Die 13-teilige Comic-Saga „Roma“, welche das Schicksals des bösartigen Palladiums von der Gründung der ewigen Stadt bis hin in dessen ferne Zukunft erzählt und dabei gekonnt Fakten mit Fiktion vermischt, galt für mich schon nach dem Auftaktband als vielversprechendste Graphic Novel-Reihe des Jahres. Nachdem ich nun den von mir sehnlichst erwarteten zweiten Teil gelesen habe, möchte ich meine bisherige Meinung zu dieser Comic-Serie zwar nicht revidieren, wohl aber neben viel verdientem Lob auch meiner aufkeimenden Sorge Ausdruck verleihen. Rund eintausend Jahre nach der Gründung Roms im ersten Teil hat sich das Exil der trojanischen Flüchtlinge zu einer prächtigen Stadt entwickelt. Diese nutzt ihre über die Jahre gewonnene Macht, um sich im ganzen Mittelmeerraum auszudehnen. Das führte unweigerlich zum Konflikt mit der Großmacht Karthago, welche im Ersten Punischen Krieg jedoch unterlag. Während zwischen den beiden Großmächten nun ein brüchiger Frieden herrscht, vereinbaren Karthagos Herrscher Hannibal und Roms Senator Furius Leo ein Komplott zum vermeintlichen Wohle beider Städte: Karthago bekäme das Palladium (magische Statue als physische Manifestation göttlicher Rache) und würde seine Macht behalten, Rom wäre dafür von seinem ewigen Fluch befreit und hätte einen lukrativen Handelspartner. Doch um seinen verräterischen Plan auszuführen, muss Furius Leo zuerst die Macht in Rom an sich reißen und den Stadtstaat im Zweiten Punischen Krieg an die Grenzen der Niederlage führen... Dies gelingt ihm anfangs auch ganz hervorragend: Hannibals Armee marschiert über die Alpen, die römischen Legionen werden vernichtend geschlagen. Dabei verliert auch Marcus Aquilia sein Leben, die unerfüllte Liebe von Leos Tochter Helena. Diese muss, als Teil der verfluchten Familie, dem Palladium als jungfräuliche Priesterin dienen und nutzt daher ihre Macht aus, um ihn aus dem Totenreich zurückzuholen. Damit setzt sie jedoch eine Folge von tragischen Ereignissen in Gang, die das Schicksal Roms nachhaltig beeinflussen werden – Denn für das Palladium sind sie und Marcus nur Bauernopfer zur Machterhaltung. Hier passiert also eine ganze Menge auf den effektiv 54 Comic-Seiten (der Rest geht drauf für einen wieder sehr interessanten geschichtlichen Anhang). So kann man im Prinzip auch gar nicht von Prota- und Antagonisten sprechen, denn diese Rollen wechseln innerhalb der sich historisch über mehrere Jahre erstreckenden Geschichte. Hier stellen sich einige interessante moralische Fragen, die mich auch nach dem Durchlesen noch stark beschäftigt haben: Heiligt der Zweck die Mittel? Oder konkreter: Ist die Befreiung vom Fluch es wert, hunderttausende Soldaten zu opfern? Und wie viel ist man persönlich bereit zu leiden, um Nahestehende zu retten? Im Vergleich zum Vorgänger bietet „Roma #2: Sieg oder Sterben“ eine generell spannendere Story mit einigen richtig starken Einzelszenen (besonders die Schlacht von Cannae, welche aus Sicht des im Totenreich wartenden Marcus gezeigt wird). Auch die grafische Gestaltung ist mit dem Künstler dieser Ausgabe, Luca Erbetta, wesentlich ansprechender – Wobei, das ist natürlich Geschmackssache, ich habe diesbezüglich auch schon negative Aussagen gehört. Allerdings machen sich im römisch-karthagischen Abnutzungskrieg auch einige Story-Abnutzungserscheinungen bemerkbar: Der generelle Handlungsverlauf nutzt sich, trotz mehr Intrigen und Verrat, bereits im zweiten Teil ein wenig ab. Verfluchte Familien, die sich gegen die Auswirkungen des Palladiums wehren, dazu bissel Krieg drumherum inklusive dramatischer Belagerung, am Ende siegt der böse Fluch doch wieder... Ich fürchte ja fast, da sich der dritte Teil um Julius Cäsar drehen wird, dass es dort wieder in diese Richtung geht. Aber Band 3 „Tötet Cäsar!“ (Link) kommt ja erst im Dezember, da kann ich dann immer noch jammern ;-) Absolut nicht jammern muss ich über die wie immer sehr gute Druckqualität, welche die Comic-Spezialisten vom „Splitter Verlag“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) hier vorlegen. Ein großformatiges Hardcover mit scharfem Druck, guter Textübersetzung und, wie schon oben im Text erwähnt, interessantem Bonus-Teil für 15,80 € halte ich preislich für absolut angemessen :-) Fazit: „Roma #2: Siegen oder Sterben“ (Link) legt qualitativ nochmal eine Schippe drauf zum ohnehin sehr guten Auftaktband „Der Fluch“ (Link). Mittlerweile betrachte ich diese Serie nicht mehr nur als vielversprechendste, sondern auch als beste Graphic Novel-Reihe des Jahres :-D
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