Man kann mich ja durchaus für Weltkriegs-Pulp begeistern. „Dust 1947“ (Link) beim Tabletop und „Achtung! Cthulhu“ beim Rollenspiel – Da bin ich voll dafür :-D Auch im Comic-Sektor wird diese spezielle Nische gerne mal bedient, zuletzt von den mit einem BRONZENEN STEPHAN ausgezeichneten „Eisendivisionen“ (Link). Vom gleichen Verlag, nämlich „Bunte Dimensionen“, stammt auch „Spynest: Birdwatchers“. In diesem Comicreihen-Auftakt kämpfen eine alleskönnende Schönheit sowie 007-Erfinder Ian Fleming gegen Nazi-Dominas und Supersoldaten, um Wunderwaffen zu stehlen. Klingt doch vielversprechend, oder? Paris 1942: Die für den amerikanischen Militär-Nachrichtendienst arbeitende, in einem Indianer-Reservat aufgewachsene Terryiona Crow soll gemeinsam mit ihrem mittelprächtig begabten Kollegen Warren einen deutschen Flugzeug-Prototypen von einem besetzten Flughafen stehlen. Hierfür schleichen sie sich, verkleidet als japanisches Diplomaten-Ehepaar, in einen Gala-Empfang von Reichsmarschall Göhring. Als sie eher zufällig den britischen Spion Ian Fleming, welcher Geheiminformationen über Uran-Waffen gestohlen hat, befreien, fliegt ihre Tarnung auf. Sie fliehen gemeinsam, zufälligerweise treffen sie dabei auch noch den sowjetischen Spion Oleg. Dieser ist ein Ex-Geliebter von Terryiona, welcher ebenfalls des Prototyps wegen nach Paris gekommen ist. Die vier Geheimdienstler schließen sich daher für die Erstürmung des Flughafens zusammen. Anfangs lassen sich die Wachen auch überrumpeln, doch als ein SS-Supersoldat auftaucht, gerät die Truppe in tödliche Gefahr... Ich denke anhand dieser kurzen Zusammenfassung sollte man schon erkennen, in welche Richtung die Handlung von „Spynest: Birdwatchers“ geht: Actionreicher Trash-Pulp, welcher glücklicherweise nicht den Fehler begeht sich allzu ernst zu nehmen. Die eigentliche Handlung des gerade mal 48 Seiten umfassenden Auftaktbandes ist bestenfalls als übersichtlich zu bezeichnen, was aber zwischen all den Schießereien, Explosionen und wohlproportionierten Frauen untergeht ;-) Ins Gewicht fällt da eher die absolut mangelhafte Charakterzeichnung der handelnden Figuren: Terryiona ist eine erotische 007, Ian ist der selbstverliebt Macho, Warren bleibt nur die Rolle vom dritten Rad am Wagen und Oleg ist der Quotenrusse. Die Gegner sind halt Nazis, mehr muss der Leser offensichtlich nicht wissen :-P Und doch, trotz flacher Handlung und noch flacherer Figuren, macht das Lesen dieses Comics einfach riesigen Spaß :-D Auch die Zeichnungen sind gefällig: Der Detailgrad geht in Ordnung, die Actionszenen wirken dynamisch und die (für meinen Geschmack etwas zu bunte) Farbgebung ist der Atmosphäre zuträglich. Dazu gibt es, dem leichtfüßigen Ton des Comics folgend, einige witzige zeichnerische Einfälle: Beispielsweise sieht eine bewusstlos geschlagene Nazi-Domina keine Sternchen oder Vögelchen, sondern kleine Reichsadler und Hakenkreuze. Von den Letztgenannten gibt es übrigens eine ganze Menge, deren Quantität wirkt für meinen Geschmack ein wenig aufgesetzt. Kritisch sehe ich an manchen Stellen die Mimik der Figuren, welche gelegentlich übertrieben wirkt oder nicht ganz zum gesprochenen Wort passt (oder liegt es an der Übersetzung?). Der kleine Comic-Verlag „Bunte Dimensionen“ aus Augsburg (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat) bringt den Serienauftakt (Link) als 48 Seiten umfassendes Hardcover für 14 €, was ein vollkommen akzeptabler Preis ist. Fazit: „Spynest: Birdwatchers“ (Link) bietet genau den übertriebenen, leichtfüßigen Weltkriegs-Pulp, den man von einem Comic aus dieser speziellen Nische erwartet :-D
Tags