Liebe Leser, ich muss Euch alle mal loben: Ihr habt einen richtig guten Geschmack was Comichefte angeht :-D Letztes Jahr gewann dank Eurer Abstimmung beim Blog-Leserpreis GOLDENER STEPHAN das tolle Comicheft "Auf den Spuren H.P. Lovecrafts" vor den ganz großen Namen und Verlagen der Szene - Und auch dieses Jahr hat sich dieser Trend fortgesetzt, denn mit "Austrian Superheroes" (kurz ASH) hat erneut ein Indie-Comicheft den ersten Platz belegt. Gratulation an die ASH-Macher, von denen ich mir gleich mal einen zum Interview geholt habe :-D Hallo Harald! Herzlichen Glückwunsch zum diesjährigen Blog-Leserpreis :-) Stell Dich doch bitte erstmal den Lesern vor.
"Hallo, mein Name ist Harald Havas, ich bin einer der Gründer und Miterfinder der „Austrian Superheroes“. Wenn ich nicht gerade Superheldengeschichten erfinde, schreibe ich Bücher, arbeite journalistisch, texte Kinder-Comics und einiges andere mehr."
Wie kamst Du zum Medium Comic und wie verlief Dein künstlerischer Weg bis zu den "Austrian Superheroes"?
"Nun, ich gehöre zu den Leuten, die einfach nie aufgehört haben sich mit Comics zu beschäftigen. Von meinem ersten Bussibär-Abo über diverse Disney Comics, Asterix, Lucky Luke und Superhelden bin ich einfach so lange an dem Medium dran geblieben, bis ich auch den Bereich der anspruchsvollen und künstlerischen Comics für mich entdeckt habe. Ich habe mich auch in meiner ganzen Karriere als Journalist sehr viel mit Comics beschäftigt, als Rezensent, Chefredakteur des ehemaligen Fachmagazins „COMIC FORUM“, als Fachbuchautor und Ausstellungsmacher sowie als Juror beim Max-und-Moritz-Preis und dem Preis des ICOM. Daneben habe ich auch immer wieder Comics getextet, an die 1000 Comicstrips und -seiten, und, eher selten, sogar selbst in Strichmännchenform Comics gezeichnet. Das Medium war also immer Teil meines Lebens als freiberuflicher Autor und Journalist."
Welche Künstler und Werke haben Dich dabei beeinflusst? Gibt es Vorbilder?
"Einige. Als Kind mochte ich neben Asterix besonders gerne die aus Italien stammenden Pepito-Comics. Dazu die Peanuts, frankobelgische Comics der Schule Marcinelle, also die Arbeiten von unter anderem Franquin und Peyo, dann MAD und Superheldencomics mit Schwerpunkt Marvel. Später kamen dann noch Klassiker wie „Corto Maltese“ und „Krazy Kat“ von George Herriman dazu, von dessen anarchistischer Serie ich sogar einige Jahrgänge übersetzt habe. Außerdem die epochale Serie „Cerebus“ von Dave Sim. Man erkennt eine leichte Tendenz Richtung anspruchsvoll und schräg ;-) "
Nun genug von Dir und zu den "Austrian Superheroes". Magst Du den Comic und die Helden bitte kurz vorstellen?
"ASH ist eine Superheldenserie, die in der Gegenwart in Österreich spielt. Wir haben aber von Anfang an einen Kosmos geschaffen, der einerseits weit in die Vergangenheit und andererseits auch weit über die Grenzen von Österreich hinausreicht. Unser erstes Heldenquartett besteht aus CAPTAIN AUSTRIA JUNIOR, LADY HEUMARKT, dem DONAUWEIBCHEN und dem BÜROKRAT. Aber bereits in den vier Heften der ersten Miniserie kommen bereits andere Helden aus der Vergangenheit und Gegenwart vor."
Wie wurden die Helden konzeptioniert? Wurden sie an bekannte Superhelden-Vorbilder angelehnt?
