15. August, Punkt 0 Uhr – Genau in diesem Moment fällt die Rezensionssperre zum letzten Teil der wahnsinnig erfolgreichen Ostfront-Tetralogie „Die verlorene Armee“ (Link). Die vierbändige Graphic Novel-Reihe begleitete den 19-jährigen Landser Ernst Kessler während des Russlandfeldzuges und thematisiert nun im Finalband die letzten Kriegsmonate bis zur Niederlage von Nazi-Deutschland 1945. Die vorherigen Teile (Link) haben mir, trotz einem kleinen moralischen Geschmäckle, durchaus gut gefallen – Mal schauen, ob mich „Wir waren Menschen“ auch überzeugen kann :-)
Im vierten Band wird neben den Abwehrkämpfen der letzten Kriegsmonate, beispielsweise die erfolglose Verteidigung der Festungsstadt Frankfurt/Oder, auch der entbehrungsreiche Alltag und letztendlich die Flucht der ausgebrannten und desillusionierten Landser thematisiert. Dabei droht Ernst und seine verbliebenen Kameraden gleich von zwei Seiten Gefahr: Einerseits natürlich von der Roten Armee, welche mit der zehnfachen Übermacht angreift. Andererseits aber auch von fanatischen SS-Angehörigen, welche mit Standgerichten Soldaten wie Zivilisten gleichermaßen massakrieren. Zudem bringen die Volkssturm-Jugendlichen die Truppe mit ihren unbedarften Aktionen eher noch stärken in Gefahr, als dass sie den ausgezehrten Landsern irgendeine Hilfe wären... Letztendlich entschließt man sich im Angesicht der Niederlage, lieber doch den Amerikanern in die Hände zu fallen, aber auch die Flucht in den Westen ist nicht ohne Gefahren.
Letztendlich bietet „Wir waren Menschen“ inhaltlich genau das gleiche Programm wie schon die vorherigen drei Bände: Dramatische Kämpfe (wenn auch eine Nummer kleiner als gewohnt, denn so viel ist von der Wehrmacht nicht mehr übrig...) wechseln sich ab mit entbehrungsreichem Soldatenalltag (Alpträume, Hunger, Heckenschützen, Angst um Angehörige). Im Prinzip also gewohnter Inhalt, der diesmal jedoch deutlich intensiver wirkt, da die episodenhafte Geschichte sehr deutlich durch die atmosphärischen Zeichnungen gewinnt. Die Landser sind so ausgemergelt und von den Strapazen der vielen Kriegsjahre gezeichnet, manche von ihnen stehen (nicht nur optisch) den Toten näher als den Lebenden. Die Städte und Landschaften sind schmutzig, abgenutzt, zerstört – Man braucht keinen einzigen Dialog zu lesen, um in diese Untergangsstimmung eingesogen zu werden. Hier ist alle Hoffnung verloren – Selbst als der Krieg vorbei ist, was dem Leser nochmal einen ordentlichen Schlag in die Magengrube versetzt und das Geschehen ein wenig reflektiert (auch wenn mein letzter Absatz in der Rezension (Link) der ersten drei Bände weiterhin Bestand hat).
Die Druckqualität der Comic-Spezialisten von „Bunte Dimensionen“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) ist auf gewohnt gutem Niveau, sodass der Preis von 15 € für ein 48 Seiten starkes Hardcover voll in Ordnung geht.
Fazit: „Die verlorene Armee #4 Wir waren Menschen“ (Link) ist ein sehr würdiger Abschluss der Erfolgsreihe. Obwohl er inhaltlich eigentlich nur genau das bietet, was die vorherigen Bände boten, ist er dank einer intensiven Untergangsstimmung doch der beste und lesenswerteste Teil der gesamten Serie!