Der Autor Felix A. Münter ist ein literarischer Tausendsassa, ein rast- und ruheloser Vielschreiber. 2017 treibt er es damit auf die Spitze, dass jeden Monat ein neuer Roman (Link) aus seiner Feder erscheinen soll! Da bietet sich natürlich die abgedroschene Frage „Masse statt Klasse?“ an, und so war ich natürlich sehr gespannt wie sich mit dem Steampunk-Roman „Vita“ (Link) die erste Veröffentlichung des Jahres so schlagen würde...
Ort der Handlung ist der im Industrialisierungszeitalter befindliche Stadtstaat Blackwater, welcher gegenüber seinen Nachbarn einen entscheidenden Vorteil besitzt: Die Wunderpaste Vita, welche nicht nur einen energiereichen und sauberen Brennstoff darstellt (eigentlich müsste das Genre also Vitapunk heißen ;-)), sondern auch noch eine heilende Wirkung besitzt. Niemand weiß so richtig, was das Glibberzeug eigentlich darstellt und wie es auf einem fernen Kontinent hergestellt wird, aber fast jeder partizipiert von dessen Annehmlichkeiten. So auch Alexander McRoy, der Protagonist des Buches. Dieser invalide Kriegsveteran, der in Folge seiner Verwundung zu sehr den Schmerzmitteln zuspricht und darüber seine Ehe vergeigte, ist ein überaus pflichtbewusster Friedenshüter – Im Zweifel setzt er das Gesetz über die Gerechtigkeit. Damit ist er das perfekte Werkzeug der Mächtigen, als es zu Unruhen kommt: Gewerkschaften streiken für bessere Arbeitsbedingungen, die Untergrundorganisation „Die Stimme“ sabotiert Fabriken und zu allem Überfluss geht auch noch eine ganze Jahresproduktion des unerlässlichen Vita beim Transport über den Ozean verloren. Das erste Drittel des Buches liest sich dabei wie ein klassischer Krimi: Der Ermittler McRoy wird vorgestellt und bei seinen Ermittlungen gegen die anarchistischen Untergrundkämpfer begleitet. Schnell kann er erste Erfolge feiern, bis eine Razzia aus dem Ruder läuft und er in einen tödlichen Hinterhalt gerät...
Jetzt ist so ziemlich genau ein Drittel des Buches rum und ab jetzt wird es für mich schwierig: Denn so ziemlich genau nach dem ersten und dann nochmal, wenn auch etwas abgeschwächt, nach dem zweiten Drittel kommt jeweils ein groß(artig)er Story-Twist, der für mich so nicht vorhersehbar war und dem Buch eine neue Richtung, teils fast schon ein neues Genre, gibt. Angetan hat es mir dabei gerade die erste Überraschung, welche sozusagen mit wenigen Sätzen aus der „klassischen“ Kriminalgeschichte plötzlich einen waschechten Steampunk- bzw. Vitapunk-Roman macht :-) Diese Überraschungen bringen dabei ein wenig Pfeffer in eine ansonsten etwas fade Geschichte. Denn so interessant und spannend die „Vita“-Handlung auch ist, so vorhersehbar ist sie auch. Sobald der Autor die industrialisierte Gesellschaft von Blackwater sowie die ersten (eher klischeelastigen) Charakterzüge vom Protagonisten McRoy, auf den sich die Handlung ausschließlich konzentriert, beschrieben hat, bekommt man eigentlich auch schon eine Ahnung was so im Groben passieren wird und wie die ganze Geschichte für ihn ausgehen wird. Nach kaum der Hälfte weiß man es dann sicher – McRoy und das ganze Setting um ihn herum sind einfach genau auf diesen Handlungsverlauf hin angelegt. Da helfen auch die wenigen handlungsrelevanten Nebenfiguren nicht weiter, welche eher blass bleiben und sozusagen nicht mehr als ein Klecks Vita sind, welche den Handlungsmotor am Laufen halten beziehungsweise anheizen ;-) Nun klingt das vielleicht härter, als es eigentlich angedacht war: Denn auch wenn man sich, trotz oder wegen der Story-Twists, schon das offene, dafür aber wunderbar konsequente Ende ausrechnen kann, schafft es der Autor doch den Leser mit seinem hervorragenden Schreibstil zu fesseln. Die Geschichte liest sich so schnell und flüssig, dass ich auch mal problemlos 200 Seiten in einem Rutsch weg hatte, ohne mich auch nur einen Moment zu langweilen oder mit den Gedanken abzuschweifen. Und das schaffen nicht viele Autoren, meinen Respekt dafür :-D Insgesamt 317 Normseiten umfasst das im „Papierverzierer Verlag“ erschienene eBook, welches absolut akzeptable 2,49 € kostet.
Fazit: Wenn Felix A. Münter sein Versprechen einhält und jeden Monat ein Buch veröffentlicht, dann muss ich mir eigentlich keine Sorgen um die Qualität machen, solange er das Niveau von „Vita“ (Link) hält. Denn der Steampunk-Roman ist nicht nur interessant und liest sich gut, er bietet trotz Vorhersehbarkeit auch ein paar coole Story-Twists. Insgesamt mit 82 % beziehungsweise 4,1 / 5 Friedenshüter-Sternen eines großkapitalistischen Online-Bösewichts ein, nicht nur für Genre-Fans, empfehlenswertes Buch :-)