. Durch Zufall wird der Eingang zum Grab eines längst vergessenen, aber noch immer mächtigen Gottkönigs aus längst vergangenen Tagen geöffnet. Klar werden die Spieler da neugierig, auch wenn dort nur Tod und Verderben warten... Insgesamt ist „Das Grab des Gruftkönigs“ ein kleiner, aber feiner Dungeon-Crawler mit allerlei Fallen und Untoten. Hier sollten die Spieler wirklich sehr erfahren sein oder aber nicht allzu sehr an ihren Charakteren hängen :-P Beim Lesen des Abenteuers habe ich die ganze Zeit an die in den USA sehr populären, hier leider irgendwie eher unbekannten Rollenspiel-Turniere (Link) denken müssen: Ein Gruppe geht in einen knüppelharten Dungeon und wenn sie sich gut anstellt (und überlebt) gibt’s Punkte, um sich dann mit anderen Gruppen zu vergleichen. Dieses Abenteuer ist absolut ideal dafür! - “Der Zirkus des Schreckens“ handelt, oh Wunder, von einem schrecklichen Zirkus :-) Der schlägt sein Lager in Schnutenbach auf und verzückt die Bewohner mit allerlei Gauklern, Monstern und Zauberei. Aber der schöne Schein trügt... Das titelgebende, dritte Abenteuer ist für mich das absolute Highlight des Bandes: Ein interessantes Setting, zahlreiche interessante NSCs (die zumeist auch eigene Pläne, unabhängig von der linearen Haupthandlung, verfolgen und natürlich – sonst wären wir nicht bei „Schnutenbach“ – alle finstere Geheimnisse haben), spannende Kriminalfälle, abwechslungsreiche Kämpfe und super Atmosphäre. - Zuletzt wird noch sehr umfangreich „Das Gasthaus am Galgenbaum“ vorgestellt. Weniger ein Abenteuer (aber Ausgangspunkt für zahllose Abenteuer) als vielmehr ein Quellenbuch beziehungsweise SL-Sandkasten rund um die sagenumwobene Spelunke, welche allerlei finsteres Gesindel – genug NSCs für die nächsten drei Kampagnen – beherbergt. Die Beschreibungen der Ortes und seiner Bewohner/Gäste sind dabei als fast schon ausufernd zu bezeichnen, sodass sich selbst der phantasieloseste Leser (also ich ;-)) ein genaues Bild machen kann. Hier punktet wieder, wie schon in den Abenteuern, der sehr gute Schreibstil des Autors.Inhaltlich fokussiert sich dieser Abenteuerband auf die dunklen, düsteren, ja teils blutrünstigen Seiten der Spielwelt. Diese wird wieder sehr atmosphärisch dargestellt, sowohl mittels der lesenswerten, lebendigen Texte als auch mittels der grafischen Gestaltung. Die ist, wie das gesamte Layout, sehr stilsicher und fügt sich nahtlos in die Reihe der übrigens Publikationen ein – Auch wenn es für ein Mittelalter-Setting eindeutig zu viele Büstenhalter gibt :-P Im Gegensatz zu „Im Hort des Ogermagiers“ ist hier die Druckqualität vom "Mantikore Verlag" (Link) merklich besser, sodass ich den Preis von 14,95 € für ein 120 Seiten umfassendes Softcover (welches mir dankenswerterweise vom Autor zur Verfügung gestellt wurde) für gerechtfertigt halte. Fazit: Wie schon bei den anderen Produkten der „Schnutenbach“-Reihe (Link) merkt man bei „Der Zirkus des Schreckens" (Link) einfach jeden Tropfen Herzblut, den der Autor Karl-Heinz Zapf in die Spielwelt gesteckt hat. Spielerisch kann dieser Abenteuerband bei mir zwar nicht ganz solche Begeisterungsstürme wecken wie „Im Hort des Ogermagiers“, nichtsdestotrotz ist „Der Zirkus des Schreckens“ besser als viele andere Konkurrenzprodukte und damit ein Kauftipp für Freunde düsterer Fantasy! PS: Eine sehr fundierte Rezension findet sich auch beim Kollegen Würfelheld (Link).