Der umtriebige Hallenser Spieleverein "Würfelpech e.V." (Link) hat sich mal wieder was ganz tolles ausgedacht: Die Spielewerkstatt, welche mit dem schmissigen Untertitel "Verwirkliche deine Spielidee" eigentlich schon treffend tituliert, worum es eigentlich geht: Nachwuchsspieleautoren bekommen hier einen Einblick in die Szene, Tipps für die Veröffentlichung und natürlich konstruktives Feedback für ihre Spielidee. Federführend bei der Organisation, bei den Vorträgen und Workshops sind die beiden Spieleprofis Marius und Teresa. Letztgenannte gab mir die Gelegenheit, mit ihr ein kleines Interview zur Spielewerkstatt und zu ihren persönlichen Erfahrungen im Spielebusiness zu führen :-) Hallo Teresa. Bevor wir loslegen, stell Dich doch bitte mal den Lesern vor.
"Hi, schön mit Dir zu plaudern :-) Meinen Namen muss ich ja nicht mehr nennen, aber ich erwähne mal, dass ich 25 und gebürtige Berlinerin bin. Aus unserer Hauptstadt bin ich aber dann doch zum Biochemiestudium nach Halle geflohen und erstmal hier hängen geblieben (ja Halle hat auch seine guten Seiten!). Inzwischen bin ich aber schon aus der Studienzeit raus und gehe momentan vielen Projekten nach bis mich das Arbeitsleben einholt. So wird’s nicht langweilig. Trotz meiner naturwissenschaftlichen Ader bin ich ein kreativer Kopf: Malen, Singen, Schreiben und neue Projekte anfangen macht einfach Spaß. Manchmal stehen mir nur meine zwei linken Hände im Weg, sodass ich nicht um diese ständigen blauen Flecke von irgendwelchen Zusammenstößen mit mir und anderen Gegenständen drumherum komme. Ich lebe in Symbiose mit Fahrrädern, weil ich ohne sie nicht vom Fleck kommen würde. Durch Spielen pflege ich schon seit vielen Jahren das Kind in mir. Ich spiele ziemlich viele Sachen. Aber am meisten haben es mir die Rollenspiele und Strategiespiele angetan - egal ob Computer- oder Brettspiel. Ich liebe gute Geschichten und lege bei Rollenspielen daher auch viel Wert auf spannende Erzählungen. Und wer schon mal sechs Stunden am Stück an einem Strategiespiel gesessen und sich immer noch wie blöde gefreut hat: Hallo, ich suche mal wieder neue Leute für längere Spielerunden!"
Wie ich gehört habe, bis Du nicht nur selber begeisterte Spielerin, sondern auch hinter den Kulissen aktiv. Erzähl doch darüber bitte kurz.
"Ich bin sozusagen ein Minion für die Verlage. Seit mehr als drei Jahren bin ich bei "Pegasus Spiele" als Supporter tätig und erkläre den Leuten vor allem auf Messen die Neuheiten des Jahres. Das macht unglaublich viel Spaß, weil man dabei viele nette und interessante Menschen kennenlernt und die Verlagsmitarbeiter sehr sympathisch sind. Ihr solltet mal warten bis ein Messetag vorbei ist und die Party beginnt :-D Die gesamte Spielebranche ist eigentlich wie eine große Familie. Viele häufiger arbeite ich aber im Spieleautorenservice für "Ravensburger". Ich bewerte die meiste Zeit Spielideen von Autoren, die noch kein Spiel veröffentlicht haben. Davon gibt es sehr viele und der Verlag schafft es nicht, sich alle anzuschauen. Daher wurde es in die "Mühlenkind Kreativagentur" ausgelagert und ich bin eher zufällig über meine Supporttätigkeit reingeraten. Von den eingesendeten Spielideen lese ich mir jede einzelne Anleitung durch, gebe Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge ab. Die Autoren schätzen das Feedback, weil es konstruktiv und ehrlich ist. Wenn uns eine Idee gefällt, testen wir den Prototypen. Und wenn uns dieser auch überzeugt, muss er den Härtetest vor der Redaktion von "Ravensburger" bestehen - das passiert zweimal im Jahr auf den großen Messen in Nürnberg und Essen. Aber es ist ein langer Weg für Autoren, bis ein Spiel veröffentlicht wird. Trotzdem bin ich froh, dass es immer wieder welche versuchen."
