André Skora, in der Nerd-Szene besser bekannt unter seinem Pseudonym Würfelheld (Link), ist nicht nur einer der einflussreichsten deutschen Rollenspielblogger. Nein, er ist auch im Literatursektor aktiv: Beispielsweise war er Juror beim renommierten Skoutz-Award (Link), vor allem aber ist er (Mit-)Herausgeber mehrerer von Buchkritikern und Lesern zwischen wohlwollend und begeistert aufgenommener Anthologien (beispielsweise „Gamer“ (Link) und das mit dem 2016er GOLDENER STEPHAN ausgezeichnete „Blutroter Stahl“ (Link)). Nun also erschien seine nächste Anthologie „Menschmaschinen“, welche er als alleiniger Herausgeber verantwortet – Na mal gucken, ob ich diesmal auch wohlwollend oder gar begeistert sein werde ;-) Wie der Buchtitel „Menschmaschinen“ schon andeutet, handeln die insgesamt zehn Geschichten von der Verbindung des Menschen mit den Maschinen. Bei den häufig im Steampunk- und Dieselpunk-, seltener im SciFi-Setting angelegten Kurzgeschichten geht es dabei zumeist wortwörtlich um Menschen in Maschinen oder zumindest Menschen, die teilweise sehr stark mit Maschinenteilen ausgestattet wurden. Dabei fand ich es bei dieser doch eigentlich sehr begrenzten Thematik überaus beeindruckend, welche große Genre-Bandbreite die Autoren mit ihren Geschichten abdecken. Von der klassischen, actionreichen Rachegeschichte über einen stakkatoartigen Überblick der Abgründe einer Steampunk-Welt über ein familiäres Eifersuchtsdrama über eine Suizidgeschichte bis hin zu einer klassischen Transhumanismus-Story ist hier für jeden Leser etwas dabei, wobei die actionreichen Geschichten doch überwiegen:
1. Dieses „Action überwiegt“-Gefühl könnte allerdings davon kommen, dass die erste Geschichte Fitroy, Falstaff und andere furiose Menschmaschinen von Thorsten Küper schon allein vom Platz her ein Drittel des gesamten Buches einnimmt. Und ich möchte sagen: Zum Glück! Denn die actionreiche Steampunk-Rachegeschichte gehört zu den Highlights der an Highlights nicht armen Anthologie! 2. Es folgt Der Heizer von Melanie Ulrike Junge, bei dem ein reiches Mädchen erfahren muss, dass das Leben aller Oberschichtler von der Arbeit des Unterschichtenheizlers abhängt. Eine flott lesbare Dystopie mit linksmoralischem Kern. 3. Ein weiteres Highlight des Buches ist Der wilde Reiter von Marco Ansing, bei dem ein neugieriger Reporter einen Anschlag der Killer-Dampfmaschinen verhindert. Sehr spannend geschrieben, aber das Setting wird nur so kurz angerissen, dass dieser Investigativkrimi mit ein paar oder lieber doch ganz vielen Seiten mehr sicher noch besser geworden wäre. 4. Herzergreifend ist Ultramarinblau von Gloria Helena Manderfeld. Hier beschreibt sie einen Menschenzoo, in welchem die Maschinenmenschen die letzten verbliebenen, unveränderten Normalos begaffen können. Die junge Frau Ava, die sich in Folge eines Arterhaltungsprogramms mit einem anderen Zoomenschen fortpflanzen soll, plant ihrem Schicksal durch Suizid zu entkommen… Traurig, aufrüttelnd, hervorragend! 5. Nach vier sehr guten bis hervorragenden Geschichten folgt ein kleiner Dämpfer mit der stakkatoartigen „Eis & Dampf“ (Link)-Kurzgeschichte Adam von Mia Steingräber und Tobias Rafael Junge. Von der Schreibqualität gut, keine Frage, aber beim Lesen hatte ich permanent das Gefühl ich würde diese Aneinanderreihung von Impressionen nur verstehen wenn ich das berühmte Setting gut kennen würde. 6. Böse Träume von Peer Bieber macht eigentlich nichts falsch, ist aber schon wieder vorbei bevor sie angefangen hat. 7. Dystopisch geht es weiter mit Rettung von Peter Hohmann, bei dem ein skrupelloser Fabrikbesitzer von den Schatten seiner bitterbösen Werke eingeholt wird. 8. Ein Erfinderehepaar befindet sich in der Psychiatrie, nachdem sie durch ein mysteriöses Manuskript eine bewusstseinserweiternde Maschine gebaut haben. Der Fall Rohrschach beschäftigt auch einen Mitarbeiter der Konkurrenz, der diese Maschine dann selbst ausprobiert… Gelungene Arbeit von Andreas Winterer. 9. Genug Steam- und Dieselpunk, jetzt kommt SciFi ;-) Ein unter Amnesie leidender Informatiker bekommt einen Roboter-Ziehsohn namens Rupert, welcher das Familienleben durcheinanderwirbelt. Kein Quatsch, allein für diese Kurzgeschichte von Eva Strasser lohnt sich der Kauf der gesamten Anthologie! 10. Zuletzt noch „Happy Transition Day!“ von Anja Bagus, in welcher die Menschheit trotz fortschrittlicher Technologie nichts dazugelernt hat.
Wie gesagt, trotz des begrenzten Themas eine inhaltlich überraschend große Bandbreite. Schreiben können die Autoren alle, da gibt es nix zu meckern – Sicherlich auch aufgrund des guten Lektorats habe ich die Geschichten allesamt rasch weggelesen. Und so bleibt mir am Ende für 11,90 € kostende und 216 Seiten umfassende Taschenbüchlein beziehungsweise aktuell 3,99 € kostende eBook aus dem „Amrûn Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) nur folgendes… Fazit: Von allen bisher im Blog rezensierten Anthologien ist „Menschmaschinen“ (Link) mit Abstand die beste! Bei den zehn Kurzgeschichten gibt es keinerlei Totalausfälle, stattdessen sind fünf sehr gut bis hervorragend, drei gut und zwei immerhin noch vollkommen in Ordnung. Letztendlich vergebe ich deshalb sehr gerne 85 % beziehungsweise 4¼ Sternchen eines diabolischen Online-Buchhändlers :-D
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