Mit dem dritten Band der „Aliénor: Die schwarze Legende“-Reihe, welcher gleichzeitig der insgesamt fünfte Teil der „Königliches Blut“-Reihe darstellt, haben es die Comic-Spezialisten vom „Splitter Verlag“ (nach dem grandiosen „Auf die Barrikaden!“) wieder einmal geschafft, mein Interesse für die großen Frauen der französischen Geschichte zu wecken. Diese insgesamt sechsteilige Serie handelt über Eleonore von Aquitanien (im französischen auch Aliénor), einer der bedeutendsten Französinnen des Mittelalters (Link). Die Biografie der zuerst Königin von Frankreich und dann Königin von England klingt dabei so unglaublich, als hätte sie ein übereifriger Autor im Größenwahn erdacht – Aber nein, alles echt! Bei so einer schillernden Person schreibt sich ein guter Comic dann doch ganz von alleine, oder? Der dritte Band deckt Aliénors Lebensabschnitt von 1144 bis 1149 ab: Die junge, intrigierende Königin leidet unter der Ehe mit dem exkommunizierten Ludwig VII., der wegen der Massakers bei der Belagerung von Vitry schwere Schuldgefühle durchleidet und in einen selbstkasteienden, religiösen Fanatismus verfällt. Durch geschickte Diplomatie mit alten Feinden gelingt es ihr letztendlich aber, den Papst zur Aufhebung der Exkommunizierung zu bewegen und als sie dann endlich auch ein Kind gebärt, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Doch schon bald beginnt der zweite Kreuzzug, dem sich das Königspaar nur zu gern anschließt – Ludwig XII. aus religiösen, Aliénor aus privaten Gründen. Die Reise ist lang und beschwerlich, zu allem Übel ist die hitzköpfige Aliénor durch ihr unüberlegtes Handeln daran Schuld, dass die Kreuzritter schwerste Verluste hinnehmen müssen. Doch sie beherrscht das Intrigenspiel weiterhin und wäscht ihre Hände in Unschuld, bis die Situation schließlich in einem großen Familien-Massaker eskaliert... Die Handlung fokussiert sich fast vollständig auf die Hauptfigur Aliénor, lediglich ihr Love Interest Ritter Vincent verfolgt nebenher einen eigenen, kurzen Handlungsstrang über die Wiederfindung seiner versklavten Tochter. Die anderen Nebencharaktere, zumeist historische Personen, sind lediglich Stichwortgeber für Aliénors Intrigenspiel und wechselhafte Launen. Wechselhaft ist dabei auch schon ein gutes Stichwort, denn mit wechselhaft (oder vielleicht besser noch inkonsistent) hat man den Charakter der eher antagonistischen Hauptfigur eigentlich schon sehr treffend beschrieben. Mal die kluge Intrigantin, mal die dumme, trotzige Hitzköpfin. Durchweg egoistisch, schafft sie es einfach zu keiner Zeit die Sympathien des Lesers für sich zu gewinnen, manchmal hat man gar den Eindruck sie denkt einfach nicht nach was die Konsequenzen ihrer Entscheidungen sind und reflektiert auch nicht aus vorherigen Fehlern – Auch wenn sie das immer mal wieder behauptet. Ebenfalls immer mal wieder behauptet sie auch ihre große Liebe zu Ritter Vincent, um sich dann aber fröhlich durch andere Betten (inklusive dem ihres Onkels) zu kämpfen... Man möge mich nicht falsch verstehen, ich bin ja ein großer Freund von Figuren, die nicht einfach ins gut/böse-Schema reinpassen sondern charakterliche Zwischentöne bieten. Aber Aliénor ist einfach nur eine verzogene Unsympathin ohne eine erkennbare Handlungsmotivation, welche über blanken Egoismus hinaus geht. Natürlich verstehe ich dabei, dass die patriarchalen Strukturen des Mittelalters sie dazu gemacht haben könnten – wovon man in diesem Band aber nichts merkt – aber das nützt mir als Leser halt nix wenn mir die Hauptfigur, um die sich die gesamte Handlung aufbaut, nicht einen einzigen Grund liefert, warum ich mit ihr mitfühlen sollte... Die Handlung ist wieder ein gutes Stichwort. Die plätschert einerseits geruhsam vor sich hin, von wichtigem Ereignis zu wichtigem Ereignis, andererseits wirkt das natürlich alles gerafft und mitunter bruchstückhaft, wenn rund fünf Jahre Geschichte auf 56 Seiten gequetscht werden. Im Gesamtverlauf will da einfach keine richtige Spannung aufkommen, lediglich manchen Einzelszenen gelingt dies kurzzeitig. Aber jetzt hab ich mal genug gemeckert :-P Definitiv loben muss man die Zeichnungen. Die sind sehr detailliert und atmosphärisch, mir persönlich hat es besonders Aliénors Mimik angetan, und auch die Kolorierung gefällt mir. Wie vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) nicht anders gewohnt, ist die Druckqualität des Hardcovers sehr gut. 14,80 € für 56 Seiten sind daher akzeptabel. Fazit: So richtig warm geworden bin ich leider nicht mit „Königliches Blut #5 Aliénor: Die schwarze Legende #3“ (Link) - Einerseits gefallen mir zwar die Zeichnungen, andererseits plätschert die Handlung vor sich hin und Aliénor ist halt einfach eine unsympathische, inkonsistente Antagonistin. Wer sich generell für diesen historischen Themenkomplex interessiert, wird sicher seine Freude haben, im Zweifelsfall hat der „Splitter Verlag“ aber noch eine ganze Reihe besserer historischer Comics, auch mit starken Frauencharakteren, im Portfolio (Tipp: „Auf die Barrikaden! #1“ (Link)).
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