Das zum kostenlosen Download (Link) und als Print-on-Demand (Link) erschienene Japano-Spielbuch "Der Weg der Wachtel" vom - damals noch jugendlichen - Nachwuchsautor Simon Wiese gehört für mich zu den größten Überraschungen des Jahres, da es sich qualitativ und quantitativ problemlos mit den großen Namen der Szene messen kann. Maßgeblich dazu beigetragen haben auch die Illustrationen von David Staege. Gerade jetzt, wo "Der Weg der Wachtel" beim Leserpreis (Link) gegen eine ganze Reihe professioneller Konkurrenten antritt, ist es mir natürlich ein Vergnügen den Beiden die Gelegenheit zu geben, ihr Werk in einem Interview vorzustellen :-) Hallo David! Hallo Simon! Stellt Euch doch bitte mal den Lesern vor.
David: "Ich heiße David Staege, bin 36 Jahre alt und wohne mit meiner Frau Lea in Marburg an der Lahn, wo ich als Bauzeichner in einem Ingenieurbüro arbeite. In meiner Freizeit beschäftige ich mich mit traditionellen Zeichen- und Maltechniken, wie sie in "Der Weg der Wachtel" zum Einsatz kamen. Eine Auswahl meiner Arbeiten gibt es auf meinem Deviantart (Link)-Account (ich schaffe es einfach nicht, mir endlich einen eigenen Internetauftritt zusammen zu basteln...). Gute Musik, Fantasy-/SF-Romane, Comics sorgen für Entspannung und seit 2011 betreibe ich zum körperlichen und geistigen Ausgleich Karate. PC-Spiele sind eigentlich auch ein Interessengebiet, aber das hat die letzten Jahre leider stark nachgelassen. Zeichnen war da einfach wichtiger und dann kam natürlich noch „die Wachtel“ ;-) Und natürlich Spielbücher. Ich sammel und spiele am liebsten die englischen Originalausgaben von "Fighting Fantasy" (Greenspines, wenn euch das etwas sagt)." Simon: "Ich bin zur Zeit noch Student, 24 Jahre alt und wohne mittlerweile im schönen Heidelberg. Neben meinem Studium (mit dem Schwerpunkt Kirchengeschichte), beschäftige ich mich mit Kraftsport (KDK), Brettspielen und verschiedenartiger Literatur. Zeichnen tue ich übrigens auch sehr gerne – wenngleich natürlich nicht auf dem Niveau von David.
Wie kamt Ihr beide zum Hobby und wie fandet Ihr zusammen?
David: "Ich habe Spielbücher im Alter von 12 Jahren kennen gelernt. Unsere örtliche Stadtbibliothek hatte eine gut sortierte Auswahl an Bänden aus den "Fantasy-Abenteuer-Spielbuch"-, "Einsamer Wolf"- und "Silberstern"-Reihen, die ich alle nacheinander verschlang. Das ging dann auch nahtlos in die Beschäftigung mit „richtigen“ Rollenspielen über. Aber die Liebe zu Spielbüchern blieb bis heute hin bestehen, und das Genre ist ja mittlerweile wieder richtig lebendig. Als Simon 2012 zum Studieren nach Marburg zog, haben wir uns dort in einem Spielcafé kennen gelernt, wo wir uns zu regelmäßigen Brettspielrunden von "Talisman" trafen. Irgendwann kamen mal Spielbücher zur Sprache, und Simon weihte mich in seine Projekte ein. Als er den Entschluss fasste, "Der Weg der Wachtel" zu digitalisieren und zu überarbeiten, fragte er, ob ich Lust hätte mich daran grafisch zu beteiligen. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen." Simon: "Wenn ich an meinen Einstieg in die Welt der phantastischen Brett- und Rollenspiele denke, kommt mir als erstes das Kultbrettspiel "Talisman" in den Sinn, das wir als Jugendliche sehr leidenschaftlich und oft spielten. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Denn schon einige Zeit davor – ich muss ungefähr 12 Jahre alt gewesen sein – lernte ich bereits das Spielbuchgenre kennen und zwar über zwei Bücher, die ich in unserer Schulbücherei gefunden hatte. Das war zum einen "Der Hexenmeister vom flammenden Berg", zum anderen "Sagaland: Stadt aus Gold". Die Idee, die detaillierten und atmosphärischen Beschreibungen, die das Medium Buch ermöglicht, mit den Mechaniken eines Spieles zu verbinden und somit ein interaktives Soloabenteuer mit hohem Wiederspielbarkeitswert zu schaffen, faszinierte mich sehr. Da ich damals noch nicht wusste, wo man die alten Spielbücher antiquarisch erwerben konnte, dauerte es jedoch noch eine Zeit, bis ich anfing, eine eigene Sammlung anzulegen. Wie es dann später zu Beginn meines Studiums zu unserer Begegnung in Marburg kam, hat David ja bereits erläutert..."