Und nun der Vollständigkeit halber: Du bist zudem ein hohes Tier im "Würfelpech Halle e.V." - Was machst Du da und - es ist ja nicht so dass ich nicht schon gefühlt ein Dutzend Artikel drüber geschrieben habe - was macht der Verein?
"Der "Würfelpech e.V." ist ein gemeinnütziger Jugendverein, der nach dem Motto „Spielen ohne Bildschirm“ alle Arten des analogen Spielens fördert - Brettspiele, Pen&Paper Rollenspiel, Tabletop und Sammelkartenspiele. Wir haben ein Vereinsheim in Halle, der für jeden Hobbybereich einen Raum bietet (der Rollenspielraum ist echt gemütlich :-D). Aber nicht nur das - wir setzen auch eigene Projekte um. Seit ungefähr anderthalb Jahren gibt es durch uns eine Kooperation mit einem örtlichen Gymnasium eine Rollenspiel AG, mit der wir die Sozialkompetenz und Kreativität der Schüler fördern möchten. Ich bin seit letztem Jahr zweiter Vorstand von "Würfelpech" und kümmere mich um alles was mit Veranstaltungsorganisation und Öffentlichkeitsarbeit zu tun hat (die "HallunkenCon" mal ausgenommen). Wenn jemand eine Idee für ein Projekt hat, bin ich die richtige Ansprechpartnerin und sorge dafür, dass es auch umgesetzt und gut besucht wird. Anfang April war ja der Gratisrollenspieltag und ich bin stolz, sagen zu können, dass wir unter meiner Aufsicht zusammen mit unseren Leipziger Freunden die besucherstärksten Veranstaltungen in Deutschland hatten. Zurzeit arbeite ich sehr viel an der Umsetzung von „HalleSpielt!“. Das Projekt soll Spielen als Kulturgut fördern und zeitgleich teilnehmende Vereine und Läden bekannter werden lassen. Erst vor kurzem hat die Stadt uns eine Förderung dafür zugesagt."
Gemeinsam mit dem "Würfelpech Halle e.V." veranstaltest Du eine Workshop-Reihe für Nachwuchsentwickler. Stell diese doch bitte kurz vor.
"Viele hatten bestimmt schon mal die Idee ein eigenes Brett- oder Kartenspiel zu entwickeln (ich auch). Und einige haben es vielleicht auch schon getan, aber sind im Entwicklungsprozess stecken geblieben. Dabei stößt man auf viele Hindernisse, die sich allein sehr schwer lösen lassen. Deshalb haben wir die "Spielewerkstatt" eingerichtet. Sie soll ein Anlaufpunkt für alle sein, die sich gern einmal mit Spielentwicklung beschäftigen möchten und nach Austausch mit Gleichgesinnten suchen. Sei es die eigene Entwicklung einer Spielidee oder anderen dabei zu helfen."
Wie läuft so ein Treffen ab? Hat es eine feste Gliederung?
"Die Werkstatt findet zweiwöchentlich freitags immer ab 18 Uhr im Vereinsheim vom "Würfelpech e.V." statt. Prinzipiell ist es ein lockeres Treffen in persönlicher Atmosphäre. Jeder soll sich vor allem wohl fühlen und Spaß haben. Wir möchten den Teilnehmern nicht nur den Austausch ermöglichen, sondern ihnen auch theoretische Hintergründe zu Spielentwicklung und Verlagswesen mitgeben. Daher beginnt jeder Termin mit einem kleinen theoretischen Einstieg zu einem spezifischen Thema, der aber vor allem auch durch den Dialog mit den Teilnehmern belebt werden soll. Frontalunterricht soll hier nicht auf dem Plan stehen. Danach geht es dann eifrig ans Testen, Optimieren und Basteln von Spielideen. Diese können von den Teilnehmern selbst stammen oder aber wir entwickeln zusammen ein neues Spiel."
