Eigentlich bringt der kleine „Verlag Torsten Low“, welcher sich im Horror- und Phantastik-Genre einen Namen machen konnte, ja nur Romane und Anthologien heraus. Einmal im Jahr aber trauen sie sich was und wildern in fremden Gebiet, denn dann erscheint die Comicheft-Reihe „Auf den Spuren H.P. Lovecrafts“ (Link). Die preisgekrönte Serie (Ausgabe 2 (Link) bekam 2015 einen GOLDENEN STEPHAN, setzte sich damit durch gegen etablierte Comic-Reihen wie etwa „Batman“ und Star Wars“) bietet jeweils zwei von unterschiedlichen Zeichnern und Autoren präsentierte Kurzgeschichte, welche sich an den Werken von H.P. Lovecraft orientieren. Die erste Geschichte trägt den Titel „Köderwurm“ und wurde von Detlef Klewer sowohl geschrieben als auch gezeichnet. Sie handelt von dem arroganten Bauunternehmer und leidenschaftlichen Angler Samuel Pliesch, welcher in seiner Anglerzeitung vom Rekordfang seines Konkurrenten Thomas Gillmann erfährt. Außer sich vor Neid recherchiert er, dass Gillmann sich wohl in einem Buch namens „Die Geheimnisse des Wurms“ informiert haben muss. Was für ein Glück, dass die örtliche Bibliothek eines der seltenen Exemplare hat... Leider findet der neidische Herr Pliesch dort aber nicht das gesuchte Buch vor, sondern den rachsüchtigen Herrn Gillmann, welcher an ihm Rache nehmen will... Als ich „Köderwurm“ las, kamen mir spontan zwei Gedanken. Der erste war vollends positiv: Langsam steigender, am Ende eskalierender Cthulhu-Grusel, wirklich eine fesselnde Geschichte! Der zweite relativierte mein vorschnelles Urteil ein wenig: Oh Gott sind das viele Zufälle, dieser Racheplan kann doch niemals funktionieren! Gillmann will sich also an Pliesch rächen (aus Gründen, die ich nicht spoilern möchte), aber sein Plan hat so unglaublich viele Löcher :-( Nur damit Pliesch überhaupt in die Stadtbibliothek geht, muss er 1. diese Anglerzeitung lesen und 2. das Buch im Rucksack am Bildrand entdecken und 3. den Rückschluss ziehen, dass dieses Buch der Grund ist, weshalb Gillmann den Riesenfisch geangelt hat... Achja 4. muss er auch hoffen, dass Pliesch gleich nach der Lektüre der Anglerzeitung auch wirklich zur Stadtbibliothek fährt, sonst muss er vielleicht noch tagelang auf sein Opfer warten ;-) Also ich denke man versteht, wo mein Problem mit der Story-Konstruktion liegt – Nichtsdestotrotz hat sie mich angenehm gegruselt! (EDIT: siehe hierzu bitte Detlefs Anmerkungen in den Kommentaren, welche für mich zumindest Punkt 2 und 3 entkräften :-)) Die zweite Geschichte „Mr. Ashires Vermächtnis“ wurde geschrieben vom dynamischen Autorenduo Vanessa Kaiser und Thomas Lohwasser. Fast schon als klassisch möchte ich die Handlung beschreiben: Der titelgebende Mr. Ashire möchte unbedingt Kinder, doch seine Frau gebärt ihm keine. Als die Schulmedizin versagt, erreicht ihn ein anonymer Brief mit einem okkulten Kinderwunschritual. Aus purer Verzweiflung, trotz schrecklicher Vorahnungen, probiert er es aus und tatsächlich stellt sich rasch eine Schwangerschaft ein. Nur wird ihm seine Frau kein normales Kind gebären... Ich will mich kurz fassen: Von allen bisherigen Geschichten dieser Comic-Reihe ist „Mr. Ashires Vermächtnis“ die beste, wenn sie aufgrund der Ausgangslage auch ziemlich vorhersehbar ist. Der immer rascher ansteigende Gruselfaktor, die glaubwürdige Handlung (also im Rahmen eines Cthulhu-Settings natürlich :-P) und die dichte Atmosphäre haben mich die Geschichte verschlingen lassen. Gerade durch die vorausahnenden Träume, welche das drohende Unheil ankündigen, bleibt der Spannungsbogen konstant hoch. Die Geschichte wurde ebenfalls von Detlef Klewer in Szene gesetzt; dabei gehört er zu den besseren Zeichnern der Reihe. Sein Zeichenstil ist schon recht eigentümlich, aber versprüht gerade auch durch die schwarz-weiße Farbgebung eine gruselige Kälte – Vanessa, Thomas, Detlef: Howard Phillip wäre stolz auf euch :-D Fazit: Mit der dritten Ausgabe von „Auf den Spuren H.P. Lovecrafts“ (Link) hat der kleine „Verlag Torsten Low“ sein Comicheft-Meisterstück abgeliefert. Wer sich für guten Horror interessiert, muss sich die 5,80 € für das 56 Seiten starke Heft (+ Autogrammkarte) unbedingt gönnen!
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