Simon, diese Frage ist speziell an Dich: Weil ich ihn wirklich spannend finde, erzähl den Lesern doch bitte mal Deinen bisherigen Werdegang als Spielbuchautor :-)
Simon: "Auf welchem Weg ich das Spielbuchgenre entdeckte, hatte ich ja bereits eben kurz angedeutet. Von da aus war es dann nur noch ein sehr kleiner Schritt, selber schriftstellerisch tätig zu werden. Noch bevor ich die Spielbücher, die ich in der Bücherei entdeckt hatte, selber durchgespielt hatte, war mein erstes eigenes Spielbuch bereits fertiggestellt. Wobei es vielleicht etwas übertrieben ist, hier von einem 'Buch' zu reden, hat es mit seinen 70 Stationen doch eher den Umfang einer Kurzgeschichte. Das Büchlein trug den (zugegebenermaßen recht obskuren) Namen "Der Angriff der Schneeputen", die Handlung war noch recht linear. Über Regeln hatte ich mir damals scheinbar nicht allzu viele Gedanken gemacht. Jedenfalls ergeben die paar Hinweise, die sich in der handschriftlichen Originalversion des Heftchens finden, in spielmechanischer Hinsicht wenig Sinn – als ich die Geschichte dann Jahre später digitalisierte, musste ich ein komplett neues Regelsystem schaffen. Bei meinem zweiten Werk, das etwas mehr als doppelt so umfangreich war und den Titel "Kröti 2: Die Nacht der Wachtel" trug, sah die Sache schon anders aus: Das beigefügte Regelsystem funktionierte nun auch tatsächlich und die Handlung war weitaus weniger linear. Viele Dinge, die später auch in "Der Weg der Wachtel" Eingang gefunden haben, finden sich bereits hier: Mehrere Städte, zwischen denen der Spieler frei reisen kann, Zufallsbegegnungen und Klassen, denen er sich im Spielverlauf anschließen kann. Dass die Regeln diesmal besser funktionierten, war wohl dem Umstand geschuldet, dass ich nun selber durch Brett- und PC-Spiele (v.a. "Gothic") bereits mehr Erfahrung gesammelt hatte, wie ein stimmiges Regelsystem aussehen sollte. Rückblickend kann man sagen, dass ich hier bereits einige Ideen ausprobierte, die ich dann in "Der Weg der Wachtel" umsetzte. Vielleicht war es auch diese zu große Ähnlichkeit zu meinem 'Hauptwerk', die mich davon abhielt, dieses Büchlein später zu digitalisieren und so einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Wie schon beim ersten Werk beschränkte sich die Leserschaft auf die Mitschüler meiner damaligen Jahrgangsstufe. Unter diesen konnte es jedoch einiges an Aufmerksamkeit erregen und wurde über Fotokopien sogar auch über meinen Freundeskreis hinaus verbreitet. Diese unverhoffte Resonanz ermutigte mich dann dazu, einen Schritt weiter zu gehen, und mit 13 Jahren mein drittes und bis dato größtes Projekt zu beginnen: "Den Weg der Wachtel"..."
Und David, wie kamst Du zum Zeichnen?