Wie ist die Zielstellung der Reihe? Ganz provokant gefragt: Wenn ich alle Termine besuche, bin ich danach einfach nur klüger oder habe ich dann bereits das perfekte Spiel UND den ersten Veröffentlichungsvertrag in der Tasche ;-)
"Haha nein, deinen Vertrag musst du dir schon selbst erarbeiten, wir helfen dir, dein Spiel zu optimieren. Aber vielleicht, wenn du regelmäßig kommst, wirst du wissen, was du am besten bei der Umsetzung deiner Spielidee beachten solltest. Du weißt, wie du Testspiele gestaltest und wie eine richtige Anleitung aussieht. Außerdem wird die Arbeitsweise von Verlagen für dich nichts Geheimnisvolles mehr an sich haben. Du weißt, wie und wo du dein Spiel am besten den Redakteuren vorstellst. Ich würde also sagen, dass du am Ende klüger bist und weniger Fragezeichen über deinem Kopf schweben ;-) "
Du arbeitest bei diesem Workshop ja im Team mit Marius. Wer macht was? Und welchen Fach-Hintergrund hat er?
"Marius leitet die Werkstatt und moderiert jedes Treffen. Er entwickelt selbst Spiele und hatte auch schon Kontakt mit dem Verlagswesen und anderen Autoren. Daher weiß er, wie es in der Branche läuft und kann den restlichen Teilnehmern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Er ist wirklich sehr engagiert dabei. Ich unterstütze ihn im Hintergrund mit meinem Wissen und kümmere mich auch um die Öffentlichkeitsarbeit."
Neben Marius sind für die nächsten Termine ja auch einige Szene-Insider, teils möchte ich gar von Szene-Stars reden, angekündigt. Magst Du den Lesern schon mal einen kleinen Ausblick geben?
"Zu viel verraten möchte ich hier nicht, jede Ankündigung soll eine kleine Überraschung sein. Aber zumindest sei gesagt, dass es auch in unserer Gegend ein paar Redakteure gibt, die wir natürlich auch zu der Werkstatt eingeladen haben. Bei dem ersten Treffen hatten wir einen Redakteur aus Berlin zu Gast, der gern seine Erfahrungen mit uns geteilt hat. Er kommt auch gern wieder, meinte er."
Bei der ersten Veranstaltung waren ja rund ein Dutzend Interessenten anwesend. Hast Du mit diesem Feedback gerechnet, warst Du erfreut oder enttäuscht?
"Die gesamte Werkstatt ist ja aus einer spontanen Idee entstanden. Und wir dachten: Hey lass es uns versuchen und schauen wie das aufgenommen wird. Daher war ich positiv überrascht, dass einige gleich zum ersten Termin erschienen sind. Für das nächste Treffen haben sich auch weitere Personen angekündigt. Daher bin ich guter Dinge."
Wie viele Workshops sind erst einmal geplant? Und noch wichtiger: Können Leser, die jetzt erst davon erfahren, noch problemlos quereinsteigen?
"Wir haben vorläufig erst einmal acht Termine, die mit einem theoretischen Einstieg beginnen. Wie ich aber gerade erwähnt habe, warten wir auch erst einmal die Resonanz ab. Wenn die Teilnehmer gern weitermachen möchten, werden wir es natürlich auch tun. Also liebe Leser kommt vorbei und entwickelt mit uns zusammen das Spiel des Jahres ;-) "
Zuletzt: Hast Du noch einen ganz persönlichen Tipp für Nachwuchsentwickler?
"Wenn ihr Spiele entwickeln wollt, folgt immer der Regel: Testen, optimieren, testen, optimieren usw. Man kann nie genug testen - am besten nicht nur mit Freunden, sondern vor allem mit Fremden. Da könnt ihr ehrliche Kritik erwarten. Am besten ihr spielt gar nicht erst mit, sondern beobachtet eure Spieler und ihre Reaktionen. Natürlich findet ihr eure eigene Idee gut, aber erst durch andere werdet ihr das Feedback bekommen, dass ihr braucht (dafür sind wir aus der Werkstatt ja auch da). Also Geduld und viel Erfolg!"
Vielen Dank für das interessante Interview, Teresa :-) Gern verweise ich noch einmal auf die Vereinswebseite (Link) mit allen weiteren Informationen.
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