Hagen Tronje Grützmacher ist nicht nur Chef des kleinen, aber erfolgreichen „Verlag Schwarzer Ritter“ (meinen Lesern sicher bekannt durch hochklassige Fantasy-Kinderbücher), sondern auch selber Autor. Mit „Zmaë: Die Wächter von Steinthal“ veröffentlichte er nun seinen zweiten Roman, welcher in der bereits etablierten Spielwelt des „Mythodea“-LARPs handelt. Da war ich natürlich gespannt, ob mich Hagens Werk als Nicht-LARPer mitreißen würde? Der Ort der Handlung ist das kleine Bergdorf Steinthal, welches abgelegen und ärmlich als Residenz des Jungbarons Dagotin Belezar von Siebensteyn dient. Außer seinem verwirrten Vater und dem altehrwürdigen Familientitel ist Dagotin nicht mehr viel geblieben, schon gar nicht Ruhm oder Reichtum. Und so macht er sich in den Bergen auf die Suche nach Gold, löst damit aber lediglich ein Erdbeben aus. Dieses wiederum verschüttet den nördlichen Zugang zum Dorf – Was sich letztendlich als Glücksfall erweist, denn beim Beschauen der Schäden entdeckt er eine Kompanie des Untoten Fleisches, welche auf das Dorf zumarschiert. Das Erdbeben bzw. die Verschüttung bremst deren Vormarsch aus, sodass Dagotin glaubt, rechtzeitig im Süden Söldner zum Schutz des Dorfes anwerben zu können. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt... Die Geschichte um den Unglücksraben Dagotin, von dem letztlich das Schicksal Steinthals abhängt, ist dann auch der Haupthandlungsstrang des 280 Seiten umfassenden „Mythodea“-Romans. Allerdings nicht der einzige: So wird die zwar ein wenig vorhersehbare, aber spannende Geschichte auch immer wieder aus den Perspektiven der Dorfheilerin Lissa, des Söldnerhauptmanns Kaelum sowie des Untoten Fleisches betrachtet. Dabei gelingt es dem Autor sehr gut, diese unterschiedlichen Handlungsstränge zusammenzuführen – Keine Figur ist bloßer Statist, jede ist ein mehr oder minder großes Rädchen im Story-Getriebe, auch wenn sich deren Funktion teils erst ganz am Ende aufzeigt. Dabei bleibt der Fokus jedoch auf Dagotin gerichtet, welcher auch tiefer charakterisiert wird, eine glaubwürdige Handlungsmotivation besitzt und eine spürbare Entwicklung durchmacht. Den anderen Haupt- und prominenten Nebencharakteren bleibt dies zumeist verwehrt, mehr Tiefe als für ihre Story-Funktion notwendig ist wird ihnen selten zugestanden. Dies macht im Endeffekt gewisse Handlungsmotivationen nicht immer voll nachvollziehbar. Trotzdessen beschreibt der Autor seine Figuren aber so lebendig (wenn halt wie gesagt auch nicht tiefgründig), dass man als Leser einfach mitfiebert und sich für ihr Schicksal wirklich interessiert – Sogar bei den Antagonisten! Wen ich bis jetzt noch nicht erwähnt habe, ist die titelgebende Figur Zmaë. Diese ist für mich leider der große Schwachpunkt des eigentlich gelungenen Romans. Ich versuche nicht zu viel zu spoilern, aber kurz möchte ich doch kurz zusammenfassen, dass die magiebegabte und von ihrer Sippe missverstandene Zmaë der eigentliche Auslöser der gesamten Handlung ist. Aber das war es dann auch schon, das hätte man auf zwei Seiten abhandeln können. Was ich jetzt in einem halben Satz beschrieben habe, verbraucht über das ganze Buch verteilt leider viel zu viele Absätze und nimmt, da unabhängig von eigentlich Steinthal-Haupthandlung, wesentlich Tempo aus der Geschichte heraus. Für Kenner der „Mythodea“-Spielwelt bieten diese Passagen aber möglicherweise einen Erkenntnis-Zugewinn. Unabhängig davon konnte ich der Handlung als Nichtkenner der Spielwelt aber gut folgen. Lediglich eine einzige meiner wenigen Verständnisfragen konnte ich nicht durch den angehängten, kurzen Glossar am Ende des Buches selbst beantworten :-) Jetzt sind dann aber auch wirklich schon alle Kritikpunkte abgehandelt, jetzt folgt nur noch Lob ;-) Zuvorderst zu nennen ist dabei der sehr bildhafte Schreibstil des Autors, welcher es schafft die Welt und die Handlungsfiguren vor dem geistigen Auge des Lesers auferstehen zu lassen. Auch gefiel mir, dass der eigentliche Handlungsort recht kompakt gewählt ist (weitestgehend das Dorf und die Berge drumherum) und der Konflikt in einem glaubwürdigen Rahmen bleibt – Ich hab schon viel zu viele Bücher gelesen, in der ein Niemand die ganze Welt rettet. Hier holt dieser Niemand einfach kompetente Leute, die dann sein Dorf retten sollen :-P Auch gefiel mir die Konsequenz, mit welcher der Autor selbst Hauptfiguren über die Klinge springen lässt, sodass beim Lesen eine bedrohliche, düstere Atmosphäre aufkommt. Da das Lektorat auch ganz in Ordnung ist (lediglich ein paar kleinere Fehler) und die Druckqualität des 280 Seiten starken Taschenbuches passt, kann man die 12 € für einen Kleinverlag durchaus mit gutem Gewissen ausgeben. Fazit: „Zmaë: Die Wächter von Steinthal“ (Link) profitiert von einem guten Schreibstil und der dichten Atmosphäre. Die verschiedenen Handlungsstränge rund um die Dorfverteidigung sind spannend, ausgerechnet die Zmaë-Nebengeschichte drosselte Tempo und Lesevergnügen jedoch ein wenig. Letztendlich bleibt aber ein durchaus guter Fantasy-Roman, der nicht nur „Mythodea“-Fans erfreuen wird und sich seine glatten 80 % bzw. 4 / 5 Sternchen redlich verdient hat. PS: Gern verweise ich noch auf diese tolle Rezi (Link).
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