"Captain Austria ist optisch als klassische Superheld angelegt. Er hat ein Cape, eine Maske, schwache Superkräfte und einige Gadgets. Die Idee war, mindestens einen Charakter zu haben, der so aussieht, wie man sich einen Superhelden vorstellt, damit jeder sofort weiß, worum es in dieser Serie geht! Aber Cap hat auch im Privatleben als Kurt Kogler eine Vergangenheit und charakterliche Eigenschaften, die ihn zu einer vielseitigen Persönlichkeit machen. Generell haben wir niemanden von unseren Figuren direkt an ein bestehendes Vorbild angelehnt. Wir machen nur dasselbe, das andere Superhelden-Verlage ebenfalls machen: Wir haben Figuren aus Sagen, in unserem Fall das Donauweibchen, Menschen die eine Mutation erfahren haben, wie unsere superstarke Wrestlerin Lady Heumarkt, oder Personen, die etwas schräg und geheimnisvoll rüber kommen und eine bestimmte Eigenschaft repräsentieren. Wie eben der Bürokrat."
Eine ganz großartige Idee wie ich finde. Wie kam es zu dieser Idee und wie lang war der Weg bis zur Umsetzung?
"Die erste ursprüngliche Idee stammte von mir. Ich wollte schon immer etwas mit Superhelden machen, dachte aber zuerst eher an etwas Witziges. Erst mit der Zeit überlegte ich mir, dass es doch viel reizvoller wäre „ernsthafte“ Superhelden zu konzipieren. Also, ernsthaft im Sinne von Marvel und DC. In Zusammenarbeit mit den Zeichnern Leo Koller, Thomas Aigelsreiter, Andi Paar, Jörg Vogeltanz und einigen anderen entstand dann nach und nach die ASH-Welt und deren Bewohner. Konkret angegangen sind wir die Sache im Herbst 2014. Im Frühjahr 2016 ist dann nach einem überaus erfolgreichen Crowdfunding unser erstes Heft erschienen."
Für so ein Projekt braucht man ja viele Mitarbeiter: Wer arbeitet daran alles mit?
"Neben den oben genannten Künstlern gab es und gibt es noch eine ganze Reihe von Leuten die von wenigen Seiten bis zu ganzen Heften an dem Projekt mitgearbeitet haben. Michael Liberatore, Michel Wittmann, Frans Stummer und nicht zuletzt unsere Damenriege bestehend aus Lenny Großkopf, Lisa Heschel, und Verena Loisel. Dazu unser Verlags- und Vertriebschef Michael Hafner und unser Art Director und Druckbetreuer Patrick Kloepfer. Thomas Aigelsreiter macht uns auch den Creative Director. Wobei sich die Funktionen teilweise auch mischen und viele Leute einfach dort Hand anlegen, wo eine Hand gebraucht wird. Etwa beim Eintüten von Heften für den Abo-Versand!"
Meine Leser haben ASH den GOLDENEN STEPHAN verliehen. Auch ich war ja schwer begeistert, aber wie war das sonstige Feedback? Sowohl von den Lesern als auch von den Kritikern?
"Generell extrem und überraschend positiv! Negative Kritiken gibt es so gut wie gar keine und wenn, dann nur an einzelnen Aspekten. Wir haben eine ganze Reihe von Zuschriften, von Twitter-Posts bis zu klassischen Leserbriefen, in denen uns die Leser loben und anfeuern weiter zu machen. Auf Amazon haben unsere Hefte bisher über 20 Bewertungen bekommen und alle lauten auf 5 Sterne! Das ist alles wirklich sehr beeindruckend, denn oft hört man sonst von Leuten nur dann, wenn ihnen etwas überhaupt nicht gefällt. Aber scheinbar haben wir tatsächlich einen Nerv getroffen und viele Leuten mögen einfach, was wir hier tun."
So ich es richtig mitbekommen habe, war der erste Story-Zyklus auf vier Hefte angelegt. Nun wurde kürzlich mit einer Release-Party der vierte Teil veröffentlicht. Da stell ich mir als treuer Leser natürlich die Frage: Wie geht es weiter? Und, falls es weiter geht (was ich hoffe): Kannst Du schon ein wenig spoilern? ;-)
"Auf der letzten Seite von Heft 4 haben wir angekündigt, dass es auch 2017 weitergehen wird! Und zwar mit einer ongoing Serie alle zwei Monate. Mehr ist von der Kapazität nicht drin und eigentlich ist das schon gewagt und halsbrecherisch. Abos kann man bereits auf unserer Website (Link) abschließen und wer jetzt noch einsteigen mag, kann entweder unsere 4 Hefte nachbestellen oder sich das Trade Paperback der Miniserie holen, dass wir in Zusammenarbeit mit dem deutschen Verlag "Cross Cult" (Link) herausgegeben haben."
