Der Bürgerkrieg in Syrien zählt aktuell zu den wichtigsten weltpolitischen Geschehnissen, dessen Folgen auch uns in Deutschland betreffen. Dabei bleibt uns als Außenstehenden ein tiefer gehender Einblick in diesen gleichsam politischen wie religiösen Konflikt verwehrt. Die, vom im August 2011 nach Frankreich geflohenen syrischen Architekten und Künstler Hamid Sulaiman geschaffene, Graphic Novel „Freedom Hospital“ versucht die Geschehnisse aus dem Blickwinkel von zwar fiktiven, aber an reale Personen angelehnten Figuren nachzuzeichnen. In seiner tragischen Geschichte um das namensgebende Untergrundkrankenhaus verarbeitet er seine Erlebnisse und gibt dem Leser eine Ahnung davon, wie die dortige Bevölkerung den Bürgerkrieg erlebt und warum es immer schlimmer werden wird... Syrien 2012: Während die Anti-Assad-Proteste vom Regime niedergeschossen werden, betreibt die pazifistische Pharmazeutin Yasmin ein illegales Untergrundkrankenhaus. Das Ärzte- und Helferteam besteht aus Männern und Frauen mit unterschiedlichsten politischen und religiösen Ansichten, deren gemeinsamer Traum vom Sturz des Assad-Regimes sie zusammenschweißt. Dabei arbeiten sie unter Lebensgefahr: Bombardierungen, Scharfschützen, Lebensmittelknappheit, Spione und letztendlich das Erstarken der ISIS-Terroristen zeigen den idealistischen Helfern die Grenzen ihrer Möglichkeiten auf. Dabei ist „Freedom Hospital“ kein verklärendes Heldenepos, sondern ein im Rahmen der künstlerischen Freiheit eng an der Realität orientiertes, die Zusammenhänge erklärendes Drama. Auch wenn es vielleicht als unpassende Formulierung erscheint, zieht die Geschichte ihren unterhaltsamen Reiz vor allem aus dem Aufeinandertreffen der verschiedenen Prota- und Antagonisten. Die Glaubwürdigkeit der als Stellvertreter verschiedener religiöser und (macht-)politischer Gruppen fungierenden Charaktere ist für das Verständnis der Geschehnisse ungemein wichtig. Hierdurch kann man als Leser sogar nachvollziehen, wieso die zahlenmäßig überlegene syrische Armee von unterfinanzierten und schlecht bewaffnete Rebellen so rasch zurückgedrängt werden konnte, vor allem aber auch, warum ISIS so erfolgreich ist bei einer Bevölkerung, die doch gerade der Freiheit wegen die Revolution begonnen hat. Seine Geschichte hat Hamid Sulaiman in über 1100 kontrastreichen Schwarz/Weiß-Zeichnungen umgesetzt, welche ihre Wirkung gerade in den großformatigeren Panels nicht verfehlen. Gerade bei den Figuren hätte ich mir zwar mehr Details gewünscht, doch kann man trotz dessen durch die Mimik und Gestik die Emotionen der Charaktere gut erkennen. Die der Graphic Novel zugrunde liegenden Tuschezeichnungen wurden übrigens schon in Museen, auch in Deutschland, ausgestellt – Die gute Druckqualität vom „Hanser Berlin“-Verlag (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) ist diesen Bildern dabei durchaus angemessen. Der Preis von 24 € für das 288 Seiten umfassende Softcover erscheint mir daher vollkommen in Ordnung. Fazit: Hamid Sulaimans authentische Graphic Novel „Freedom Hospital“ (Link) ist gleichsam ein wirkungsstark gezeichnetes Lehrbuch über den syrischen Bürgerkrieg und auch ein bedrückendes Drama über das Scheitern von Idealen. Absolut empfehlenswert!
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