Großer Spoiler gleich zu Beginn: Der erste Band der dreizehnteiligen Graphic Novel-Serie spielt noch gar nicht im namensgebenden Rom, sondern führt den Leser gut ein halbes Jahrtausend vorher ins belagerte Troja - Warum das dann aber trotzdem für die Gründung Roms relevant ist und dass die Reihe gekonnt Historie mit Fiktion verbindet, zeigt dieser gelungene Auftaktband. 1250 v. Chr. wird Troja seit einem Jahr von den Griechen belagert. General Leonidas und Hohepriester Aquilon, gerühmt für ihren Mut bei der Verteidigung der Stadt und echte Haudegen, verfallen den beiden im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Nichts auftauchenden Schwestern Thaïs und Athene. Sie überbringen die Nachricht von einem Gottesgeschenk, einer kleinen Statue, die im Krieg die Wende bringen soll. Und tatsächlich lässt die entfesselte Macht der Statue einen angreifenden Trupp Griechen erblinden. So ist Troja dann auch vor weiteren Angriffen geschützt, sodass die Helden die beiden Schwestern ehelichen und mit ihnen Nachwuchs zeugen können... 9 Jahre später belagern die Griechen die Stadt noch immer. Die Helden sind mittlerweile sichtlich gealtert, ihre Frauen auf magische Weise jedoch jung und jungfräulich geblieben. Als Aquilons Tochter Aquila, die zur Priesterin auserkorene wurde, die Tochter von Leonidas aus Neid ermordet, kommt es zu einem Bruch der alten Freunde. Erst als sie sich bei der Versöhnung an Aquilons Sterbebett ihrer eigenen Schuld stellen, erkennt Leonidas, dass die Schwestern sie die ganze Zeit benutzt haben – Und läuft zu den Griechen über, um gegen sie zu kämpfen. Mit dem trojanischen Pferd schließlich gelingt die Eroberung der Stadt, doch der trojanische Herrscher kann zusammen mit Aquila fliehen. Ihre Zuflucht werden die sieben Hügel am Ufer des Tiber... Der erste Band der „Roma“-Reihe ist wirklich beeindruckend geworden. Er verwebt historische Wahrheit und Dichtung gekonnt mit einer Mystery-Geschichte rund um rachsüchtige Götter. Dabei wird die Belagerung von Troja - obwohl der Ausgang schon bekannt ist - so spannend erzählt, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag. Die Geschichte bleibt dabei bis zum Ende hin angenehm undurchsichtig, erst spät klären sich der Racheplan der Schwestern sowie die tieferen Beweggründe auf. Auch gelingt es den Autoren wirklich großartig, die Sympathien des Lesers mit den einzelnen Pro- und Antagonisten im Verlauf des Buchen wechseln zu lassen. Trotzdem bleibt die Charakterisierung der Figuren ein wenig flach, was sicher auch dem mit nur 64 Seiten (davon 54 Seiten Comic) recht geringen Umfang geschuldet ist – Immerhin werden gleich drei Handlungsstränge (die Belagerung an sich, die Rache der Götter, die anschließende Flucht der Trojaner ins Exil) abgehandelt. Die unaufgeregten Zeichnungen sind überaus solide und sehr nett anzuschauen, auch das generelle Design und der Aufbau der Panels bleiben recht konservativ. Dafür passt die Farbgestaltung durchgehend, sodass die Geschichte durchaus atmosphärisch erzählt wird. Drucktechnisch bietet der „Splitter Verlag“ (welcher mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) wieder tolle Qualität. Aufgewertet wird dieses Graphic Novel-Hardcover zudem durch einen wissenschaftlichen Anhang über acht Seiten. Somit kann ich den Buchpreis von 15,80 € als absolut gerechtfertigt bezeichnen :-) Fazit: "Roma #1: Der Fluch" (Link) ist ein wirklich großartiger Auftaktband der meiner nach vielversprechendsten Graphic Novel-Reihe des Jahres. Absolute Kaufempfehlung!
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