In der ASH-Welt gibt es ja noch andere Helden, welche oft am Rande erwähnt wurden. Ich erinnere mich da an das Münchner Kindl :-) Gibt es Pläne, eventuell Spinoffs zu veröffentlichen ("German Superheroes" - das wär doch mal ne Idee!) oder aber diese Charaktere in Zukunft mehr einzubinden?
"Allerdings. Diese Erwähnungen waren mehr als Gags. Uns ist das ASHiversum über die österreichische und Wiener Ecke hinaus schon recht klar. Sowohl Helden aus anderen Teilen Österreichs als auch aus den umliegenden Ländern werden sicher in der Serie auftauchen! Und was Spin Offs betrifft… Nun ich würde mal sagen, haltet einfach 2017 die Augen offen ; )"
Wird es weitere ASH-Produkte in dieser Welt geben? Gerade erst las ich ja auf Facebook, dass beispielsweise ein ASH-Rollenspiel ein nahe liegender Schritt wäre.
"Wäre es sicher. Aber unseren Kapazitäten, selbst etwas zu produzieren, sind deutlich Grenzen gesetzt. Wir haben jetzt mal Gratis-Sticker produziert, ein Poster und T-Shirts (Link). Alles was darüber hinausgeht, von Rollenspiel über Computerspiele, Actionfiguren bis zum Blockbuster Film, müsste von außen an uns herangetragen werden :-) "
Jetzt schweifen wir ein wenig vom Thema ab: Hast Du für andere Jungautoren, die einen eigenen Comic veröffentlichen wollen, irgendwelche Tipps & Tricks?
"Was das Zeichnen betrifft: Üben, üben, üben. Und vielleicht mal einen Kurs belegen, nicht unbedingt in Comiczeichnen, sondern überhaupt. Egal ob Aktzeichnen oder etwas anderes, alles hilft. Was Autoren betrifft: Sich ein bisschen zum Thema Storytelling schlau zu machen, sei es über Bücher, Websites oder Workshops wäre sicher nicht verkehrt. Was das Publizieren betrifft, erste Werke kann man mal online publizieren. Entweder als Blog oder bei mycomics.de (Link) oder bei einer Website für Künstler. Ein Webcomic ist sicher kein schlechter Einstieg, weil man sich da die Druckkosten spart. Ansonsten sollte man sich bei den vielen, vielen deutschsprachigen Comicmagazinen und Verlagen bewerben, die es glücklicherweise mittlerweile auch schon in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt. Aber um nicht ständig abzublitzen oder frustriert zu werden, weil man keine Antworten bekommt, sollte man sich die Magazine und Verlage vielleicht vorher mal ein ansehen. Nicht jeder Verlag ist für alle Zeichnungen, Zeichenstile und Storys offen. Mit einem Manga würde ich mich etwa nicht an einen Graphic Novel-Verlag wenden, um nur ein Beispiel zu nennen. Vom selbst Drucken eigener Werke würde ich zumindest am Anfang abraten. Außer zu Werbezwecken oder wenn man sicher sicher ist, einige Käufer zu finden. Auch den Besuch der immer häufigeren Comicmessen und das Sprechen mit Verlagen und Profis vor Ort ist sicher hilfreich."
Gibt es noch etwas, das Du selbst hinzufügen möchtest?
"Ja. Gebt ASH eine Chance! Auch wenn die Idee von europäischen Superhelden-Comics, noch dazu aus Österreich, seltsam klingen mag, versucht es einfach mal. Auf mycomics.de (Link) gibt es Leseproben zu all unseren Heften und eine Nummer kostet im Handel 4,90 €. Da kann man also nicht unbedingt viel falsch machen. Und viele Skeptiker, gerade aus Deutschland, wurden inzwischen zu unseren glühendsten Fans!"
Ha! Jetzt fühle ich mich angesprochen ;-) Ich danke Dir herzlich für das Interview und verweise auch gerne noch auf die ASH-Webseite (Link) sowie all die Social-Media-Plattformen Twitter (Link), Youtube (Link) und natürlich Facebook (Link).
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