"Ich hatte schon als Kind sehr gerne gekritzelt. Bei meinen Eltern liegt noch eine große Kiste mit meinen frühen (schon recht detaillierten) Schmierereien auf dem Dachboden. Später war ich für viele Jahre einmal die Woche in einem örtlichen Kunstverein, wo man mir klassische Mal- und Zeichentechniken beibrachte. Im Teenager- und jungem Erwachsenendasein ist mein Interesse am Zeichnen leider erlahmt und verkümmert. Ungefähr ab 2002 befasste ich mich erneut mit Zeichnen und brachte es mir (wieder) schrittweise langsam selbst bei. Was das Zeichnen angeht, hatten Spielbücher natürlich auch einen großen Einfluss auf mich. Die "Fighting Fantasy"-Reihe (dt. "Fantasy-Abenteuer-Spielbücher) war seinerzeit eine Plattform für viele erstklassige Fantasy-Künstler und machte grafisch richtig was her. Meine Vorbilder waren und sind (ohne dass ich ihr Niveau erreiche) Iain McCaig, Martin McKenna, Tony Hough, John Blanche und Alan Langford. Vor allem aber Gary Chalk (von der "Einsamer Wolf"-Serie). Simon und ich sind große Gary Chalk-Fans. Als Arbeitsmaterial benutze ich am liebsten Tuschezeichner, Aquarellfarben und gutes Papier. Für "Der Weg der Wachtel" kamen antike Isographen, geschenkt von meinem Schwiegervater, und die magnetische Zeichenplatte (wo findet man so etwas noch heutzutage?) von meinem Opa zum Einsatz. Vielen Dank an euch beide!"
Mögt Ihr den Lesern bitte einen kurzen Überblick über "Den Weg der Wachtel" geben?
Simon: "Die Welt, in die der Spieler in "Der Weg der Wachtel" taucht, ist kein klassisches Fantasy-Szenario, sondern lehnt sich lose an das alte Japan zur Blütezeit der Samurai an. Anders als das historische Japan wird dieses "Alternativjapan" allerdings von anthropomorphen Wachteln besiedelt, die in puncto Technologie und Kultur den Menschen der damaligen Zeit jedoch ein wenig nachstehen. Der Spieler schlüpft in die Rolle einer solchen Wachtel, die aufgrund einfallender Barbarenhorden von ihrem Heimatland China aus nach Japan übersiedeln wollte, auf offener See aber von Piraten überrascht und ausgeraubt wird. Doch unser Wachtelheld hat Glück: Er strandet an der Küste Japans und hat nun die Chance, im Land der aufgehenden Sonne ein neues Leben zu beginnen. Der Spieler kann die umfangreiche Spielwelt frei erkunden, zwischen den vier großen Städten hin und her reisen, kämpfen, Handel treiben, Quests erfüllen, Berufe erlernen, auf die Jagd gehen und vieles mehr. Durch das Erkunden der Spielwelt wird er – sofern es ihm gelingt, den zahlreich vorhandenen Gefahren zu trotzen – mit der Zeit immer stärker werden, bis es ihm offen steht, eine Laufbahn bei einer von drei Fraktionen (Klassen) einzuschlagen: Er hat die Wahl Samurai, Ninja oder Mönch zu werden. Während er bei der Fraktion seiner Wahl die Karriereleiter hinaufzusteigen beginnt, erfährt er immer mehr über eine sich langsam zusammenbrauende Bedrohung, die ihn zu einer letzten großen Queste in den unwirtlichen Norden des Landes aufbrechen lässt..."
Was hat Dich zu diesem doch recht speziellen Setting inspiriert? Und gab es alternative Setting-Ideen? Vielleicht mit anderen Tieren oder in einem anderen Land?
Simon: "Dass das Buch im alten Japan spielen sollte, war glaube ich eine der ersten Ideen, die mir bei der Planung in den Sinn kamen. Nachdem die ersten beiden Werke eher ein traditionelles Fantasysetting hatten, sollte die Spielwelt diesmal einen exotischeren Charakter haben. Die Samurai und Ninja übten auf mich als Jugendlichen – was sicher an und für sich nicht ungewöhnlich ist – eine große Faszination aus. Ein wirklich tiefgründiges Wissen darüber besaß ich damals aber auch nicht. Um die Sache mit den Wachteln angemessen zu erklären, müsste ich wohl etwas weiter ausholen, ich versuche mich so kurz zu fassen wie möglich: Tiergeschichten waren für mich überhaupt nichts Ungewöhnliches, ich war mit allerlei Fabelerzählungen und den "Redwall"-Büchern aufgewachsen. Ich liebte es, mir irgendwelche Wesen auszudenken und diese dann mit menschlichen Rollen zu versehen. Warum nun aber gerade Wachteln? Sie waren damals meine Lieblingstiere, außerdem passen sie auch in 'zoologischer Hinsicht' sehr gut in das japanische Szenario. Und nicht zuletzt ergibt der Titel des Buches (der übrigens an den "Weg des Kriegers", also den Ehrenkodex der Samurai angelehnt ist) eine schöne Alliteration."
Und erzählt bitte was zur Spielmechanik und den Regeln. Warum sind sie genau so, wie sie sind?
Simon: "Der Grundstock der Regeln (also das Nah- und Fernkampfsystem sowie die Fähigkeiten) hatte in ähnlicher Form auch schon in dem Vorgängerbuch Verwendung gefunden. In der handschriftlichen Ur-Version von "Der Weg der Wachtel" ist der Regelteil fast vollständig von "Kröti" übernommen, neu waren nur die Wurfwaffen (weil diese gut zu Japan passten) sowie die Tatsache, dass auch Nahkampfwaffen nun einen Verteidigungswert haben. Die restlichen Regeln (Magie, Tränke, weitere Fähigkeiten) kamen erst während des Schreibens nach und nach hinzu. Diese sind also (zumindest in der Form wie sie jetzt sind) Erweiterungen. Es gab aber auch ein paar Regeln, die ganz weggefallen sind: In der Ur-Version durfte man sich anfangs einen von drei Berufen aussuchen, die dann über Startinventar und -fähigkeiten entschieden. Dies ist weggefallen, da es nicht so recht dazu passt, dass man das Spiel ja als Schiffsbrüchiger beginnt und es mir außerdem in Konkurrenz zum Klassensystem zu stehen schien. Eine andere Regel, die ich als zu umständlich empfunden hatte, war, dass es ursprünglich verschiedene Arten von Fernkampfversuchen gab, ohne dass dies irgendeinen signifikanten spielerischen Mehrwert gehabt hätte. Auch das Balancing war ein großes Problem. Die "Spieleranstiegskurve" war ursprünglich viel zu steil. Man konnte an jeder Ecke eine bessere Waffe oder Rüstung erwerben. Das machte das Spiel noch ausrüstungslastiger, als es ohnehin schon war und führte dazu, dass ich als Autor nie so recht abschätzen konnte, welche Gegner ich dem Spieler an welcher Stelle zumuten kann. Dieses Problem habe ich dann dadurch gelöst, dass ich die Anzahl an verfügbaren Items am Ende um etwa 60% reduziert habe..."
Und kam zuerst die Geschichte, die Hintergrundwelt oder doch zuerst die Spielmechanik?
Simon: "Zum Setting und zu den Regeln habe ich ja eben bereits etwas erzählt, deswegen werde ich nun noch ein wenig über die Handlung reden. Diese entwickelte sich tatsächlich erst beim Schreiben. Natürlich hatte ich ein paar grobe Vorstellungen, was passieren soll: Dass man etwa eine von drei Karrieren einschlagen können sollte, war von Anfang an geplant gewesen. Auch dass die Auseinandersetzung mit den Ezos eine wichtige Rolle spielen würde, stand bereits sehr früh fest. Wie die Aufgaben und einzelnen Handlungsstränge dann aber konkret aussehen, kristallisierte sich erst nach und nach während des Schreibens heraus..."
Ein, wie ich finde, großes Lob verdient die, für ein Solo-Spielbuch, sehr offene Spielwelt in der ersten Hälfte des Buches. War dieser Teil für Dich als Autor schwerer zu schreiben als die Story-lastige, lineare zweite Hälfte? Und wie hast Du es geschafft Dich dabei nicht zu verzetteln?
Simon: "Danke erst einmal! Wenn ich mich recht entsinne, habe ich es damals nicht als schwieriger empfunden, den ersten, freieren Teil des Buches zu schreiben. Das wundert mich im Rückblick selbst ein wenig, weil ich wie gesagt recht wenig im Vorfeld geplant hatte. Allein die Idee mit den 4 frei zu bereisenden Städten war schon von Anfang an vorhanden. Ich habe die Stationen immer in der Reihenfolge geschrieben, in der sie auch im Buch erscheinen. Wenn ich bei einer neuen Nummer angelangt war, blätterte ich immer zurück um zu schauen, von wo aus auf diese neue Station verwiesen wird, um sie dann mit Inhalt füllen zu können. Das hätte man mit einer Liste sicher effektiver lösen können, aber es hat irgendwie auch so funktioniert: Einen Verlinkungsfehler gab es in der handschriftlichen Version nämlich nie! Was sich dann natürlich im Endeffekt doch als etwas knifflig herausstellte, war das Balancing in diesem ersten Teil des Buches, das zum Großteil erst in der finalen Bearbeitungsphase erfolgte. Bei den linearer verlaufenden Quests weiß ich als Autor ja ungefähr, auf welchem Stand die Heldenwachtel zum jeweiligen Zeitpunkt sein sollte und kann das bei der Wahl der Gegner und Herausforderungen berücksichtigen. In dem freien Teil der Spielwelt kann ich dies nicht ohne weiteres wissen, deswegen erforderte insbesondere das Zusammenstellen der Zufallsbegegnungen ein wenig Feingefühl. Auch das Festlegen der Kauf- und Verkaufspreise der Gegenstände ist ein Faktor, den es hier beim Balancing zu beachten gab. Es ist durchaus so gedacht, dass man Güter, die man an nur einem Ort erwerben kann (z.B. das Eisen in Hejo) an anderen Orten teurer verkaufen kann und zwar je teurer, desto weiter vom Herkunftsort entfernt. Die so zustande kommenden Preisspannen wurden während des Bearbeitungsprozesses immer wieder neu angepasst und optimiert." David: "Hier möchte ich gern auf die Open-Source-Software "TWINE" (Link) verweisen, mit dieser haben wir fehlende und falsche Verknüpfungen aufspüren können.
Ein weiteres Lob haben die Illustrationen verdient. David, führe den Leser doch bitte mal in den Schaffensprozess ein :-)
David: "Wir hatten uns die Arbeit zunächst aufgeteilt. Ich sollte das Titelbild und die Heldenbögen zeichnen, während Simon sich um die Innenillustrationen kümmern wollte. Simon hatte zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Zeichnungen fertiggestellt und so versuchte ich bei dem Titelbild, mich an seinen Stil anzupassen, so dass unsere Arbeiten miteinander besser harmonieren würden. Die Arbeit an dem Titelbild war in viele kleinteilige Schritte aufgeteilt: Es wurde erst die Landschaft, dann die Vegetation, die Gebäude und letztendlich die Wachtel mit dem Fetzenspringer gezeichnet. Alle einzelnen Elemente wurden gescannt und am Rechner mit GIMP zusammengefügt, grob koloriert und nach Simon`s Wünschen angepasst. Die fertige digitale „Endfassung“ wurde dann als Vorlage für die Tusche- und Aquarellzeichnung verwendet, wie ihr sie auf dem Cover seht. Ich wollte auf alle Fälle ein Cover in traditioneller Technik haben. Doch Korrekturen sind da nur schwer möglich, deswegen war die Vorbereitung am Rechner für mich dringend notwendig. Wer sich für den Entstehungsprozess des Titelbildes genauer interessiert, dem empfehle ich folgende Dokumentation (Link). Nachdem die erste Auflage von "Der Weg der Wachtel" im Umlauf war, fielen uns noch einige Korrekturen und Verbesserungen ein. Ich schuf in diesem Zusammenhang ein paar zusätzliche Tuschezeichnungen. Da kam mir die Idee, dass es eigentlich ganz schick aussähe, wenn Simon's Illustrationen auch in Tusche gezeichnet wären, so dass unser Buch einen einheitlichen Look hätte. Also machte ich mich daran, Simon's Bleistiftzeichnungen großzuziehen und in Tusche nachzufahren. Dabei musste ich Simon's Zeichnungen manchmal behutsam korrigieren und an einigen Stellen ein wenig erweitern. Wichtig war mir aber, dass sie ihren ursprünglichen Charakter behalten sollten. Das Tuschen kam auch dem Druck sehr zu gute. Die Bleistiftzeichnungen waren doch sehr verwaschen, doch nun ist alles sehr scharf. Wer die beiden Versionen der Innenillustrationen vergleichen will, dem empfehle ich folgende kommentierte Gegenüberstellung (Link) im PDF-Format. Bei meiner Arbeitsweise nehmen Recherchen die meiste Zeit in Anspruch. Meinen Stil kann man kaum als realistisch bezeichnen, aber ich habe trotzdem den Anspruch ein gewisses Maß an "Glaubwürdigkeit" zu vermitteln. Und so werden dann Bücher und Internetseiten nach Informationen und Bildmaterial durchkämmt: was für Rüstungen und Waffen gab es damals, wie werden sie getragen (muss natürlich auf die Wachtelanatomie angepasst werden), wie ist die Vegetation in Japan usw. ... Aber rein technischen Fragen müssen geklärt werden: wie zeichne/male ich einen Wasserfall, wie funktioniert die Luftperspektive etc. ... Ich bin leider kein Profi. Es fühlt sich so an, als würde ich ein Buch schreiben und würde im Prozess Lesen und Schreiben lernen. Sind die Vorbereitungen abgeschlossen und eine Vorzeichnung erstellt, geht die Arbeit an der Reinzeichnung recht zügig voran. Ich muss einfach genau wissen, was ich zu tun habe."
Durch die offene Spielwelt und auch dank des vielen Materials (z.B. Ausrüstung) kann ich mir "Der Weg der Wachtel" sehr gut als "richtiges" Rollenspiel vorstellen. Habt Ihr Pläne in diese Richtung?
Simon: "Haha, ich glaube darüber haben wir noch nie nachgedacht. Ich glaube aber, dass das Regelsystem, auch wenn es für ein Spielbuch vermutlich tatsächlich recht komplex sein mag, für ein Pen & Paper System doch nicht umfassend genug ist. Aber vielleicht sind das auch nur meine persönlichen Ansprüche an ein "richtiges" Rollenspiel... Sehr wohl könnte man natürlich die Spielwelt von "Der Weg der Wachtel" einer Rollenspielkampagne für ein anderes System zugrunde legen – das erscheint mir sogar als recht reizvolle Idee..."
Es ist kein Geheimnis, denn jeder kann es in meiner Rezension (Link) nachlesen :-P Ich fand Euer Solo-Spielbuch wirklich großartig. Wie war das sonstige Feedback von Spielern und Kritikern?
Simon: "Ich bin sehr zufrieden. Es ist ja bislang mein erstes Werk, das einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurde und da war man natürlich schon ein wenig aufgeregt, gerade auch weil man selber ja nun schon sehr viel Zeit darein gesteckt hat. Aber bis jetzt waren die Rückmeldungen durchweg positiv und wenn es einzelne Kritikpunkte gab, dann waren diese stets konstruktiv und nie vernichtend. Dafür bin ich natürlich allen Lesern und Rezensenten sehr dankbar!"
Ist schon ein neues Projekt in Planung? Vielleicht ein zweiter Teil? Und wenn ja, habt Ihr für meine Leser exklusive Spoiler? ;-)
David: "Ich hätte Lust ein eigenes Spielbuch zu schreiben (natürlich mit Simons Hilfe), das in gewisser Weise an "Der Weg der Wachtel" anknüpft. Es hätte als Thema eine Reise von Europa nach Japan (wo man auch die Heldenwachtel antreffen kann) und wieder zurück. Vom Genre her wäre es wieder Tier-Fantasy, aber nicht mehr nur auf Wachteln beschränkt. Ich denke aber, ich werde erst einmal Simon bei seinem Brettspiel-Projekt unterstützen (das wäre auch für mich etwas Neues). Simon ist mein Boss ;) " Simon: "David hat es ja bereits angedeutet: In letzter Zeit hatte ich eher über die Entwicklung eines Brettspieles nachgedacht, das mit "Dem Weg der Wachtel" aber nichts direkt zu tun haben soll. Das Problem bei einem Brettspiel ist natürlich, dass man es nicht so einfach verbreiten kann wie ein Buch. Ein weiteres Problem ist eher praktischer Natur: Bei mir geht das Studium dem Ende zu und das Examen naht, da halte ich mich – so schwer es mir fällt – mit Ankündigungen wohl lieber erst mal ein wenig zurück..."
Na da bin ich gespannt :-) Die letzte Frage: Habt Ihr für andere Nachwuchs-Autoren und -Zeichner ein paar Tipps?
Die letzte Frage: Habt Ihr für andere Nachwuchs-Autoren und -Zeichner ein paar Tipps? Simon: "Auch wenn heutzutage vermutlich sowieso niemand mehr auf die Idee käme: Macht nicht den gleichen Fehler wie ich und schreibt erst alles handschriftlich – das Abtippen und Korrigieren war wirklich viel Arbeit. Außerdem kann ich nach meinen Erfahrungen nur empfehlen, sich von Anfang an mehr Gedanken über die Regeln zu machen, als ich es getan hatte. Das Regelsystem in "Der Weg der Wachtel" tut zwar vollkommen seinen Dienst und ist in sich geschlossen. Wenn ich das Buch aber noch einmal schreiben würde, würde ich trotzdem ein paar Dinge anders angehen, etwa ein Attributsystem integrieren, um die Kämpfe weniger ausrüstungslastig zu machen und zudem die Möglichkeit zu geben, auf diese Attribute auch Proben abzulegen. So eine grundlegende Änderung lässt sich aber nicht mehr in zufriedenstellendem Maße in ein fertiges Buch integrieren. Und dann noch ein Ratschlag: Gebt euer Projekt nicht auf! Ich habe als Dreizehnjähriger mit "Der Weg der Wachtel" begonnen und daran gearbeitet, bis ich 16 war. Dann kamen Zweifel auf, ob es sich überhaupt lohnt, weiter an dem Buch zu arbeiten. Mir kam es in dieser Lebensphase auf einmal kindisch vor und ich verlor die Lust daran – und das, obwohl es ja fast schon fertig war! Natürlich war mir auch bewusst, dass das Buch noch einer massiven Überarbeitung bedurfte, wenn ich es je veröffentlichen würde. Das schreckte mich damals so ab, dass die 4 Notizbücher, in die ich es geschrieben hatte, für viele Jahre in meinem Regal verstaubten. Wie froh bin ich nun, dass ich mich dann doch noch einmal dazu aufraffen konnte, alles zu digitalisieren, durchzusehen und zu überarbeiten. Ich denke, diese Arbeit hat sich gelohnt – deswegen kann ich nur jedem angehenden Autor raten, seine Projekte nie fallen zu lassen, auch wenn es immer mal wieder lange Durststrecken geben kann." David: "Der Umfang und Aufwand eines Projektes darf einen nicht einschüchtern, auch wenn es unmöglich erscheint. Ich hatte häufig erbärmlich wenig Zeit für "Der Weg der Wachtel", oft nur eine halbe Stunde am Tag. Da wurde ich gerade erst warm, und musste schon aufhören. Aber Stein für Stein ergibt irgendwann mal ein Haus, und Strich für Strich eine fertige Zeichnung. Wichtig finde ich auch eine Ehrlichkeit gegenüber den eigenen Fähigkeiten. Man sollte natürlich versuchen das Beste aus seiner Arbeit herauszuholen, aber es gibt immer etwas was man noch nicht kann, und dazu sollte man auch stehen. Jeder sollte den Punkt erkennen, an dem er seine Arbeit abschließen sollte, weil die eigenen Grenzen erreicht sind. Sonst wird nur endlos herum gedoktort, ohne dass das Ergebnis besser wird. Wenn man weiß, was man besser machen könnte, sollte man sich das für das nächste Projekt aufsparen. Denn besser werden wir alle durch stetige Übung."
Ich danke Euch herzlich für das Interview und das Bildmaterial. Außerdem drücke ich euch die Daumen für die Leserpreis-Abstimmung (Link) und verweise gern nochmal auf die "Der Weg der Wachtel"-Homepage (Link).
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